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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus
Autoren: Noah Gordon
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überquerte sie auf der University Bridge den Charles River zur Bostoner Seite.
    Trotz der frühen Morgenstunde war der Personalparkplatz des Krankenhauses schon fast voll besetzt. Sie stellte den BMW neben einer Wand ab, um das Risiko einer Beschädigung durch die nachlässig geöffnete Tür eines Nachbarn zu verringern, und betrat mit raschen Schritten das Gebäude. Der Wachmann nickte. »Mor'n, Dokta Cole!«
    »Hallo, Louie!«
    Im Aufzug grüßte sie einige Leute. Im dritten Stock stieg sie aus und ging schnell zu Zimmer 3O8. Wenn sie morgens zur Arbeit kam, war sie immer sehr hungrig. Sie und Tom aßen höchst selten mittags oder abends zu Hause, und gefrühstückt wurde nie; der Kühlschrank war leer bis auf Saft, Bier und Limonade. Vier Jahre lang war R.J. jeden Morgen in die überfüllte Cafeteria gegangen, aber dann war Tessa Martula ihre Sekretärin geworden und hatte darauf bestanden, für R.J. das zu tun, was sie für einen Mann mit Sicherheit nie getan hätte. »Ich gehe mir ohnedies meinen Kaffee holen, da wäre es doch unsinnig, wenn ich Ihnen keinen mitbringe!« hatte Tessa gesagt. So zog R.J. jetzt nur einen frischen weißen Mantel an und begann sofort, die Krankengeschichten zu lesen, die auf ihrem Schreibtisch lagen. Sieben Minuten später wurde sie dafür belohnt mit dem Anblick Tessas, die ihr auf einem Tablett ein getoastetes Brötchen mit Frischkäse und starken schwarzen Kaffee brachte.
    Während sie ihr Frühstück verdrückte, kam Tessa mit dem Terminkalender zu ihr, und sie gingen ihn gemeinsam durch. »Dr. Ringgold hat angerufen. Er will Sie sehen, bevor Sie mit der Arbeit anfangen.«
    Der medizinische Direktor hatte ein Eckbüro im vierten Stock.
    »Gehen Sie gleich durch, Dr. Cole! Er erwartet Sie«, sagte seine Sekretärin.
    Dr. Sidney Ringgold nickte, als sie eintrat, deutete auf einen Stuhl und schloß dann die Tür.
    »Max Roseman hatte gestern während der Konferenz über Infektionskrankheiten an der Columbia einen Schlaganfall. Er liegt im New York Hospital.«
    »Ach, Sidney, der arme Max! Wie geht es ihm?«
    Er zuckte die Achseln. »Er wird's überleben, aber es könnte ihm bessergehen. Zunächst einmal Lähmung und Gefühlsstörung in der kontralateralen Gesichtshälfte, im Arm und im Bein. Wir werden sehen, was die nächsten Stunden bringen. Jim Jeffers war eben so freundlich, mich aus New York anzurufen. Er meinte, er werde mich auf dem laufenden halten, aber es wird wohl lange dauern, bis Max wieder zum Dienst kommt. Und offen gesagt, bei seinem Alter bezweifle ich, ob er je wieder zurückkommt.«
    Plötzlich hellhörig geworden, nickte R.J. Max Roseman war stellvertretender medizinischer Direktor.
    »Jemand wie Sie, eine gute Ärztin mit diesem juristischen Hintergrund, würde als Max' Nachfolgerin dem Fachbereich neue Dimensionen eröffnen.«
    Sie hatte nicht den Ehrgeiz, stellvertretender Direktor zu werden, war das doch ein Posten, der trotz großer Verantwortung nur begrenzte Macht bot.
    Es war, als hätte Sidney Ringgold ihre Gedanken gelesen. »In drei Jahren bin ich fünfundsechzig, dann schicken sie mich in Pension. Der stellvertretende medizinische Direktor wird bei der Nachfolge gegenüber allen anderen Kandidaten einen enormen Vorteil haben.«
    »Sidney, bieten Sie mir den Posten an?«
    »Nein, das tue ich nicht, R.J. Ich werde noch mit einigen anderen über die Stelle reden. Aber Sie wären eine aussichtsreiche Kandidatin.«
    R.J. nickte. »Das ist fair. Danke, daß Sie es mir gesagt haben.«
    Sein Blick hielt sie in ihrem Stuhl fest »Noch etwas anderes«, sagte er. »Ich trage mich schon lange mit dem Gedanken, daß wir einen Publikationsausschuß haben sollten, der unsere Ärzte ermutigt, mehr zu schreiben und zu publizieren. Ich hätte es gern, wenn Sie ihn einrichten und den Vorsitz führen würden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann wirklich nicht«, erwiderte sie bestimmt. »Ich muß jetzt schon kämpfen, um mit all meinen Terminen zurechtzukommen.«
    Es stimmte; und er müßte das eigentlich wissen, dachte sie leicht verstimmt. Montags, dienstags, mittwochs und freitags kümmerte sie sich um ihre Patienten hier im Krankenhaus. Dienstag vormittags hielt sie im Massachusetts College auf der anderen Straßenseite einen zweistündigen Kurs über die Vermeidung iatrogener Leiden, also Krankheiten oder Verletzungen, die von einem Arzt oder im Krankenhaus verursacht werden. Mittwoch nachmittags hielt sie an der Medical School eine Vorlesung über die
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