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Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen
Autoren: Paul Bedel
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hiermit herzlich gedankt!
    Ich hatte keine Lust, in Rente zu gehen. Ich habe nicht einmal daran gedacht. Zwar habe ich sie schon vor Jahren beantragt,
     aber ich lange immer noch hin, wo eine helfende Hand gebraucht wird. Offiziell gehört das Ganze nun seit fünfzehn Jahren den
     Schwestern. Das ruhige Leben interessiert mich nicht, es zieht mich nicht an. Ich brauche das nicht, noch nicht.
    Das ist keine Frage des Geldes. Selbst wenn man mir mehr angeboten hätte, damit ich aufhöre, hätte das nichts an meiner Haltung
     geändert. Ich mag meine Arbeit so sehr. Wenn man sieht, »wie der Salat wächst und alles andere, was man isst«, wie Françoise
     sagt, ist das mit Geld nicht aufzuwiegen. Aufhören, um »meine Ruhe zu haben«? Wozu brauche ich denn Ruhe?
    Ich habe nicht ans Rentenalter gedacht, gekommen ist es trotzdem. Man denkt nicht ans Altern, aber alt wird man doch. Ich
     dachte nicht, dass meine Freunde und die Menschen, die ich liebte, je sterben würden und es ist trotzdem so gekommen. Ich
     muss meine Fensterläden erst noch erneuern. Das Holz habe ich schon in meiner Werkstatt. Dafür braucht man nämlich Zeit und
     Stille. Wenn du damit anfängst, vergeht dir der Hunger. Du wirst nicht müde, nichts tut dir weh. Du machst schön gemächlich
     deinen Fensterladen oder dein Gatter. Holz redet nicht, aber es beruhigt einen.
    Früher kam der Schreiner mit seinem Handwagen und brachte den Sarg. Dazu musste er durchs ganze Dorf, und man sah ihm nach,
     weil man wissen wollte, wer gestorben war.
    Wenn ich in meiner Schreinerei arbeite, muss ich unwillkürlichschmunzeln. Meine vier Bretter sind es noch nicht, die ich da zurechthoble, aber das kommt auch noch. Schließlich will ich
     Geld sparen. Wie viele Leute haben sich schon ihren Sarg zurechtgezimmert, wenn die Zeit gekommen war? Gar nicht so wenige,
     würde ich meinen. Es gab sogar welche, die sich während der Bombardements im Krieg darin versteckten!
    Nun, das kommt auch noch. Ich werde am Ufer nach Holz suchen. Das kostet nichts außer ein paar Schweißtropfen, denn natürlich
     muss man es heraufbringen. Ich tue das schon aus Leidenschaft. Holz kann man nie genug haben, und so bringe ich alle möglichen
     angeschwemmten Stücke hierher. Manchmal habe ich meinen Schatz sogar auf der Heide versteckt, um keinen Ärger mit der »Obrigkeit«
     zu haben, denn die Kontrollen waren recht streng. Ob es nun unter den Farnbüschen auf der Heide trocknete oder in meinem Garten,
     war ja egal. Die Schiffe fangen an zu schlingern, sobald sie über den Raz müssen. Dann kappen die Matrosen die Leinen und
     opfern einen Teil der Ladung, damit das Schiff sich wieder aufrichtet. Ich habe das mehr als einmal beobachtet. Das Schiff
     fährt weiter, und ich weiß schon, wo ich am nächsten Tag suchen muss, um das über Bord geworfene Holz zu bergen.
    Im Juli habe ich meine Handwasserpumpe auf dem Hof repariert. An mir ist ein Herzspezialist verloren gegangen, sage ich euch.
     Ich habe sie abmontiert und werde ihr eine Ledermanschette verpassen. Das Leder schneide ich von der Anhängerkupplung ab.
     Meine Adern sind verstopft, für die Pumpe gilt dasselbe. Die Ventile funktionieren nicht mehr richtig. Das Kopfteil habe ich
     schon auf der Hobelbank, den Kolben auch. Ich hatte ihn schon mal repariert, und einen Kolben aus Hartholz eingesetzt. Offensichtlich
     muss ich etwas anderes finden.
    Guste macht sich Sorgen, schließlich ist die Pumpe etwa so alt wie wir. Er hofft, dass sie noch durchhält. Das Kopfteil hatte
     anfangs eine lange Spitze wie diese Pickelhaube der Deutschen. Und tatsächlich haben die Deutschen sie während des Krieges
     abgebrochen, als sie einen großen Wassertank anbrachten. Wir haben die Spitze nicht mehr gefunden.
    Diesen Sommer habe ich diese Spitze, die vor fünfundsechzig Jahren abgebrochen ist, im Hof wiedergefunden. Das ist ein Zeichen.
     Unsere Pumpe wird durchhalten. Wenn sie die Deutschen überstanden hat, wird sie auch den Alltag überstehen. Ich dachte nie,
     dass ich und die Pumpe so alt werden würden. Aber das Korn muss auch absterben, damit es neue Frucht tragen kann. Wenn ich
     gestorben bin, heißt es dann: »Das war sein Leben.« Der eine wird sagen, ich hab’s gut gemacht, der nächste ist anderer Meinung.

Rechtschaffene Leute
    Im September bin ich bei Ebbe an den Strand, wie ich es seit Jahrzehnten mache. Ich kletterte auf den Felsen herum und wartete,
     dass meine Reuse aus dem Wasser auftauchte. Im Winter stelle ich
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