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Mein Glueck

Mein Glueck

Titel: Mein Glueck
Autoren: Werner Spies
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verkündete, der surrealistischen Bildlichkeit erst die Tore geöffnet haben. Und das Ende der Bewegung fiel mit dem Ende des amerikanischen Exils zusammen. In New York, in Mexiko kam es zu lebenswichtigen Bluttransfusionen, die die Kunst der Nachkriegszeit in New York ermöglichten. Der Neuanfang, den Breton in Paris nach seiner Rückkehr aus dem Exil versuchte, erschien dagegen jämmerlich, glich der verzweifelten Beatmung einer Leiche. Die Großen des Surrealismus, Masson, Max Ernst, Miró und Dalí, wollten nichts mehr mit diesen nekrophilen Aktionen zu tun haben.
    Meine Erinnerung an die Jahre am Centre Pompidou ist für mich mit dem Gefühl unendlicher Dankbarkeit verbunden. Die Einladung, einige Zeit dieses Weltmuseum zu führen und für das kommende Jahrhundert vorzubereiten, war das größte Geschenk, das mir Frankreich machen konnte. Die Zusammenarbeit mit einer Equipe machte mir Spaß. Ich lernte großartige und engagierte Experten ihres Fachs kennen, und bis heute gehe ich gerührt durch die Räume des Hauses, glücklich darüber, dass ich dort nach wie vor Freunde treffe.
    Mehr und mehr wurde ich dazu aufgefordert, Ausstellungen zu organisieren. Bald folgte eine nach der anderen. Ein Höhepunkt war sicher die Max-Ernst-Ausstellung im Metropolitan Museum. Die Chance, an diesem Platz in New York Max Ernst zeigen zu können, fiel in den Moment, da Fiat den Palazzo Grassi in Venedig nach dem Tode von Gianni Agnelli als Ausstellungsort aufgegeben hatte. Agnelli sprach mir gegenüber wiederholt von seinem Wunsch, endlich, nach 1968 , in Venedig wieder Max Ernst zeigen zu können. Als ich Philippe de Montebello von meiner Enttäuschung erzählte, lud er mich ein, diese Schau für das Metropolitan Museum zu organisieren. Ihn lockte die Idee, in der Zeit, da das vergrößerte MoMa wieder seine Tore öffnete, ein Bekenntnis zu einem großen Geist des zwanzigsten Jahrhunderts abzulegen. Ich reiste im Februar 2004 nach New York und besprach das Projekt mit ihm morgens in seinem Büro. Allerdings meinte er, den Entschluss könne er nur fassen, wenn die Idee für diese Ausstellung von William Lieberman, dem Chefkurator für das zwanzigste Jahrhundert, vorgetragen würde. Wir müssten da etwas inszenieren. Er forderte mich auf, wieder meinen Wintermantel anzuziehen und unten am Empfang um ein Rendezvous mit Bill zu bitten.

    Werner Spies und Richard Meyer

    Nach wenigen Minuten saß ich in dessen Büro. Ich setzte ihm mein Vorhaben auseinander. Er fand das eine gute Idee, meinte jedoch, er müsse davon Montebello überzeugen, rief ihn an und sagte, ich sei bei ihm und wir würden gerne bei ihm vorbeikommen. Es kam dort zur zweiten herzlichen Begrüßung. Bill schlug die Ausstellung vor und meinte, Werner wäre doch am besten geeignet, dieses Projekt zu leiten. Sofort wurden Details, sogar das Datum besprochen. Wir waren uns auch schnell einig, diese Retrospektive nur im Metropolitan zu zeigen, um ihr eine sichtbare Exklusivität zu geben. Dann wurde Sabine Rewald hinzugerufen, die mir zur Seite stehen sollte. Anschließend zeigten mir Montebello und Lieberman den Platz, der für die Ausstellung vorgesehen war. Es waren die besten Räumen des Metropolitan Museum, eine Saalflucht im Piano nobile. Für die Vorbereitung reiste ich regelmäßig nach New York. Dorothea Tanning, Mimi Johnson, die Trustees des Museums, Richard Feigen, Frances Beatty, Leonard Lauder, Ronald Lauder, Bill Acquavella, Timothy Baum, Leon und Debra Black, Peter Marino, Elizabeth und Felix Rohatyn, Sam Heyman, Renée Price, Sheldon Solow und Shelby White kamen zu den Empfängen, die im Hinblick auf dieses Ereignis organisiert wurden. Und alle halfen mit, wo auch immer es nötig war, Kontakte herzustellen. Eine entscheidende Unterstützung fand ich bei der Altana. Den Kontakt zu Nikolaus Schweickart stellte Andrea Firmenich her. Und schneller und begeisterter hatte sich zuvor noch nie ein Sponsor entschieden. Die Ausstellung zog viele Besucher an. Für die Künstler war diese Begegnung ein Ereignis. Viele, wie Richard Meyer, der kurz zuvor Frieder Burdas inzwischen berühmtes Museum in Baden-Baden gebaut hatte, entdeckten den Kontinent Max Ernst. Doch es zeigte sich, dass die Rezeption in New York nicht so einfach vonstattenging. Der Kritiker der New York Times stand verunsichert, ja fassungslos vor den Bildern und warf dem Künstler in seiner Besprechung Stillosigkeit vor. In der Tat, man musste den Besuchern klarmachen, dass Max Ernst nicht nur im
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