Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mehr als ein Sommer

Mehr als ein Sommer

Titel: Mehr als ein Sommer
Autoren: Ann Eriksson
Vom Netzwerk:
nach Rosen duftendem Staub über sein Gesicht und seinen Nacken. »Oh«, sagte er noch einmal. »Das... tut mir leid.«
    Gefühlswogen — Schmerz, Misstrauen, Widerwille — spülten nacheinander über das Gesicht der Frau und stauten sich schließlich zu einem ruhigen Bild der Selbstbeherrschung. »Ich werde gleich auf den Punkt kommen. Meine Mutter... sie... nun ja, sie hat in ihrem Testament eine merkwürdige Bitte geäußert«, sagte sie. »Sie bat uns — meine Brüder und mich — , Ihnen ihre Asche auszuhändigen.«
    Trevor blinzelte. »Das hat sie getan?«
    »Ja, und sie wollte, dass wir Ihnen diesen Brief geben.« Susan zog einen Umschlag aus der geblümten Tasche und hielt ihn ihm entgegen. »Keiner von uns hat ihn gelesen. Ich muss Sie aber darüber in Kenntnis setzen, dass meine Brüder und ich das Ganze eingehend besprochen haben. Ob wir ihren Wünschen entsprechen sollten. Wir hatten nie von Ihnen gehört. Und na ja, meine Mutter hat sich mehrere Jahre ganz irrational verhalten. Wir haben sie kaum zu Gesicht bekommen. Sie war für fast ein Jahr verschwunden. Meine Brüder und ich waren fürchterlich besorgt. Wir haben sie durch die Polizei suchen lassen... und es stellte sich schließlich heraus, dass sie auf Reisen gegangen war, ganz allein, um die ganze Welt.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Trevor.
    Susan öffnete den Mund um weiterzusprechen, schloss ihn dann aber wieder. Sie stellte die Tasche mit den Sonnenblumen auf den Fußboden und räusperte sich. »Mister Wallace. Waren Sie und meine...« Eine leichte Röte legte sich auf ihre Wangen. »Welcher Art war die Beziehung zwischen Ihnen und meiner Mutter?«
    Trevor brauchte einen Moment, um in vollem Ausmaß zu erfassen, welche Befürchtungen mit Susans Frage verbunden waren. Erinnerungen an Constance kamen ihm ins Gedächtnis: ihr Geplapper, ihre Flirterei, wie sie die Pyramide erklettert hatte und ihre Kleider dabei im Wind flatterten. Ihre zarten Finger, als sie die Deckel der Dosen öffnete, in denen ihre Jungs waren. Er lachte. Susan war schon halb aufgestanden, als sei sie bereit, jeden Moment zur Tür zu rennen.
    »Ich... wir... Sie glauben, Ihre Mutter und ich seien ein Liebespaar gewesen?«, brach es aus ihm heraus.
    »Wir hatten nicht die geringste Vorstellung, wer Sie waren«, wehrte sie sich. »Und sie hat Ihnen ihre sterblichen Überreste hinterlassen. Was sollten wir da denken?« Sie spitzte die Lippen und fummelte am Griff der geblümten Tasche herum.
    »Ich denke mal, das ergibt Sinn.« Wie intensiv Susan ihn begutachtet hatte, als sie schockiert feststellte, dass er Jahrzehnte jünger war als ihre Mutter, ergab Sinn. »Seien Sie unbesorgt. Ich kannte Ihre Mutter nur ein paar Tage lang. Wir saßen zusammen in Kairo fest.«
    »Das ist alles? Ein paar Tage in Kairo, und sie hinterlässt Ihnen ihre Asche?« Susan runzelte die Stirn und hatte ganz offensichtlich ihre Zweifel.
    »Das ist alles. Und die Briefe. Sie hat mir Briefe geschrieben. Ich nehme an, dass sie mich gut leiden konnte.«
    »Briefe?«
    »Ja, ich hole sie. Sie können sie lesen, wenn Sie möchten.« Trevor holte das Bündel aus der Schreibtischschublade und gab die sechzehn Briefe Susan, die das Päckchen widerwillig anstarrte, bevor sie es sich auf den Schoß legte. »Sie sind nach Datum geordnet«, erklärte er. Sie zögerte immer noch, blickte zu ihm auf und dann nieder auf den Stapel, bevor sie das Gummiband entfernte. Sie öffnete den ersten Umschlag und fing an zu lesen.
    Trevor machte mit dem Packen weiter, mit einem Ohr bei etwaigen Geräuschen von der Couch. Doch abgesehen davon, dass Papier raschelte, wenn sie Seiten umdrehte, las Susan schweigend und mit gesenktem Kopf. Trevor stellte Sachen heraus, die er auf der Farm nicht brauchen würde. Er dachte an seine Hanteln, die hinten im Schrank standen, und stellte sie zu dem Stapel der Dinge, die er verkaufen wollte, weil er nicht davon ausging, dass er ohne sie an einem Mangel an körperlicher Ertüchtigung leiden würde. Er und Angela hatten Nancy Bjornes Haus abgekauft; Angela hatte ihn davon überzeugt, dass die Blockhütte ihr Sommerhäuschen werden könnte oder — mit einem schelmischen Lächeln — ein Spielhaus für die Kinder. Er hatte den Vorschlag akzeptiert wie all die anderen, die sie ihm in den vergangenen zwei Monaten unterbreitet hatte, mit einem Sinn für Humor, der zwar neu für ihn war, ihm aber unerwartet leichtfiel.
    Nach einer halben Stunde stellte er ein Glas Wasser auf den Beistelltisch, aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher