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Mein bestes Stuck

Mein bestes Stuck

Titel: Mein bestes Stuck
Autoren: Hepburn Lucy
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Schritte zu tun. Ihr Herz pochte wild und fühlte sich an, als müsse es jeden Moment zerspringen. Sie schien sich dem Altar in Zeitlupe zu nähern. Julia wollte jede einzelne Sekunde einsaugen, um sich später, wenn sie einmal alt war, daran erinnern zu können. Und als sie vorn angekommen war, wusste sie auch, dass sie das tun würde.
    Es gab noch einen Platz in der ersten Reihe. Julia trat einen Schritt nach links und schlüpfte in die Bank. Ihre Tasche, ihren wunderbaren, wertvollen, wunderschönen Talisman von Bottega, stellte sie neben sich auf die Sitzfläche.
    Luc hatte sie nicht bemerkt. Er saß wie hypnotisiert da, den Blick starr nach vorn auf den Sarg seines Vaters gerichtet. Der stand neben dem Altar, bedeckt mit dem Familienwappen der Deschanels und mit einer einzelnen weißen Lilie. Der Organist spielte Lucs Musik. Julia erkannte die langsamen, getragenen Klänge von No End of Season, ebenfalls eines ihrer Lieblingsstücke.
    Luc trug einen dunklen Anzug und ein weißes, kragenloses Hemd. Die Hände hatte er ineinander verschränkt in den Schoß gelegt. Eine Welle von Zuneigung und Zärtlichkeit durchströmte Julia, als sie ihn so sah, und in dem Moment, als sie neben ihm Platz nahm, war jeglicher Zweifel, den sie wegen ihrer Flucht aus Frean, hierher nach Château Deschanel gehabt haben mochte, wie weggewischt. Fast fühlte es sich an, als sei sie nach Hause gekommen.

    Eleonore saß zu Lucs anderer Seite, daneben ein elegant gekleideter Simon. Hinter ihnen erkannte Julia Marie-Louise, zusammen mit einem attraktiven, bärtigen Mann. Das musste wohl Roger sein, nahm sie an. Marie-Louise weinte lautlos, doch als sie Julias Blick auffing, lächelte sie sie wohlwollend an.
    Julia faltete die Hände und sah, dass auch Eleonore ihre Tasche auf die Bank gestellt hatte, zwischen sich und Luc. Sie lehnte sich ein wenig vor, und Eleonore tat es ihr im selben Moment gleich. Kurz schauten sich die zwei Frauen an. In Eleonores rot geweinten Augen stand zunächst der Schock, dann aber las sie Wärme und Dankbarkeit.
    Und Luc? Der schien ganz weit weg. Er hatte sich verändert, als hätte die Ankunft der Trauergemeinde ihn mit einem Schlag erwachsen und zum Hausherrn gemacht, als sei er nun offiziell das Familienoberhaupt der Deschanels, mit allem, was dazugehörte.
    Auf der kleinen Bibel, die er in der Hand hielt, lag ein weißes Blatt mit ein paar Worten, die er wohl im Laufe des Gottesdienstes an die Trauernden richten würde. Da saß er, still, ernst, voll von Emotionen und mit einer Aura von Entschlossenheit und Autorität. Das gab Julia beinahe den Rest, sie fühlte für den Mann an ihrer Seite – ja, was eigentlich – Liebe ? Sie langte in ihre Bottega, um ein Taschentuch herauszuholen. Dabei streifte sie ganz leicht Lucs Arm.
    Der schaute nach unten und registrierte die Tasche. Dann runzelte er die Stirn und sah auf die andere Seite, zur komplett identischen Tasche seiner Schwester. Der Groschen war gefallen.
    Langsam wanderte sein Blick nach oben, zu ihrem Gesicht.
Er begrüßte sie lautlos, und dann glitt ihre Hand in seine, und seine Finger schlossen sich sofort um die ihren. In seinem Blick lag eine Mischung aus Trauer und Verwunderung, so als ob er sie zum ersten Mal und in einem völlig neuen Licht sehe. Julia drückte seine Hand, dann kam der Priester langsam den Mittelgang hinunter, und der Trauergottesdienst für Lucs und Eleonores Vater begann.
     
    Sie war froh, dass sie ihren crèmefarbenen Pashmina mitgebracht hatte. Der Abendwind im Garten von Château Deschanel war schon frisch. Sie zog den Schal enger um die Schultern und vergoss stumme Tränen, als der Sarg von Jaques Deschanel langsam in die Gruft neben den Sarg seiner Frau gelassen wurde. Sie beobachtete Luc und Eleonore, wie sie Arm in Arm am offenen Grab standen, und lauschte dann, wie Eleonore, nachdem sie ein paar persönliche Worte gesagt hatte, eine Handvoll Erde ins Grab warf. Luc tat es ihr nach, und schließlich auch Simon.
    »Schätzchen, was für ein Tag …« Onkel Quinn, der darauf bestanden hatte, Julia wieder zu begleiten, legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie. Julia hatte einen Kloß im Hals und konnte nicht sprechen. Also nickte sie nur.
    Nach und nach begab sich die Trauergemeinde zum Haus, nur Luc, Eleonore und Simon standen noch still am Grab, mit geneigten Köpfen. Julia wusste, dass ihre Anwesenheit nun unangebracht war. Also griff sie erneut nach ihrem Taschentuch, putzte sich die Nase und ließ sich
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