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Mein Leben für dich

Mein Leben für dich

Titel: Mein Leben für dich
Autoren: Loewe
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Sosehr ich mich auch bemühe, cool zu sein, mein rechtes Bein fängt immer wieder an zu wippen. Ich hasse diese Angewohnheit. Sie outet mich als jemanden, der nervös ist und kein Selbstbewusstsein hat. Als jemanden, dessen Coolness Rick ganz bestimmt nicht vom Hocker hauen wird.
    Etwa zehn Minuten später betritt Rick in Jeans und Lederjacke den Laden. Keiner der anderen Jungs begleitet ihn, was untypisch ist. Ich beobachte, wie er den beiden Typen an der Bar ein Kopfnicken zuwirft und sich dann schnurstracks auf meinen Tisch zubewegt. Mein Puls beschleunigt sich. Ich stehe auf, um ihn zu begrüßen.
    »Hi, Rick!«
    »Hi, Simon!«
    Wir geben uns kurz die Hand. Ricks Gesichtsausdruck ist unergründlich. Er lässt sich auf einen Stuhl fallen und winkt die Bedienung zu sich. »Auch ein Beck’s, Schätzchen.« Er steckt sich eine Zigarette an. Seine Hände sind gepflegt, wie auch der Rest seiner Erscheinung. Ich finde, dass er älter wirkt als vierunddreißig, was wahrscheinlich an den tiefen Furchen in seiner Stirn und seinen Wangen liegt. Aber man kann nicht sagen, dass er schlecht aussieht. Sein dichtes dunkelbraunes Haar ist akkurat nach hinten gekämmt und selbst die Stoppellänge seines Dreitagebarts wirkt exakt bis auf den Millimeter getrimmt. Aus schmalen Augen mustert er mich. Ich hole Luft, weil ich das Gefühl habe, etwas sagen zu müssen, aber Rick kommt mir zuvor.
    »Ich war sauer auf dich, Simon.«
    Ich schlucke.
    »Stinksauer, um genau zu sein.«
    »Hier, Rick!« Die Bedienung stellt ihm sein Bier auf den Tisch.
    »Ich weiß, Mann, tut mir echt leid, dass –«
    Rick macht ein Handzeichen, das mich zum Schweigen bringt.
    »Dass es dir leidtut, ist mir klar. Der Punkt ist, ich war der festen Überzeugung, du hättest Talent, Simon.« Er nimmt einen Schluck aus seiner Flasche. »Ich hatte dir eine Chance gegeben, zu zeigen, was du draufhast. Nicht nur, weil du Bens Bruder bist und er einer meiner besten Leute, sondern vor allem deshalb, weil du leidenschaftlich bist, risikofreudig. Weil du mir loyal erschienst.« Er macht eine Pause und lässt seine Bierflasche auf der Tischplatte kreisen.
    Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll. Ein simples »Entschuldigung« kommt mir überflüssig und zu läppisch vor, aber etwas anderes fällt mir nicht ein. Also warte ich schweigend ab.
    »Ich habe kürzlich deinen Bruder im Knast besucht«, fährt Rick fort, indem er weiter auf seine Bierflasche starrt. »Er macht sich einen ziemlichen Kopf um dich. Will, dass du die Finger von unseren Geschäften lässt, denkt, du wärst nicht geeignet, hättest nicht die Nerven und den nötigen Killerinstinkt.« Er hebt den Blick, dann zuckt er mit den Schultern. »Ich weiß nicht genau. Vielleicht hat er recht. Vielleicht auch nicht.«
    Ich bin verwirrt. Mir ist nicht ganz klar, was Ricks Worte für mich bedeuten, oder ob er eine Stellungnahme von mir erwartet. Er meinte, er war sauer auf mich. Aber ist er es noch immer? Will er mich nach wie vor dabeihaben oder mich bloß fertigmachen? Meine Nervosität wächst, bis ich es kaum noch aushalte.
    »Rick, also … Wie soll ich das verstehen, Mann?« Meine Hände sind schwitzig. »Ich meine, bin ich jetzt raus oder was?«
    Rick betrachtet mich einen Moment schweigend, dann verziehen sich seine Lippen unmerklich zu einem Lächeln. »Ich sagte dir ja vorhin: Ich habe eine hohe Meinung von dir und ich mag es ganz und gar nicht, wenn ich mir oder anderen eingestehen muss, dass ich mich geirrt habe.« Er trinkt sein restliches Bier in einem Zug aus. »Ich habe mich hier mit dir getroffen. Das ist doch schon was, oder? Alles andere … mal sehen.« Er erhebt sich. Auch ich stehe auf. Rick tippt sich zum Abschied mit zwei Fingern gegen die Stirn, dann dreht er sich um. Ohne ein weiteres Wort verlässt er die Bar.
    Ich starre ihm hinterher und bin total platt. So habe ich mir unser Treffen eigentlich nicht vorgestellt. Insgeheim habe ich gehofft, Rick würde mich nach unserem Gespräch wieder aufnehmen, obwohl das wahrscheinlich ziemlich naiv war. Aber jetzt hänge ich noch mehr in der Luft als vorher. Der Boss hat sich total bedeckt gehalten. Vielleicht will er es sich auch bloß nicht mit Ben verscheißen, der ja strikt dagegen ist, dass ich mitmische. Während der Zeit, in der ich mit der Gang abhing, habe ich schnell bemerkt, dass Ben ein besonderes Verhältnis zu Rick hat. Er kann sich mehr erlauben als andere. Er ist der Einzige, der Rick Kontra geben darf, ohne dass der komplett
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