Medstar 01 - Unter Feuer

Grundprinzipien zu widersetzen.
    Doch Zan war tot, und diese schlichte, einschneidende Tatsache wurde Jos jetzt auf eine Art und Weise bewusst wie noch niemals irgendetwas zuvor, der Wahrheitsgehalt jenes alten Sprichworts, das er sein ganzes Leben lang gehört hatte, das er sogar selbst gelegentlich zum Besten gegeben hatte, ohne es jedoch je wirklich zu verstehen:
    Das Leben ist zu kurz.
    Zu kurz, um es für Dinge zu vergeuden, die nicht wichtig waren. Zu kurz, um es für etwas zu verschwenden, das einen selbst oder jene, die einem lieb und teuer waren, auf gewisse Weise bereicherte. Viel zu kurz, um sich von geistlosen Regeln und Traditionen vorschreiben zu lassen, was man tun konnte, wo man leben durfte ...
    Und wen man lieben konnte.
    Hier stand Tolk, vor ihm. Jos sah sie an und spürte, wie ihm die Tränen kamen. Er stand auf und breitete die Arme aus. »Tolk...«, begann er.
    Das war alles, was er zu sagen brauchte. Sie lief zu ihm. Sie umarmten sich, dann küssten sie sich, und Zärtlichkeit erblühte zu Leidenschaft, als sie das unzählige Generationen alte Elixier gegen die Schrecknisse des Krieges entdeckten. Die Wahrheit, die seit jeher bekannt und seit jeher verborgen wurde, nämlich, dass die Vergangenheit unveränderlich war, die Zukunft in stetem Wandel und dass die Ewigkeit für jedermann in jedem einzelnen Herzschlag ruhte.
    In Kriegs- wie in Friedenszeiten war das der einzige Weg, um wahrhaftig zu leben.
    Der Augenblick war kurz. Das Dröhnen näher kommender Medibergetransporter durchbrach die Stille. Einen Moment blickte Jos sie an.
    »Zeit, an die Arbeit zu gehen«, sagte sie sanft.
    Er nickte. »Ja.«
    Sie machten sich von der Wohneinheit auf den Weg zum OP.