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Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)

Titel: Meine Familie, der tägliche Wahnsinn und ich - Gesamtedition (German Edition)
Autoren: Angelika Hesse
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Stirn. Ich fasse es nicht, Linda beißt an und noch ehe ich eingreifen kann, sind sie in die schönste Unterhaltung vertieft. Dabei tatscht er ihr unauffällig den Rücken, beugt sich tief zu ihr hinunter, um auch ja keine Silbe ihrer gesprochenen Worte zu verpassen. Ich komme mir fehl am Platz vor und checke die Uhrzeit. Ich spüre bereits, wie mich mein warmer, weicher Biberbettbezug liebevoll in Empfang nimmt.
     
    Nach einer weiteren Runde 80er Jahre Schlurftanzen zu The Cure, gibt mir Linda mit den Händen zu verstehen, dass sie mit Störfaktor an die Bar geht und ich mitkommen soll.
     
    „Das ist meine Freundin Heidi.“
    „Hi. Ich bin Holger“, grinst Störfaktor und streckt mir seine schweißnasse Hand entgegen. Ich versuche ein freundliches Gesicht aufzusetzen und wische mir anschließend die Hand am Rock ab. Auf seine Körperflüssigkeiten kann ich gut verzichten.
    Ich erfahre, dass Holger Controller in einem großen, internationalen Unternehmen ist, dessen Name anscheinend nicht genannt werden darf, denn er redet nur geheimnisvoll von „der Firma“. 
     
    Der Kumpel mit dem Holger unterwegs war, ein Arzt, wurde just zu einem Notfall gerufen. Natürlich hätte er sich von sowas nicht den Abend verderben lasse und nun stände er hier. Was für ein Zufall, dass ihm ausgerechnet so eine Traumfrau wie Linda vor die Füße gefallen wäre. Ob er verheiratet ist, fragt Linda ohne Umschweife.
    „Noch nicht die Richtige gefunden“, meint er und zwinkert Linda vielsagend zu. Das zieht, Linda rückt näher. Holger wackelt mit dem Kopf zum Takt der Musik, schüttelt zwischendurch seinen blonden Scheitel mit den Fingern durch und versucht so lässig wie möglich den Bierbauchansatz einzuziehen.  
     
    Beim Uralt Lied „U cant touch this“ von MC Hammer trommelt Holger mit den Händen auf die Theke, schwingt dabei den Kopf wie ein Rebhuhn vor und zurück und hebt ungelenk die Schultern im Takt dazu.
    „Fantastic“ singt MC Holger.
    Fantastic? Ich stutze, rutsche einen Schritt näher ran und halte mein Ohr in seine Richtung. Da wieder!
    „Fantastic!“
    Doch nicht verhört. Ob Linda von ihm ablässt, wenn sie mitbekommt, dass der Kerl nicht mal richtig Englisch kann? 
     
    Wir reden hier ja nicht von meinen Kindern, die  „Allakamuwit“ singen, wenn ihr Lieblingslied „I like to move it“ im Radio läuft. Auch nicht von meiner Oma, die ihr ganzes Leben lang schon „Tee End“ sagt, wenn der Abspann eines Spielfilmes im Fernsehen läuft. Ich habe das nie korrigiert, schließlich ist die alte Dame über Achtzig und hat nie Englischunterricht gehabt. Soll sie doch denken, dass der Tee zu Ende ist.
     
    Einmal habe ich als Kind bei ihr übernachtet und sie las mir aus der Programmzeitschrift vor. Die Hitparade käme und dabei wären Juliane Werding , die Münchner Freiheit und Tee Otter Onnes . The Other Ones h atten damals mit Holiday einen sehr erfolgreichen Hit. Zu ihrer Verteidigung möchte ich erwähnen, dass sie Roger Wittacker, Howard Carpendale, Tony Christie sowie Roy Black einwandfrei aussprechen kann.
     
    Ich verzeihe natürlich auch meiner Nichte Sina, die sich zu ihrem neunten Geburtstag sehnlichst einen Muffisi Füller wünschte und mich zwei Wochen lang alle Schreibwarengeschäfte der Gegend abklappern ließ. Der Füller mit diesem merkwürdigen Namen – sie schwor Mark und Bein, die Schreibweise wäre so korrekt - war partout nirgendwo aufzutreiben. Der Ehrgeiz hatte mich gepackt, ich knackte den Code und Sina erhielt ihren Move-Easy Stift pünktlich.
     
    Aber ein erwachsener Mensch in unserem Alter, der seit zwei Jahrzehnten den Refrain von Can´t touch this falsch mitsingt, überschreitet eindeutig die Fremdschäm Grenze. Den kann Linda doch nirgendwo mitnehmen. Wer weiß, was der Typ noch für Leichen im Keller hat, von wegen internationales Unternehmen und Controller. Wahrscheinlich arbeitet er in der Warenendkontrolle und hackt Listen ab oder ist Fahrkartenkontrolleur und hat seinen Berufszweig frank und frei ins Englische übersetzt. Wo doch heutzutage alles eingeenglischt wird. Die kaffeekochende Vorzimmerdame vom Chef heißt PA, die Telefonist hat zwar nichts mit James Bond gemeinsam, darf aber trotzdem den klangvollen Namen Call Center Agent führen. Damit Manager auf der Visitenkarte steht, muss man heute auch nicht einmal studiert haben. Letztens wurde in der Zeitung ein TV Client Manager gesucht. Früher hießen die Jungs einfach Fernsehtechniker.
     
    Linda ist entweder
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