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Meade Glenn

Meade Glenn

Titel: Meade Glenn
Autoren: Die Achse des Bosen
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verloren sich der Hass und die Wut, die ihn so lange Zeit betäubt hatten.
    Als seine Zwiesprache mit den Toten beendet war, strich er über den Stein, auf dem ihre Namen standen. »Ich vermisse dich, Annie. Ich vermisse dich, Sean.«
    Dann drehte er sich um, stieg die kleine Anhöhe hinab und ging auf das Friedhofstor zu, vor dem Nikki wartete.
    Afghanistan
    Als die Sonne am Horizont aufging, stieg Abu Hasim den Hügel hinauf. Er umklammerte seinen Kaftan und stützte sich auf einen Stock, bis er den Gipfel erreichte. Dort rollte er seinen Gebetsteppich aus und schaute nach Nordwesten, wo Mekka lag, und sprach den Namen Allahs, des Gebieters über die Welt, des Allbarmherzigen und Allmitfühlenden, des höchsten Herrschers über das Jüngste Gericht. Er kniete sich nieder, warf sich dreimal zu Boden und lobpreiste den Namen Gottes und seines Propheten. Nach dem Ritual setzte sich Hasim auf den Gebetsteppich und atmete tief ein. Sein Blick glitt über die zerklüfteten Berge seines geliebten Afghanistans. Nur das Rauschen des Windes störte die Stille.
    Er hatte den ganzen Abend und Morgen ängstlich auf Nachrichten aus Washington gewartet. Als er drei Stunden nach Ablauf des Ultimatums immer noch nichts gehört hatte und die Gefangenen nicht gelandet waren, verpuffte das Siegesgefühl der letzten Tage und wurde durch die Gewissheit, das Spiel verloren zu haben, ersetzt.
    Seit dem Morgen wuchs seine Angst. Höchstwahrscheinlich hatten die Amerikaner den Sprengsatz gefunden und neutralisiert. Er würde für sein Versagen büßen müssen. Die Amerikaner würden ihre ganze Technologie einsetzen, um ihn zu finden, und seine Camps erbarmungslos mit Raketen bombardieren. Vorsichtshalber hatte er seine Kommandozentrale nach oben in die Berge verlegt. Niemand außer ihm und seinen Männern wagte sich in die tiefen Tunnel.
    Die Amerikaner würden ihn suchen, aber würden sie ihn hier finden? Als er ein Geräusch hörte, drehte er sich um. Wassef Mazloum, sein Kommandeur mit dem zerfurchten Gesicht, stieg den Abhang hinauf. Kurze Zeit später stand er vor ihm und reichte ihm einen zusammengefalteten Zettel. »Es ist eine Nachricht gekommen, Abu.«
    »Von wem?«
    »Von unserem Freund in Islamabad. Die Amerikaner haben ihn gebeten, dir die Nachricht zu geben.«
    Abu Hasim erhob sich, faltete das Blatt auseinander und las die Nachricht. Er erblasste zusehends, als umklammere eine kalte Hand sein Herz. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen. Sein Kaftan wehte in der Brise. Noch einmal glitt sein Blick über die zerklüfteten Berge, die ihn wie Gefängnistürme überragten. Er streckte den Arm aus und ließ das Blatt los. Der Wind fing es auf und fegte es davon. Abu Hasim drehte sich um und stieg den Abhang hinunter, ohne den Gebetsteppich aufzurollen.
    Mazloum sah ihm nach, bis sein Blick auf dem Blatt haften blieb, das der Wind über die Berge wehte. Er hatte die Nachricht gelesen. Die Worte stammten aus dem heiligen Koran, eine düstere Prophezeiung für den Tag des Jüngsten Gerichts: Und das Böse dessen, was sie gewirkt hatten, erfasste sie; und sie können sich diesem nicht entziehen. Jede Seele wird den Tod kosten, und euch wird euer Lohn am Tag der Auferstehung vollständig gegeben.
    Moskau
    Dicke Schneeflocken rieselten am nächsten Tag auf den Sheremetyevo-Flughafen nieder. Ein eisiger Wind wehte von den russischen Steppen herüber. Das Flugzeug war vor einer Stunde gelandet. Kursk saß in einem Taxi und fuhr nach Mazilov. Er sehnte sich nach seiner Frau und seiner Tochter. Als das Taxi um eine Biegung fuhr und eine Brücke über der Moskva in Sicht kam, bat Kursk den Fahrer anzuhalten.
    »Warten Sie hier. Es dauert nicht lange«, sagte Kursk, ehe er ausstieg.
    Der eisige Wind hatte sich gelegt, aber es schneite noch. In der Ferne sah er sein Haus am Ufer des Flusses stehen. Das Dach war mit Schnee bedeckt, und aus dem Schornstein stieg Rauch empor. Kursks Gedanken wanderten in die Vergangenheit. Er stand mit Nikolai auf den Stufen der Basilius-Kathedrale. Sie waren beide achtzehn Jahre alt und hatten an jenem Tag ihr Abitur gemacht. Dann schob sich ein anderes Bild vor seine Augen. Zwei kleine zwölfjährige Jungen saßen am Ufer des Flusses und umarmten sich. Jetzt sind wir Blutsbrüder.
    Er erinnerte sich an den Tag, als Nikolais Vater eingeäschert worden war. Sie liefen über die Felder, bis sie zu einer Weide kamen, deren Äste ins Wasser ragten. Nikolai war untröstlich, als er die Asche seines Vaters aufs
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