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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein
Autoren: Margaret Allan
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zum Ruhme des anderen.
    Geist war zurückgekehrt und hatte berichtet, daß die Geister des Grünen Tals zu ihm gesprochen hatten, und Alter Zauber zweifelte die Berichte, die sein Schüler ihm übermittelt hatte, nicht an, aber er verstand die Worte der fremden Geister nicht.
    Er befand sich in einer mehr als verzwickten Lage. Das Volk erwartete von ihm, daß er sagte, ob die Geister des Grünen Tals ihnen wohlgesonnen waren, und er hatte keine Antworten für sie bereit. Als er den ersten Blick auf das wogende Meer von Grün unter dem Klippenrand geworfen hatte, hatte er nichts als Verblüffung verspürt. Die fremdartigen Bäume, die leuchtend grünen Farben, selbst die silbrig-weißen Wolken, die er in der Ferne erspäht hatte, glichen nichts, was er jemals gesehen hatte. Das alles hatte ihn mehr erschreckt, als er zugeben mochte.
    In weit zurückreichenden Überlieferungen des Volkes, die er in Form von Gesängen und Geschichten in sich trug, gab es Andeutungen, daß das Volk schon früher auf neue, erschreckende Dinge gestoßen war und sie bewältigt hatte. Geschichten über die Große Eisschlucht und die mächtigen Jäger, die dem Volk in seinen Notzeiten beigestanden hatten, kamen ihm in Erinnerung, genauso wie andere, geheimere Legenden von den Taten seiner eigenen Vorfahren, der Schama nen, die in ununterbrochener Linie an den Anfang selbst zurückreichten, zu ihr, der Mutter des Volkes.
    Er schüttelte sich und zog die Felle zum Schutz gegen den Wind enger um sich, der mit dem Untergehen der Sonne an Kraft gewonnen hatte.
    Heftige, unberechenbare Böen wirbelten um sein Zelt und peitschten das kleine Feuer, das daraufhin jäh aufflackerte. Es knisterte und knackte und ließ kleine Funkenregen emporsteigen, die ihn ein wenig an die Dinge erinnerten, die er in seinen Träumen sah.
    Und das war genau das, was er jetzt brauchte, entschied er: einen Traum.
    Obwohl ihm als Mann der unbeschränkte Zutritt zur Traumzeit verwehrt war, war ihm doch hin und wieder wenigstens ein kurzer Einblick vergönnt. Manchmal fand er dort, was er suchte, manchmal nicht. Noch einmal bedachte er die furchteinflößende Entscheidung, die er bald treffen mußte. Sosehr er sich auch davor fürchtete, er mußte den letzten Schritt tun und den heiligen Stein an den neuen Ort bringen. Konnte er auch die Geheimnisse dieser neuen Geister nicht entschlüsseln, so vermochte es doch vielleicht die Große Mutter selbst.
    Er schwankte langsam vor und zurück, den Blick auf das Feuer gerichtet.
    Ohne sein Zutun stieg ein Gesang in ihm hoch: »O Mutter«, tönte es leise aus ihm, »o Große Mutter, höre mich an.«
    Diese Worte wiederholte er ein ums andere Mal, rhythmisch, ohne Melodie, und der Klang seiner Worte tröstete ihn. Über ihm leuchteten unzählige Sterne am Firmament; schwache, silbrige Lichter, die dem aufgehenden Mond huldigten.
    Es war eine Zeit der Magie; sowohl seiner eigenen als auch der dieses neuen Ortes, der Großen Mutter selbst. Er konnte es spüren, wie sie ihn umschloß wie ein vage glühender Nebel. Und schließlich, als sein Gesang verstummte und nichts mehr blieb als das Donnern von Norden, das Knistern und Zischen des Feuers und das Heulen des Windss, fühlte er noch etwas anderes: den Ruf der Großen Mutter.
    Sorgsam darauf bedacht, seine alten Knochen nicht mehr als nötig zu strapazieren, erhob er sich und kroch ins Zelt zurück.
    Hier war der Ruf stärker, als Alter Zauber etwas in die Hände nahm, das zum Schutz in Felle eingeschlagen war.
    Der Mammutstein.
    Also würde es am Ende doch nicht seine eigene Entscheidung sein.
    Der Großen Mutter sei Dank! Sie wachte immer noch über ihrem Volk.
    »Stell den Windschutz hier auf«, wies Haut seine Frau Baum an Sie standen an einer flachen Mulde in der Steppe, einer Vertiefung von nicht mehr als zwei Fuß vielleicht. Unweit von ihnen erteilte Stein seiner Frau, Gras, ähnliche Anweisungen. Baum bewegte sich träge, von der schweren Last ihres schwellenden Leibes behindert; nach einer Weile grunzte Haut einmal und kam ihr zur Hilfe. Das hier sollte nur vorübergehend ihr Lager werden, nur so lange, wie Alter Zauber brauchte, um zu entscheiden, ob das Volk das eigenartige Grüne Tal betreten sollte oder nicht. Haut hatte nicht die geringste Ahnung, wie lange Alter Zauber brauchen würde, um seinen Entschluß zu fassen; es hing davon ab, wann die Geister zu ihm sprachen.
    Das Gepäck, das die Frauen auf Travois gebunden gezogen hatten, lag verstreut und ungeordnet umher.
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