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Mein feuriges Herz

Mein feuriges Herz

Titel: Mein feuriges Herz
Autoren: Martin Kat
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etwas geschehen, was uns auch nur den geringsten Grund zur Besorgnis gibt, verschwinden wir bei Nacht und Nebel.“
    Allison strich über ihren bedruckten Baumwollrock, der noch ärmlicher aussah als Corries hellblaues, mit naturfarbener Wäschespitze verziertes Musselinkleid, das an mehreren Stellen geflickt und längst aus der Mode war. Corrie rückte den Strohhut zurecht, dessen blaues Samtband leicht vergilbt war.
    Wie alle anderen Kleider in ihrem Koffer war auch dieses geändert worden, damit es ihr passte. Sie entsprach genau dem Bild, das sie darstellen wollte – eine entfernte Cousine vom Land, die einen wohlhabenden Verwandten um Hilfe bat.
    Mit einem Ruck hielt die Kutsche vor dem riesigen Herrschaftshaus. Der einstige Burggraben war aufgeschüttet und bepflanzt worden, das uralte Gebäude im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut und erweitert worden. Das Zentrum bildete der hohe runde Burgfries mit einem mächtigen Eichenportal, an jeder Seite waren zweistöckige Nebenflügel angebaut.
    Die Forsythe-Familie verfügte über ein beträchtliches Vermögen, das durch den frühen Tod von Grayson Forsythes Gattin erheblich angewachsen war.
    Der Kutscher half den Damen aus der Mietdroschke, stellte ihr Gepäck auf die breiten Steinstufen und kletterte wieder auf den Kutschbock. „Soll ich warten?“
    Corrie schüttelte den Kopf. „Danke nein. Ich bin die Cousine seiner Lordschaft und möchte meinen Vetter besuchen.“ Ihrem Plan entsprechend sollte die Kutsche bereits losgefahren sein, damit der Earl keinen Grund hatte, sie augenblicklich wieder vor die Tür zu setzen.
    Sie wartete, bis die Kutsche angefahren war und horchte auf das immer leiser werdende Klirren des Pferdegeschirrs und der knirschenden Räder im Kies, dann holte sie tief Luft, achtete nicht auf ihre weichen Knie und stieg die Stufen zum reich geschnitzten Eichenportal hinauf.
    Mutig bediente sie den Türklopfer, und ein Butler in schwarzem Gehrock, schwarzen Hosen und schneeweißer Hemdbrust zog die schwere Tür auf.
    „Sie wünschen?“
    Corrie setzte ein gewinnendes Lächeln auf. „Ich komme, um Lord Tremaine zu besuchen. Sagen Sie ihm bitte, Mrs. Moss – Letty Moss, die Gattin seines Vetters Cyrus – wünscht ihn zu sprechen.“
    Sie wusste nicht einmal, ob der Earl etwas mit dem Namen anfangen konnte und hoffte inständig, er würde sich wenigstens schwach an seinen Vetter erinnern.
    „Ich bedaure, seine Lordschaft ist ausgeritten, aber sein Bruder Charles ist anwesend. Ich werde Ihren Besuch anmelden. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“
    Der spindeldürre, grauhaarige Butler führte die Besucherinnen in einen eleganten Salon im neoklassizistischen Stil eingerichtet, mit vergoldeter Stuckdecke, einem Marmorkamin und zierlichen, in mattgelber Seide bezogenen Sofas und Sesseln.
    Allison nahm auf einem Sessel Platz und verschränkte ihre behandschuhten Finger im Schoß. Corrie hoffte inständig, das Mädchen würde nicht die Fassung verlieren, noch ehe der erste Akt des Dramas begonnen hatte.
    Corrie setzte sich auf das Sofa, behielt ihr Lächeln bei und wartete. Als sie schwere Seidenröcke rascheln und zierliche weibliche Schritte hörte, die sich auf dem Flur näherten, erhob sie sich. Allison tat es ihr gleich. Corrie sah, wie sehr sie sich bemühte, nicht zu zittern.
    Eine elegante Dame, das goldblonde Haar in der Mitte gescheitelt und seitlich zu kunstvollen Löckchen gedreht, die ihr bis zu den Schultern reichten, rauschte in den Salon. Die schöne Frau mit den auffallend blauen Augen, mit denen sie die Besucherinnen musterte, registrierte blitzschnell, dass Corries Kleid zwar schlicht und abgetragen, aber von etwas besserer Qualität als das ihrer Begleiterin war, und richtete das Wort daher an Corrie.
    „Mrs. Moss, nehme ich an?“
    „Ja. Mrs. Cyrus Moss. Mein Gemahl ist ein Vetter von Lord Tremaine.“
    „Und das ist Ihr Mädchen?“
    „Ja … Miss Holbrook.“ Allison versank in einen tiefen Knicks, dem die Dame allerdings keine Beachtung schenkte. „Ich komme, um mit dem Earl über eine wichtige Angelegenheit zu sprechen.“
    „Lord Tremaine ist noch nicht von seinem morgendlichen Ausritt zurück, und mein Gemahl ist momentan nicht abkömmlich. Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Ich bin Rebecca Forsythe. Wenn Ihr Ehemann ein Cousin des Earls ist, müsste er auch ein Cousin von Charles sein.“
    „Aber ja. Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mrs. Forsythe.“ Corrie warf Allison einen Seitenblick zu. „Vielleicht
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