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Media Control

Media Control

Titel: Media Control
Autoren: Noam Chomsky
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»Rückkehr zur Barbarei im Zeitalter der Moderne« verbreitet wurde. 3 So jedenfalls ließ sich der zu den gemäßigten Regierungskräften zählende Außenminister George Shultz vernehmen.
    Die von mir zitierte Äußerung Reagans bezog sich auf den Nahen Osten des Jahres 1985. Damals wurde der internationale Terrorismus in dieser Region laut einer Umfrage von Associated Press bei Chefredakteuren zur Titelgeschichte des Jahres erklärt. Unser Marsbewohner würde also als erstes berichten, daß 2001 dieses Thema zum zweiten Mal zur Titelgeschichte des Jahres gekürt und der Krieg gegen den Terrorismus mit ganz ähnlichen Worten wie sechzehn Jahre zuvor ausgerufen wurde.
    Zudem gibt es auch hinsichtlich des Führungspersonals eine augenfällige Kontinuität. Donald Rumsfeld, der jetzt die militärische Leitung des Antiterrorkriegs innehat, war unter Reagan Sonderbotschafter im Nahen Osten. Die diplomatische Komponente des Kriegs wird seit einigen Monaten von John Negroponte bei den Vereinten Nationen vertreten, der unter Reagan die US-Operationen in Honduras, dem damaligen Hauptstützpunkt im Kampf gegen den Terrorismus, beaufsichtigte.
    Das Element der Macht
    1985 stand der Nahe Osten im Vordergrund, gefolgt von Mittelamerika. Den dort grassierenden Terrorismus hielt George Shultz gar für so bedrohlich, daß er ihn »als Krebsgeschwür in unserer Hemisphäre« bezeichnete, 4 das man schnell ausmerzen müsse, weil es ganz offen die von Hitler in Mein Kampf gepredigtenZiele verfolge und schon dabei sei, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Die Gefahr war so groß, daß Präsident Reagan am Law Day 1985 den nationalen Notstand ausrief, weil »die nationale Sicherheit und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten in außergewöhnlicher Weise bedroht sind«. (Law Day, der 1. Mai, gilt in den meisten anderen Ländern als Tag der Arbeiterbewegung); in den USA bricht jedoch lediglich nationalistischer Taumel aus.)
    Der Notstand wurde nun Jahr um Jahr erneut ausgerufen, bis das Krebsgeschwür beseitigt worden war. Am 14. April 1986 verkündete Außenminister Shultz: »Verhandlungen sind nur ein Euphemismus für Kapitulation, solange nicht der Schatten der Macht auf den Verhandlungstisch fällt.« Er wandte sich gegen all jene, die »utopische Rechtsmittel wie Vermittlung seitens Dritter, die Vereinten Nationen und den Weltgerichtshof anwenden wollen und dabei das Element der Macht in der Gleichung übersehen«.
    Dieses Element spielten die Vereinigten Staaten damals aus: Sie unterstützten in Honduras Söldnertruppen und verhinderten den Einsatz von Rechtsmitteln, auf den der Weltgerichtshof, die Länder Lateinamerikas und natürlich das Krebsgeschwür selbst drängten.
    Die Medien unterstützten den Kurs der Regierung und stritten sich lediglich um taktische Fragen. Es gab die übliche Diskussion zwischen Tauben und Falken. Die Position der Falken fand ihren Ausdruck in einem Leitartikel des New Republic (vom 4. April 1984), in dem die Herausgeber forderten, die USA sollten den »Latinofaschisten« auch weiterhin Militärhilfe gewähren, »egal, wie viele Leute ermordet werden«, weil Amerika »höhere Zielsetzungen hat als die Wahrung der Menschenrechte in El Salvador« oder anderswo.
    Die Tauben meinten dagegen, diese Mittel würden nicht zum Erfolg führen und man müsse Nicaragua, das hauptsächliche Krebsgeschwür, auf andere Weise »den mittelamerikanischen Verhältnissen“ und den »in der Region üblichen Maßstäben anpassen«. So las man es in der Washington Post (14. und 19. März 1986). Diese Verhältnisse und Maßstäbe hatten ihr Vorbild in den Terrorstaaten Guatemala und El Salvador, wo es Massaker, Folterungen und Zerstörung zuhauf gab. So sollte es auch in Nicaragua wieder zugehen.
    Die Kommentare und Leitartikel in der US-amerikanischen Presse vertraten zu etwa gleichen Teilen die Position der Falken bzw. der Tauben. Es gab Ausnahmen, die jedoch statistisch Randerscheinungen blieben. Im Hinblick auf die andere »Terrorregion«, den Nahen Osten, war die Einstimmigkeit sogar noch größer.
    Derselbe Krieg, unterschiedliche Ziele
    Der Marsbewohner würde seiner Zeitung also berichten, daß der Krieg gegen den Terrorismus jetzt von denselben Personen erneut verkündet wird, wobei die Ziele sich leicht verändert haben.
    Die »verworfenen Gegner der Zivilisation« von heute waren in den achtziger Jahren jene Freiheitskämpfer, die von der CIA bewaffnet und von Spezialeinheiten ausgebildet wurden. Genau diese
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