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Mehr als nur Traeume

Titel: Mehr als nur Traeume
Autoren: Jude Deveraux
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seiner kargen Einrichtung und seinem blassen Interieur. Da standen keine Schalen aus Gold und Silber auf den Kaminsimsen, lag keine erlesene Stickerei auf den Tischen, befanden sich keine prächtigen Kissen auf den Stühlen. Doch vor allem vermißte sie die kostbar gekleideten Menschen in den Räumen, das Lachen seiner Bewohner und die Musik.
    Sie langten in Nicholas’ Privatgemach an, ehe sich Dougless von ihrer Enttäuschung erholen konnte. Dougless stand etwas abseits von der Gruppe, blickte zu dem Porträt von Nicholas hinauf und lauschte den Ausführungen der Frau, die die Tour leitete. Die Geschichte des Zimmers hörte sich nun ganz anders an - völlig anders.
    Die Fremdenführerin konnte nicht genügend Superlative finden, um Nicholas’ Bedeutung zu würdigen.
    »Er war ein echter Renaissance-Mensch«, vernahm Dougless nun aus dem Munde der Fremdenführerin, »die Verkörperung dessen, was seine Epoche erstrebte und zu erreichen hoffte. Er entwarf herrliche Häuser, die seiner Zeit um hundert Jahre voraus waren. Er machte große Fortschritte auf dem Gebiet der medizinischen Vorsorge, verfaßte ein Buch über die Verhütung von Krankheiten, und hätte man in seiner Zeit seine Ratschläge befolgt, währen Tausende von Menschen vom Tod errettet worden.«
    »Was hat er denn in diesem Buch geschrieben?« fragte Dougless.
    Die Dame warf ihr einen schroffen Blick zu, da sie sich offensichtlich wieder an den Vorfall erinnerte, wo Dougless ihrer Meinung nach die Alarmanlage ausgelöst hatte. »Im wesentlichen lief es darauf hinaus, daß Ärzte und Hebammen sich vor jeder Behandlung die Hände waschen sollten. Wenn Sie mir jetzt in das nächste Zimmer folgen möchten? Dort sehen wir dann . ..«
    Dougless verließ an dieser Stelle wieder die Besichtigungstour, benützte den Eingang wieder als Ausgang und begab sich in die Bibliothek. Die Bibliothekarin blickte hoch und lächelte: »Die Stafford-Sammlung?«
    »Ja«, erwiderte Dougless. Für diese Leute waren keine vierundzwanzig Stunden vergangen, seit sie zum letztenmal die Stadt besucht hatte.
    Sie verbrachte den Nachmittag damit, die Geschichtsbücher aus elizabethanischer Zeit zu lesen. Alle Berichte aus dieser Epoche lauteten nun anders. Sie las die Namen von Leuten, die sie gekannt und schätzen gelernt hatte. Es waren bloße Namen für andere Leser dieser Bücher; aber für sie waren es Wesen aus Fleisch und Blut.
    Nachdem Lady Margaret drei Ehemänner überlebt hatte, hatte sie nicht mehr geheiratet und das für ihre Zeit biblische Alter von sechsundsiebzig Jahren erreicht.
    Kit hatte die kleine Lucy geheiratet, und in einem Buch stand, daß Lucy eine große Wohltäterin gewesen sei, die Musikanten und Maler förderte. Kit hatte den Besitz der Staffords gut verwaltet, bis er im zweiundvierzigsten Lebensjahr an einem Magenleiden starb. Da er und Lucy keine Kinder hatten, ging der Grafentitel und der Besitz auf Nicholas über.
    Als sie nun von Nicholas las, berührte sie die Buchstaben mit den Fingern, als würden sie ihr so näher sein. Als sie las, daß Nicholas nie geheiratet hatte, traten ihr Tränen in die Augen, aber sie wischte sie rasch wieder weg.
    Nicholas hatte ebenfalls ein gesegnetes Alter von zweiundsechzig Jahren erreicht und in seinem Leben große kulturelle Leistungen vollbracht. Das Buch schilderte in breiter Ausführlichkeit die Schönheit und die architektonische Bedeutung der Gebäude, die er entworfen hatte. »In der Weise, wie er Glas als Baustoff verwendete, war er seiner Zeit weit voraus«, schrieb ein Autor.
    In einem anderen Buch wurden Nicholas Ideen auf dem Gebiet der medizinischen Vorsorge gepriesen und daß er einen wahren Feldzug für die Sauberkeit geführt habe. »Hätte man seine Ratschläge beherzigt«, schrieb der Autor, »hätte die moderne Medizin schon vor Hunderten von Jahren ihren Anfang genommen.«
    »Seiner Zeit weit voraus«, war der Tenor, der sich in allen Büchern wiederholte.
    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Keine Arabella auf dem Tisch. Kein Tagebuch, in dem Nicholas als Schürzenjäger verschrien wurde. Kein Hochverrat. Keine Verschwörung seiner Frau mit seinem Freund. Und was am wichtigsten war - keine Enthauptung.
    Sie verließ die Bibliothek, als diese wieder schloß, ging zum Bahnhof und nahm einen Zug zurück nach Ashburton. Sie hatte noch immer ein Zimmer in ihrem Hotel gemietet, und dort befanden sich auch ihre Sachen.
    Sobald sie in ihrem Hotelzimmer angelangt war, hatte sie Mühe, sich seiner
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