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Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme
Autoren: Patrick D. Cowden
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internationale Gallup Engagement Index, der den Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeitern zu ihren Unternehmen wiedergibt. In Deutschland, so die Studie, empfinden lediglich 13 Prozent der befragten Arbeitnehmer eine hohe emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen. Damit landet Deutsch ­land im Mittelfeld der Studie – davor fast alle anderen westlichen Länder, dahinter fast nur osteuropäische und asiatische Länder.
    Mit großem Abstand auf dem ersten Platz liegen die USA . 28 Prozent der Mitarbeiter fühlen sich dort ihrem Unternehmen eng verbunden. Ein erstaunliches Ergebnis, bedenkt man die Hire-and-fire- Mentalität vieler amerikanischer Unternehmen.
    Mitarbeiter emotional zu binden, das ist in erster Linie eine Aufgabe der Führungskräfte. Menschen zu führen, das be­deutet in den USA vor allem eines: Begeistere deine Mitarbeiter. Und das geht weder von oben herab noch aus der Entfernung, sondern nur von Angesicht zu Angesicht.
    Nach meinen ersten Jahren in Deutschland führte mich mein Job für kurze Zeit zurück in die USA . Und da erwischte mich zu meiner Überraschung ein umgekehrter, sagen wir, Unternehmenskulturschock:
    Mein Kumpel, der Vorstandsvorsitzende
    Ich war ein einfacher Techniker, als ich nach wenigen Monaten in der deutschen Filiale zum ersten Mal den amerikanischen Hauptsitz in Boston besuchten durfte. Zuhause in Frankfurt sprachen meine Chefs nicht viel mit mir. Deshalb staunte ich nicht schlecht, als ich auf den Bostoner Bürofluren zufällig auf den amerikanischen Firmenchef traf und dieser ohne zu zögern locker drauflosplauderte.
    Er, der Firmenchef und Inhaber, der das Unternehmen später zu einem der erfolgreichsten der 90er-Jahre an der New Yorker Börse machen sollte, fragte mich, den Berufseinsteiger, wer ich sei, woher ich käme und wie es mir ginge. Es war, als würde ich mich mit einem Kumpel unterhalten. Meine Meinung jedenfalls interessierte ihn. Später an diesem Tag wunderte es mich fast nicht mehr, als mich der Chef-Entwickler von ganz oben ebenfalls persönlich einlud, ihn bei seiner Arbeit an einem innovativen Produkt zu unterstützen. Hierarchische Gräben gab es in dieser Firma einfach nicht.
    Die kurze, interessierte Aufmerksamkeit des Firmenchefs und die ebenso offenen Gespräche mit vielen anderen Kollegen reichten jedenfalls, um meine in vielen Überstunden geleerte Batterie für mein deutsches Zuhause wieder aufzuladen.
    Viele meiner deutschen Gesprächspartner erzählen mir, dem gebürtigen US -Amerikaner, immer wieder gern, wie froh sie sind, dass die sozialen Unterschiede in Deutschland nicht so groß seien wie in den USA . In Deutschland gebe es weniger Ausschläge nach oben und nach unten, die Gehaltsunterschiede klaffen weit weniger auseinander. Gleichheit als Wert habe hier mehr Gewicht als in den mehr auf individuelle Freiheit und harten Wettbewerb fokussierten USA .
    Ehrlich gesagt: im Alltag, im Umgang miteinander, erlebe ich wenig davon.
    Mein Eindruck nach 25 Jahren in Deutschland ist folgender: Wer aufsteigt, der legt im gleichen Zug mehr Wert auf Distinktion, insbesondere am Arbeitsplatz. Niemand wedelt in Deutschland protzig mit Geldscheinen, was in den USA durchaus passieren kann. Nein, in Deutschland sind die Mittel, die den feinen Unterschied betonen sollen, wesentlich subtiler. Und dennoch wirkungsvoll: Je mehr Hierarchiestufen Menschen voneinander trennen, desto angespannter das Miteinander in deutschen Büros.
    Anders in den USA . Wer dort viel Geld verdient, zeigt das ungeniert. Im persönlichen Umgang aber spielen Statusunterschiede weit weniger eine Rolle. Klar, im Englischen wird nicht gesiezt. Aber auch sonst hat selbst ein Vorstand kaum Berührungsängste. Smalltalk funktioniert quer über alle Hierarchiestufen hinweg. Auch im Aufzug und auf den Bürofluren.
    Vielleicht liegt das daran, dass der einfache Mitarbeiter seinem Chef das exorbitante Gehalt nicht neidet, sondern als dessen gutes Recht ansieht, das ihm selbst irgendwann einmal zu Teil werden könnte. Im Zuge der aktuellen Krise könnte dieser Glaube an den amerikanischen Traum vielleicht verloren gehen – ich hoffe inständig, dass es nicht so weit kommt.
    Aber noch wichtiger als das: Es gibt immer eine gemeinsame Ebene der Kommunikation. Das Gespräch als Moment der Gleichheit, der Identifikation und der Versicherung gemeinsamer Ziele. Gepaart mit der
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