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Mein geliebter Wuestenprinz

Mein geliebter Wuestenprinz

Titel: Mein geliebter Wuestenprinz
Autoren: Tessa Radley
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verloren?
    Dann hätte sein Vater gelogen. Mit einem Mal verspürte Tariq ein unerklärliches Gefühl, er kam sich verlassen vor. Und ihm war plötzlich alles zu viel. Die Krankheit seines Vaters. Die Ankunft seiner Mutter. Der Verlust von Noor.
    „Ich habe deinen Vater nie geliebt“, erklärte seine Mutter. „Dann bin ich einem anderen Mann begegnet.“ Sie beobachtete ihn und merkte anscheinend, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Eindringlich fuhr sie fort: „Es war ein Fehler. Aber als ich schwanger wurde, musste ich eine Entscheidung treffen.“
    „Darum hast du uns verlassen“, ergänzte er tonlos. In seiner Stimme schwang die volle Trauer eines Kindes mit, das seine Mutter verloren hat.
    „Ich konnte nicht bleiben. Wenn es entdeckt worden wäre, hätten sie mich eingesperrt und mir meine Tochter weggenommen. Ich bin froh, dass du mich nach Zayed eingeladen hast, um Abschied von Rashid zu nehmen. Vielleicht gelingt es uns ja, noch einmal ganz von vorn anzufangen, meinst du nicht, Tariq?“
    „Wir werden später darüber reden. Ich habe dich angerufen, weil meine Frau der Meinung war, dass mein Vater dich sehen will. Du solltest dich also bei Jayne bedanken.“ Jayne ergriff seine Hand, und Tariq drückte sie.
    Seit ihrer Rückkehr aus Aziz hatte Jayne den Emir nicht mehr an seinem Krankenbett besucht. Tariq war immer allein bei ihm gewesen. Doch jetzt, da seine Mutter ihn begleitete, bat er Jayne, auch mitzukommen. Ihr blieb keine andere Wahl, als Tariq und Athina zu begleiten.
    Auf dem Weg in die Gemächer des Emirs dachte sie darüber nach, was sie an Athinas Stelle wohl damals getan hätte. Vielleicht, überlegte Jayne, war es gut, dass Tariq geglaubt hatte, sie hätte ein Kind von einem anderen erwartet. Denn sie hätte es nie übers Herz gebracht, ihr Kind nach der Geburt zu verlassen. Und dann? Dann hätte sie in einem Land festgesessen, das sie nicht mochte. In einem Palast, der zu groß für sie war, und umgeben von Menschen, die ihr mit Misstrauen begegneten.
    Ein kalter Schauer überlief Jayne bei dieser Vorstellung.
    Als sie die Gemächer des Emirs betraten, sprang der Krankenpfleger auf. „Seine Exzellenz ist heute sehr müde.“
    „Ich weiß“, erwiderte Tariq. „Er hat es mir vorhin gesagt.“
    Jayne hielt sich im Hintergrund, während Athina und Tariq ans Bett traten. Der Emir versuchte, sich aufzurichten. „Lina?“, murmelte er. „Ich habe darum gebetet, dass du kommst. Ich brauche deine Hilfe.“
    Athina nahm seine knochige Hand. „Weswegen, Rashid?“
    „Es geht um unseren Sohn.“
    „Was gibt es, Vater?“, fragte Tariq besorgt und kam näher. „Bitte, du darfst dich nicht aufregen.“
    „Wo ist deine Frau? Wo ist Jayne?“ Der Emir versuchte, den Kopf zu heben, doch er war zu schwach und ließ sich zurück in die Kissen sinken. „Ich muss mit ihr reden.“
    Danach war Jayne ganz und gar nicht. Es war sowieso viel zu spät zum Reden. Jahre zu spät.
    „Jayne, bitte komm her“, flüsterte der Emir.
    Sie rührte sich nicht vom Fleck. Bereute er etwa, was er getan hatte? Wollte er, dass sie ihm verzieh? Er hatte ihre Träume zerstört, sie zutiefst verletzt und ihr alle Hoffnungen auf eine glückliche Zukunft mit Tariq genommen. Es gab keine weiche Seite an ihr mehr, die verzeihen konnte.
    „Ich bin nach Zayed gekommen, um mich scheiden zu lassen“, sagte sie laut.
    „Jayne!“ Tariq fasste sie hart am Arm.
    Sie riss sich los. „Ich werde nicht lügen.“
    „Ich … ich hatte gehofft“, begann der Emir leise. Trauer spiegelte sich in seinen Augen. „Ich …“ Seine Stimme brach.
    Sekundenlang schämte Jayne sich fast. Dann rief sie sich zur Ordnung. Es gab nichts, wofür sie sich schämen musste.
    Sie hatte dem Emir nie etwas zuleide getan. Er war derjenige gewesen, der ihre Ehe zerstört und sie aus dem Land gejagt hatte. Und nur deswegen hatte Jayne …
    Nein, sie durfte nicht daran denken, was sie verloren hatte. Dieser Verlust begleitete sie sowieso an jedem Tag ihres Lebens.
    Sie schuldete dem Emir nichts. Absolut gar nichts.
    Sollte er doch zur Hölle fahren. Einmal spüren, wie sich das anfühlte.
    „Deshalb brauche ich deine Hilfe, Lina“, flüsterte der alte Mann. „Ich habe der Frau deines Sohnes großes Unrecht zugefügt.“
    „Was soll das heißen, Vater?“, fragte Tariq hastig. „Sag es mir.“
    „Was hast du getan, Rashid?“ Athina musterte ihn aufmerksam.
    Nur Jayne schwieg und sah den Emir nur an. Sie fröstelte. Ihr kam es so vor,
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