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Meggie (German Edition)

Meggie (German Edition)

Titel: Meggie (German Edition)
Autoren: Karin Hackbart
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vor einer breiten Tür stehen. Vor dieser Tür, auf einem Krankenbett lagen eingepackte Kittel. Sie nahm einen, riss die Verpackung auf und reichte Meggie den Kittel.
    „Ziehen sie ihn bitte an“. Dazu reichte sie Meggie den Mundschutz.
    „ Es muss sein wegen der Infektionsgefahr. Die Schuhe müssen sie ebenfalls ausziehen.“
    Als sie endlich den Raum betraten, konnte Meggie vor lauter Geräten keinen John entdecken. Pumpen liefen. Piepzeichen hallten durch den Raum. Und trotz allem herrschte eine merkwürdige Stille in diesem Raum. „Machen sie die Tür zu“, befahl die Schwester und Meggie gehorchte wieder. Dann sah sie die Schwester zu einem Bett hinübergehen und erst jetzt sah Meggie, dass John in diesem Bett lag und an erdenklich vielen Geräten angeschlossen war. Erst jetzt sah sie wie schlecht er aussah. Seine Blässe, das hager gewordene Gesicht und die vielen Schläuche, an denen er angeschlossen war, gaben ein entsetzliches Bild ab. Auf dem kleinen Tisch neben dem Kopfende stand ein gerät, das in regelmäßigen Abständen Wellen auf einem Bildschirm aufzeichnete, die bei jedem Ausschlag kräftig piepsten. Regelmäßig – Piep-Piep-Piep.
    In Meggies Augen sammelten sich wieder Tränen. Die Schwester sah sie nicht, sie kontrollierte alle Anschlüsse. „Alles in Ordnung“, sagte sie leise. Sie sah Meggie an und sah ihr verheultes Gesicht.
    „ Ich lasse sie jetzt mit ihm allein. Lange dürfen sie nicht bleiben. Und bitte, er darf keine Aufregung haben. Verstanden?“
    Meggie nickte. Sie hatte verstanden. Als die Schwester draußen war, setzte sich Meggie auf die Bettkante und sah ihn an.
    „Ich habe es gespürt“, sagte sie leise vor sich hin. „Irgendetwas habe ich immer gespürt, was mir Angst gemacht hat. Jetzt weiß ich, was es gewesen war. Es war die Angst um dich.“
    Trotz des schrecklichen Anblicks tat es Meggie gut, hier zu sein, ihn anzusehen, ganz nah bei ihm zu sein. Er wird es schon schaffen, dachte sie. Er musste es einfach schaffen. Es gab viele Möglichkeiten in der modernen Medizin. Sie mussten ihm einfach helfen.
    In diesem Moment schlug John seine Augen auf. Sie waren trotz allem glänzend und leuchtend. Er lächelte sie an und Meggie versuchte, dieses Lächeln zu erwidern. Sie zog den Mundschutz herunter, um besser sprechen zu können.
    „ Hallo“, sagte sie. „Du hast mich schön erschreckt.“ Er wandte den Kopf zu ihr und sagte: „ Halb so schlimm, Kleines.“
    Meggie spürte, wie ihn jedes Wort, das er sprach, anstrengte.
    Sie legte ihre Hände auf seinen Mund, damit er schwieg. Seine rechte Hand, die nicht an Schläuchen angeschlossen war, ergriff ihre Hand und hielt sie fest.
    „ Ich bin bald wieder okay.“ Meggie nickte.
    Sie musste weinen, aber sie wollte jetzt nicht weinen. Es würde ihm bestimmt nicht helfen, wenn sie jetzt losheulte. Und immer, wenn sie nicht weinen wollte, musste sie ihren Mund zuhalten. Dann konnte sie nichts sagen, nicht einmal Luft holen. Sie wollte nicht weinen. Sie musste ihm Mut machen, ihn spüren lassen, dass er sich auf sie verlassen konnte und sie stark sein würde.
    „Es tut mir leid, Kleines. Das mit unserer Hochzeit.“ Meggie nickte erneut.
    Sie drückte seine Hand ganz fest.
    „Aber wir werden es nachholen, bald“, sagte er.
    „ Ja, bald“, erwiderte sie. Ihre Gesichtsmuskeln waren ganz starr, wie eingefroren.
    „ Du wirst bald wieder gesund sein“, sagte sie leise.
    Verdammt, sie hatte gesprochen. Jetzt konnte sie dieses Gefühl, weinen zu müssen nicht mehr unterdrücken. Die Tränen liefen ihr die Wangen hinunter und sie legte ihren Kopf auf seinen Bauch, damit er ihr Gesicht nicht sehen konnte und somit auch ihre Tränen nicht.
    Seine Hand hielt ihre ganz fest. Ein Schweigen entstand. Nur der Piep-Piep – Piep war zu hören.
    Warum war sie nicht älter und ihm eher begegnet? Warum konnten sie nicht gemeinsame Jahre erleben, wie andere sie auch hatten?
    Sie konnte das Schluchzen nicht mehr unterdrücken.
    „ Nicht weinen, Meggie. Bitte nicht weinen“, sagte er mit leiser, schwacher Stimme. „Ich liebe Dich. Du bist mir das Wichtigste auf der Welt.“
    Meggie trocknete ihre Tränen, sah ihn an und versuchte zu lächeln. „Ich liebe dich auch“, sagte sie.
    „Bitte, küss mich“, bat er.
    Meggie beugte sich zu ihm hinunter und berührte Johns Lippen, die sich kühl anfühlten.
    Sie beugte sich ganz nah über ihn. Sie hatte Angst, sie könnte etwas kaputtmachen. Die ganzen Schläuche und so. Und immer wieder ging
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