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Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich

Titel: Meine Brüder, die Liebe und ich - Higgins, K: Meine Brüder, die Liebe und ich
Autoren: Kristan Higgins
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Schuhband kaut. „Seid ihr verrückt geworden?“, frage ich Lucky und Tara. „Kommt schon! Ihr wollt, dass ich – ausgerechnetich! – auf eure kleinen Monster aufpasse? Ein ganzes Wochenende?“ Sie haben den Anstand, beschämt dreinzublicken. „Wisst ihr noch, was letztes Mal passiert ist? Wie aufgescheuert meine Knie waren?“ Tara schneidet eine Grimasse. „Wie Christopher rohen Kürbis gegessen und sich hinterm Sofa übergeben hat? Wie Annie in mein Bett gepieselt hat?“
    „Ja, ich weiß das noch!“, ruft Annie fröhlich. „Ich habe Tante Chassie angepinkelt.“
    Lucky blickt zu Boden. „Vergiss es“, murmelt er. „Entschuldige bitte.“
    „Ach, nun guckt mal nicht so trübe.“ Ich grinse. „Natürlich mache ich es.“
    „Ich hab’s dir doch gesagt“, raunt Lucky seiner Frau zu. Ich knutsche Grahams weiche Pausbacke und mache eine Vogelschnute, um ihn zum Lachen zu bringen.
    „Du bist ein Engel“, seufzt Tara glücklich. „Sag uns, was du dafür haben willst.“
    Ich spüre, wie ich rot werde. „Na ja …“
    Erwartungsvoll ziehen sie die Augenbrauen in die Höhe. Es ist mir unangenehm, aber ich muss es sagen. „Ich möchte … ach, ihr wisst schon.“
    „Was? Lesbisch werden?“, fragt Lucky und zwinkert mir wissend zu.
    Ich knuffe ihn zwischen die Rippen. „Hey, solltest du dich nicht lieber bei mir einschleimen, Lucky?“
    „Ja, ja, natürlich“, erwidert Lucky eifrig. „Was können wir für dich tun, Chas?“
    Ich seufze tief und zwinge mich fortzufahren. „Ich möchte einen vernünftigen Typen kennenlernen“, murmele ich. „Wenn ihr also jemanden kennt …“
    „Aber gern“, meint Tara. „Es lief bisher wohl nicht so gut?“
    „Na ja“, antworte ich mit Blick auf Grahams weiche Hautund abstehende Ohren. „Es ist nicht so, dass ich noch niemanden kennengelernt hätte. Aber die waren meist irgendwie … seltsam. Es war noch keiner dabei, den ich als Vater meiner Kinder gesehen hätte. Du weißt ja, wie das ist.“ Tatsächlich weiß sie das nicht. Sie ist einunddreißig, seit acht Jahren verheiratet und hat drei tolle Kinder. „Jedenfalls kann ich alles an Hilfe gebrauchen, was es gibt.“
    „Oje, da brauchst du ja ein ganzes Dorf an Helfern“, murmelt Lucky mit geheucheltem Mitgefühl. Ich sehe ihn böse an, aber ich brauche ihn tatsächlich. In allen Ratgebern zur Partnerfindung (ja, ich habe sie gelesen) steht, man solle jedem Bescheid geben, dass man auf der Suche sei. So peinlich und erniedrigend es auch sein mag …
    „Ich werde die Augen offen halten“, verspricht Tara. Lucky nickt. Aus dem Zimmer am anderen Ende des Flurs ertönt ein Schrei von Jenny, und beide springen auf, um nach ihrer Jüngsten zu sehen. Graham zappelt und will von meinem Arm, also lasse ich ihn runter, damit er seinen Eltern hinterhertrotten kann.
    Ich merke, dass ich eine Hand auf meinen Bauch gelegt habe, als wollte ich mein eigenes Baby spüren. Das natürlich nicht da ist. Im Augenblick ist nur schwer vorstellbar, wie sich mein straffer, harter Bauch in schwangerem Zustand anfühlen würde.
    „Tante Chassie, guck mal!“, ruft Olivia.
    Ich streichle ihr über die herrlichen roten Locken (sie kommt nach ihrer Mutter und nicht nach uns O’Neills, die wir alle dunkle Haare haben). „Was ist denn, mein Schatz?“
    „Ich habe einen lockeren Zahn!“, verkündet sie und sperrt den Mund auf. Ehe ich protestieren kann, schiebt sie mit ihrem kleinen Zeigefinger einen Vorderzahn so weit nach hinten, dass ein tiefer, blutroter Krater sichtbar wird. Dabei rinnt etwas Blut auf ihren Finger. Mir dreht sich augenblicklich der Magen um, und ich ringe nach Luft.
    „Chiehst gu?“, spricht sie mit offenem Mund und klaffender Wunde. Ein wenig blutgetränkte Spucke landet auf meiner Hand. „Chiehst gu gas? Ganch locker!“
    „Nicht, Schätzchen … ich … ach …“ Mein Blick vernebelt, meine Hände werden feucht und kalt. Ich stolpere einen Schritt zurück und stoße gegen meinen Vater, der mich auffängt.
    „Livvy! Du weißt doch, dass Tante Chas kein Blut sehen kann! Zeig das lieber Onkel Mark.“
    Ich blinzle und schüttle angewidert den Kopf. „Danke, Dad.“
    „Mein armes Küken“, sagt er und tätschelt meine Schulter.
    Mich überkommt die vertraute Mischung aus Ärger und Selbstverachtung. In einer Familie mit lauter heldenhaften Alphamännchen bin ich nicht nur das einzige Mädchen ( und Single und kinderlos), sondern auch der einzige Schlappschwanz. Wohl um sicherzustellen, dass
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