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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele
Autoren: Ephraim Kishon
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sein eigen: eine liebende Frau wie eure Mutti und zwei schlimme Buben wie ihr selbst, haha. Herr Sulzbaum war ein kleiner Angestellter in einem großen Betrieb. Sein Einkommen war karg, aber die Seinen brauchten niemals zu hungern.
    Eines Abends hatte Herr Sulzbaum Gäste bei sich, und als sie so beisammensaßen, schlug er ihnen des Spaßes halber vor, Karten zu spielen. Gewiss, liebe Kinder, habt ihr schon von einem Kartenspiel gehört, welches »Poker« heißt. Erst vor kurzem haben unsere Gerichte entschieden, dass es zu den verbotenen Spielen gehört. Herr Sulzbaum aber sagte: »Warum nicht? Wir sind doch unter Freunden. Es wird ein freundliches kleines Spielchen werden.«
    Um es kurz zu machen: Herr Sulzbaum gewann an diesem Abend sechs Pfund. Das war sehr viel Geld für ihn, und deshalb spielte er am nächsten Abend wieder. Und auch am übernächsten. Und dann Nacht für Nacht. Und meistens gewann er. Das Leben war sehr schön.
    Wen das Laster des Kartenspiels einmal in den Klauen hat, den lässt es so geschwind nicht wieder los. Herr Sulzbaum gab sich mit freundlichen kleinen Spielchen nicht länger zufrieden. Er wurde Stammgast in den Spielklubs. Ein Spielklub, liebe Kinder, ist ein böses, finsteres Haus, das von der Polizei geschlossen wird, kaum dass sie von seiner Wiedereröffnung erfährt. Anfangs blieb das Glück Herrn Sulzbaum treu. Er gewann auch in den Spielklubs, er gewann sogar recht ansehnliche Beträge und kaufte für seine kleine Familie eine große Wohnung mit Waschmaschine und allem Zubehör. Sein treues Weib wurde nicht müde, ihn zu warnen: »Sulzbaum, Sulzbaum«, sagte sie, »mit dir wird es ein schlimmes Ende nehmen.« Aber Sulzbaum lachte sie aus: »Wo steht es denn geschrieben, dass jeder Mensch beim Kartenspiel verlieren muss? Da die meisten Menschen verlieren, muss es ja auch welche geben, die gewinnen.«
    Immer höher wurden die Einsätze, um die Herr Sulzbaum spielte, und dazu brauchte er immer mehr Geld. Was aber tat Herr Sulzbaum, um sich dieses Geld zu verschaffen? Nun liebe Kinder? Was tat er wohl? Er nahm es aus der Kasse des Betriebs, in dem er angestellt war. »Morgen gebe ich es wieder zurück«, beruhigte er sein Gewissen. »Niemand wird etwas merken.« Wahrscheinlich wisst ihr schon, liebe Kinder, wie die Geschichte weitergeht. Wenn man einmal auf die schiefe Bahn geraten ist, gibt es kein Halten mehr. Nacht für Nacht wurden die Einsätze höher, und als er sich eines Morgens bleich und übernächtig vom Spieltisch erhob, war er ein steinreicher Mann. (Ich muss aus Gerechtigkeitsgründen zugeben, dass Herr Sulzbaum wirklich sehr gut Poker spielt.) In knappen sechs Monaten hatte er ein gewaltiges Vermögen gewonnen. Das veruntreute Geld gab er nicht mehr in die Betriebskasse zurück, denn in der Zwischenzeit hatte er den ganzen Betrieb erworben, und dazu noch eine Privatvilla, zwei Autos und eine gesellschaftliche Position. Heute ist Herr Sulzbaum einer der angesehensten Bürger unseres Landes. Seine beiden Söhne genießen eine hervorragende Erziehung und bekommen ganze Wagenladungen von Spielzeug geschenkt.
    Moral: Geht schlafen, liebe Kinder, und kränkt euch nicht zu sehr, dass euer Papi ein schlechter Pokerspieler.
    Ein vergnüglicher Abend
    Wir saßen auf der Terrasse, schlürften unseren Espresso und warfen sehnsüchtige Blicke auf die Parkverbotstafeln entlang des Gehsteigs. Um diese dämmerige Abendstunde pflegten wir das
    »Espresso-Gambit«
    zu eröffnen, auch »Auto-Adoptivspiel« genannt. Aber noch wollte sich kein Verkehrspolizist zeigen.
    Es dauerte eine gute Stunde, ehe der erste Vertreter dieser liebenswerten Spezies auftauchte, schlank, rank, schlenkernden Schritts und gestutzten Schnurrbarts.
    In fiebriger Anspannung warteten wir, bis er vor einem knallroten, zwischen zwei Parkverbotstafeln parkenden Sportwagen haltmachte und den Strafzettelblock aus seiner Brusttasche zog. Als er den Bleistift ansetzte, also genau im richtigen Augenblick, sprang Jossele auf und stürzte hinzu:
    »Halt, halt!« keuchte er. »Ich bin da nur für eine Minute hineingegangen . . . nur um rasch einen Espresso zu trinken . . .«
    »Herr«, antwortete das Gesetz, »erzählen Sie das dem Verkehrsrichter.«
    »Wenn ich doch aber wirklich nur für eine Minute . . .«
    »Sie stören eine Amtshandlung, Herr!«
    »Wirklich nur für einen raschen Espresso . . . Wie wär's und Sie drücken ausnahmsweise einmal ein Auge zu, Inspektor?«
    Der Polizist füllte mit genießerischer
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