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Mein irischer Held

Mein irischer Held

Titel: Mein irischer Held
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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Kraft. Jetzt gebot er seinen Männern mit einer Geste, sich zurückzuziehen. Sie verschwanden so plötzlich, als verfügten sie über die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen.
    Genevieves Faszination schlug in Furcht um. Dieser irische Krieger konnte sie als Feindin betrachten und ihr mit einem einzigen Hieb seines Schwertes den Kopf vom Körper trennen. Aber – und plötzlich regte sich Hoffnung in ihr – es bestand auch die Möglichkeit, dass er freundlich war und ihr womöglich half.
    Sie nahm all ihren Mut zusammen, richtete sich auf, straffte die Schultern und schritt langsam auf den Fremden zu.
    Sie hatte viele Geschichten über das Schicksal unvorsichtiger normannischer Frauen gehört. Es hieß, dass alle, die sich freiwillig in die Gewalt von barbarischen Iren begaben, bitter dafür gebüßt hatten. Doch dieser Barbar besaß ein Pferd. Und sie brauchte ein Pferd, wenn sie Hugh entkommen wollte.
    „Bitte“, stieß sie atemlos hervor, „helft mir!“
    Er reagierte nicht, und ein paar Sekunden lang fragte sie sich, ob er sie überhaupt gehört hatte. Ihr Atem schien lauter zu sein als ihre Stimme. Dann bemerkte sie das keltische Muster auf seinem Umhang. Natürlich, sie durfte ihn nicht auf Englisch ansprechen. Rasch wiederholte sie ihre Bitte auf Gälisch.
    Er beugte sich leicht in Genevieves Richtung, betrachtete die junge Frau eingehend.
    Voller Hoffnung blickte sie zu ihm auf.
    Doch da wandte er sein Pferd. Und gleich darauf waren Ross und Reiter zwischen den Bäumen verschwunden.
    Bevan MacEgan verfluchte sich für seine Schwäche. In dem Moment, da sie ihn angesprochen hatte, war ihm klar gewesen, dass es sich bei der Fremden um eine Normannin handelte. Der altbekannte Hass war in ihm aufgestiegen. Und doch hatte er gleichzeitig das Bedürfnis verspürt, ihr zu helfen.
    Sie hatte Erinnerungen in ihm geweckt, schmerzhafte Erinnerungen … Mit ihrem ovalen Gesicht und dem dunklen Haar hatte sie die Vision eines Frauengesichts heraufbeschworen, das untrennbar mit Bevans schrecklichstem Alptraum verbunden war. Seit zwei Jahren bemühte er sich, jene Ereignisse zu vergessen. Jetzt schloss er die Augen, um das Bild der Fremden zu vertreiben. Vergeblich.
    Er hatte ihre verzweifelte Flucht schon eine Zeit lang beobachtet, ehe er seinen Männern den Befehl gab, sich zurückzuziehen. Der Reiter, der ihr auf den Fersen war, hatte offensichtlich nicht die Absicht, sie zu töten. Denn das hätte er längst tun können. Es war unübersehbar, dass der normannische Ritter die Frau lebendig wollte.
    Er hatte sie bekommen. Und dafür trug er, Bevan, die Verantwortung.
    Natürlichhatteerkeineandere Wahlgehabt. Erhattesich entscheiden müssen, ob er seine Männer schützen oder der Fremden helfen wollte. Selbstverständlich war er in erster Linie seinen eigenen Leuten verpflichtet. Trotzdem fühlte er sich schuldig, weil er auf den Hilferuf der Frau nicht reagiert hatte. Die Ehre eines Mannes erforderte, dass er die Schwachen vor Leid bewahrte.
    Allerdings erforderte sie in diesem Moment vorrangig etwas anderes: Er musste dafür sorgen, dass seine Männer nicht entdeckt wurden. Sie planten einen Überfall gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner. Da war es eine strategische Notwendigkeit, überraschend anzugreifen. Sie mussten auf den richtigen Augenblick warten. Und bis dahin mussten sie im Verborgenen agieren.
    MacEgan öffnete die Augen. Er war jetzt wieder ganz der überlegene Anführer. „Ich brauche fünf Männer, die mit mir in die Burg eindringen“, sagte er. „Die anderen verteilen sich um die Palisade herum. Bei Sonnenuntergang entzünden wir die Feuer.“
    „Ihr wollt der Frau folgen?“, erkundigte sein Hauptmann sich.
    „Ja.“
    „Es ist unmöglich, alle zu retten. Und sie ist eine Fremde.“
    „Tut, was ich Euch aufgetragen habe“, gab MacEgan zurück, obwohl kein Zweifel daran bestehen konnte, dass der Hauptmann recht hatte. Es war ein unnötiges Risiko, einer Normannin Unterstützung anzubieten. Aber er hatte die Angst in den Augen der Frau gesehen, die gleiche Angst, die auch in den Augen seiner Gemahlin gestanden hatte, als sie in die Hände der Feinde gefallen war. Damals hatte er sich hilflos gefühlt, ähnlich wie heute. Es war furchtbar …
    Er suchte die Männer aus, die ihn begleiten sollten, und führte sie in Richtung der Festung. Die Burg und das sie umgebende Land waren sein Eigentum. Die normannischen Eindringlinge hatten es ihm fortgenommen. Aber er würde es sich
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