Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde
Autoren: Johanna Adorján
Vom Netzwerk:
G., sieh mal an, wer hätte das gedacht? Er hat seinen Arm um ihre Taille gelegt und sieht stolz aus, womöglich hält er sie immer noch für die große Nummer, Srot? die sie in den achtziger Jahren zwei Minuten lang war. Er nickt mir zu, und gegen meinen Willen freue ich mich, eine vollkommen automatische Reaktion. Und den da hinten kenne ich auch, ich glaube, das ist ein Politiker. Und jetzt weiß ich auch welcher, denn ich erkenne seine Frau, die dralle L., heute ganz in Blau, die von der Boulevardpresse für ein Fotomodell gehalten wird. Mir gefällt, was sie versucht hat, mit ihren Haaren zu machen, die Fotografen blitzen ihr Kleid durchsichtig. Ich gehe weiter, die Blicke kitzeln, ich habe Mühe, das Kichern zu unterdrücken, das mir im Hals aufsteigt. Ich beschließe, später zu tanzen, von irgendwoher ist Musik zu hören. Dunkle Anzüge, Seidenkrawatten, Frauen mit Lidstrich, Frisuren und schulterfrei. Im Vorbeigehen schnappe ich amüsierte Dialogfetzen auf, irgendjemand muss vollends übergeschnappt sein, jemand anderes hat die Bezeichnung Petit Four noch nie gehört, auf den Toiletten sollen welche zu fünft in die Kabinen gehen. Zwei Frauen sehen mich böse an, ich freue mich und merke es mir für später.
    Ich nehme die Blicke mit auf die Treppe und hinauf in den zweiten Stock. Jemand lächelt mir zu, endlich wird auch ein Foto gemacht, kurz sehe ich nichts, ich reiße die Augen auf, schon blitzt es erneut. Jemand umarmt mich, es ist der Regisseur meines Films, er hat seinen Arm etwas zu tief um meine Hüfte gelegt, nein, sogar deutlich zu tief, ist es unangenehm, ist es angenehm, ich komme nicht drauf, jemand gibt mir ein neues Glas, jemand schüttet Champagner hinein. Von hier oben hat man eine herrliche Aussicht, Delia Naters kratzt sich gerade in ihrem Rückenausschnitt, der Österreichische Rundfunk ist auch da, ein paar Leute rauchen, hat irgendjemand meinen Freund gesehen? Ratlose Gesichter, dann stimme ich in das Gelächter mit ein. Ein paar Menschen werden mir vorgestellt, ich schüttele Hände, blicke in aufgeregte Gesichter, schon wieder ein volles Glas in der Hand, mein altes finde ich nicht mehr, ein Fotograf ist da, gibt Anweisungen, ich lache auch nach dem Kommando noch, die Hand des Regisseurs wieder zu tief, aber ich sage nichts, was auch, mir ist schwindelig, aber nicht unangenehm.
    Irgendwann steht Titus vor mir, ich freue mich, umarme ihn, frage, wo er gewesen ist, aber er sieht mich nur vorwurfsvoll an. Oder traurig oder enttäuscht oder doch vorwurfsvoll, ich kann es nicht deuten und verstehe in dem Lärm auch kein Wort. Irgendwann glaube ich, dass er jetzt nach Hause gehen wird. Und dass meine Mutter schon gegangen ist. Und dass ich etwas essen sollte, aber was? Als ich mich wieder umdrehe, ist Titus fort, oh je, denke ich noch, schon bekomme ich den bestellten Crêpe au chocolat gereicht, jemand, der nach Zigaretten und Kaugummi riecht, kommt mir abbeißend zu nahe. Ich beschließe, mal eben an die frische Luft zu gehen, vergesse es und stelle mich an für ein neues Getränk.
    Und dann sehe ich A.
    Er steht im oberen Stockwerk in der Nähe der Bar. In seinem Smoking sieht er wie ein Filmstar aus. Ist er ja auch. Fast hätte er heute den Preis für die Beste Männliche Hauptrolle bekommen, eine 33,3 Periode-Chance, ich hatte mich allerdings versehentlich gefreut, als er nicht gewann. Ein kleines niederes Gefühl, das schnell wieder verflog. Jetzt winkt er mir, ich kann nicht anders und gehe zu ihm, obwohl er das wahrscheinlich gar nicht beabsichtigt hat. Er muss ein Gespräch unterbrechen, um mich zu begrüßen, weiß offenbar außer »Hallo« nichts zu sagen, drückt mir stattdessen sein Glas Champagner in die Hand. Wie recht er hat, wie gut es schmeckt, wie einfach das alles, wie schön. Er lächelt, ich muss zu ihm aufsehen. Der Impuls, in die Knie zu gehen, aus dem Blickfeld der Umstehenden abzutauchen und lange die Augen zu schließen. Ein zweiter, stärkerer Impuls, A.’s Hand zu nehmen, die er eben S, dckfel wie versehentlich gegen meine drückt. Ich widerstehe beiden. Er riecht so vertraut. Mein Magen revoltiert, ich stoße auf, wie unangenehm. Immer noch lächelnd nimmt A. mir das Glas wieder ab. Aber warum denn, Moment mal, ich will protestieren, doch er hat sich schon umgedreht, sein Gespräch wieder aufgenommen und unseres beendet, bevor es begonnen hat, ich muss die Umgebung unscharf stellen, um nicht die Balance zu verlieren.
    Vielleicht frische Luft? Auf der Treppe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher