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Meleons magische Schokoladen

Meleons magische Schokoladen

Titel: Meleons magische Schokoladen
Autoren: Ann-Merit Blum
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sich von der Tischplatte gleiten. Rochas stützte sie, doch sie schob seine Hand fort und ging nach vorne, wo sie mit immer noch weichen Knien und zittrig von all dem Weinen, nach der Schachtel mit der Weihnachtspraline zu suchen begann.
    Sie fand sie dann genau dort, wo sie sein sollte, direkt im Fach unter der Kasse: eine dunkelbraune, schlichte Verpackung, die nur einer Praline Platz bot, umwunden von safrangelbem Satinband und mit dem goldenen Schriftzug Balthasar .
    Mit bebenden Fingern löste sie das Band und hob den Deckel ab. Die Praline war auf Satin gebettet und mit einem zarten, durchsichtigen Papier bedeckt, das goldene Buchstaben trug. Sie hielt es gegen das Licht und konnte den Text so entziffern, wenn auch nicht verstehen.
    Meleonda gâ nirsha ni asegâr
    „Lord Rochas!“
    Er kam sofort zu ihr gestürmt, als sei ein neuer Angriff zu befürchten.
    „Könnt Ihr mir sagen, was hier steht?“
    Rochas hielt das feine Papier Richtung Ladentür.
    „ Meleons Macht gibt den Wesen Zungen “, sagte er und schien selbst von dieser Botschaft verwirrt. „Es ist ein Zauberspruch, nehme ich an. Asegâr ist ein sehr altes, heute eigentlich ungebräuchliches Wort, das auch so viel wie die Lebendigen oder die Wahrhaften heißen kann.“
    Isabell nahm die Praline heraus, die zart nach sehr dunkler Schokolade und Honig duftete.
    „Dann werden wir nun herausfinden, was es bedeutet!“
    Der Geschmack war im ersten Augenblick unerwartet herb, fast erdig, dann seidig und schmeichelnd. Und danach geschah… nichts.
    „Nun, sie war wahrlich festlich“, sagte Isabell enttäuscht. „Und ich weiß eigentlich nicht, was ich erwartet habe. Vielleicht…“
    „Irgendetwas, das uns Meleon zurückgibt? Oder wenigstens seine Stimme?“, fragte Rochas mitfühlend. „Ich fürchte, das wird nicht geschehen.“
    Isabell nickte widerstrebend. Sie sah an den Regalen entlang.
    Ihr Schokoladengeschäft. Ihre Verantwortung, so wie Meleon es oft angedeutet hatte, als hätte er das alles vorhergesehen.
    Sie kehrte in die Küche zurück und befahl Phineas schroff, sich endlich hinzusetzen, statt an der Küchentür herumzustehen. Er gehorchte sofort, als habe er nur auf eine Aufforderung gewartet. Sie bemerkte jetzt erst, wie wacklig er auf den Beinen war. Rochas ging zu ihm, betrachtete die Wunde an der Schläfe und sagte: „Dein Wort als Ehrenmann, Phineas! Du wirst dich den Anweisungen der Dame Isabell fügen, nichts zu ihrem Schaden tun und nichts zum Schaden jener, die ihr anvertraut sind? Dann sage es, und ich nehme dir die Fesseln ab. Oder weigere dich und du wirst feststellen, dass ich kein 80 Meter tiefes Verließ benötige, um jemanden dauerhaft festzusetzen!“
    Phineas klang kleinlaut, als er sagte: „Du hast mein Wort.“
    Rochas nahm ein Küchenmesser aus der Schublade, durchschnitt die Fesseln und Phineas nahm sich erst einmal eins der Küchentücher, um es gegen seine immer noch blutende Wunde zu pressen.
    „Trotzdem trau ich ihm nicht“, sagte Niklas.
    Isabell wollte nicken, dann ging ihr auf, dass Niklas plötzlich verständlich sprach.
    Sie sah zu Rochas, der keineswegs irritiert wirkte, sondern damit beschäftigt war, aus einem Küchentuch einen Verband für Phineas zu improvisieren.
    „Habt Ihr auch verstanden, was Niklas gesagt hat?“
    „Gesagt?“, fragte Rochas. „Ich habe ihn zwitschern hören.“
    „Niklas“, befahl Isabell. „Sag noch etwas zu mir!“
    Niklas legte den Kopf schief.
    „Was wäre denn genehm?“, fragte er.
    Seine Stimme war immer noch eine Vogelstimme, aber Isabell verstand ihn ganz deutlich. Rochas hingegen behauptete steif und fest, dass Niklas nur vor sich hin singen würde und Phineas stimmte ihm zu.
    Isabell strich Niklas mit dem Finger über das schwarzgefederte Köpfchen.
    „Ein letztes Geschenk von Meleon für uns beide“, sagte sie und beinahe wäre sie wieder in Tränen ausgebrochen.
    Ja, Meleon hatte ihr einiges geschenkt. Unter anderem ein ganz neues, verstörendes Leben. Eine Maschine, die allerzarteste Schokolade machen konnte…
    Sie ging hinüber und öffnete die Kammertür, um dieses wundersame Walzwerk anzusehen, dabei an die gemeinsamen Stunden mit Meleon zu denken, an die Tüten mit Schokoladenspänen...
    Die Kammer war leer.
    Nur ein Stück Pergament lag am Boden.
    Isabell hob es auf.
    Verbindlichsten Dank! Mit dieser Gabe werde ich mir einen Namen und mein Glück in dieser Welt machen!
    Prinz Florindel von Asfa und Halaîn
    Isabell stürmte in die Küche
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