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Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel

Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel

Titel: Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel
Autoren: Terry Pratchett
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aber nur ein Ohr. Sein Gesicht war eine Maske des Bösen. Seine Zähne waren groß und spitz und gelb, sein Atem so unangenehm wie Pfefferspray.
    Johnny kannte es gut. Wie jeder andere in Blackbury auch.
    »Hallo, Satan«, sagte er und achtete darauf, die Hände ruhig an seinen Seiten zu halten.
    Wenn Satan hier war, und der Einkaufswagen…
    Er spähte zu dem Bündel mit den Turnschuhen.
    »Ich glaube, Mrs. Tachyon geht es nicht gut«, sagte er.
    Die andern eilten zu ihm.
    Es sah nur wie ein Bündel aus, weil Mrs. Tachyon gern alles, was sie besaß, gleichzeitig anzog. In diesem Fall waren das eine Strickmütze, etwa zwölf Pullover und ein rosa Rüschenrock, dann kamen nackte Beine, dünn wie Pfeifenreiniger, und schließlich mehrere Paare Fußballsocken und riesige Turnschuhe.
    »Ist das da
Blut
?« wollte Wobbler wissen.
    »Äh…«, sagte Bigmac. »Ih.«
    »Ich glaube, sie lebt noch«, meinte Johnny. »Ich bin sicher, ich habe gehört, wie sie geächzt hat.«
    »Äh… ich kenne mich mit Erster Hilfe aus«, sagte Yo-less unsicher. »Mund-zu-Mund-Beatmung und so.«
    »Mund-zu-Mund-Beatmung?
Mrs. Tachyon
! Ih«, sagte Bigmac.
    Yo-less sah sehr beunruhigt aus. Wenn man so etwas in einem freundlichen, gut geheizten Lehrsaal machte, während der Ausbilder zusah, schien es erheblich unkomplizierter als in einer Gasse, besonders, wenn so viele Pullover im Spiel waren. Wer auch immer Erste Hilfe erfunden hatte, hatte dabei nicht an Mrs. Tachyon gedacht.
    Yo-less kniete sich zögernd hin. Er tätschelte Mrs. Tachyon vorsichtig, und etwas fiel aus einer ihrer vielen Taschen. Es war eine Portion Fisch und Fritten, in ein Stück Zeitung gewickelt.
    »Sie ißt immer Fritten«, sagte Bigmac. »Mein Bruder sagt, sie holt das alte Einwickelpapier aus den Mülleimern, um nachzusehen, ob noch Fritten drin sind. Ih.«
    »Äh…« sagte Yo-less verzweifelt, während er versuchte, einen Weg zu finden, Erste Hilfe zu verabreichen, ohne etwas anzufassen.
    Schließlich rettete Johnny ihn und sagte: »Ich weiß, wie man den Notruf wählt.«
    Yo-less seufzte erleichtert. »Ja, stimmt«, sagte er. »Ich bin auch ziemlich sicher, daß man die Leute nicht bewegen darf, weil vielleicht etwas gebrochen ist.«
    »Was denn? Die Kruste?«

2 - Mrs. Tachyon
     
    Mrs. Tachyon war schon immer dagewesen, solange Johnny sich erinnern konnte. Und sie war schon obdachlos gewesen, bevor Leute überhaupt über Obdachlose sprachen, obwohl sie statt eines Obdachs immerhin ihren Einkaufswagen hatte.
    Und das war kein normaler Einkaufswagen. Er sah größer aus, die Gitter waren dicker. Und es tat höllisch weh, wenn einem Mrs. Tachyon den Wagen in den Rücken rammte, was sie ziemlich oft machte. Nicht, daß sie es böse gemeint hätte – sehr wahrscheinlich nicht –, aber auf dem Planeten Tachyon gab es einfach keine anderen Leute.
    Zum Glück quietschte eines der Räder. Und wenn man nicht daran dachte, zur Seite zu springen, wenn man das
Quietsch

quietsch

quietsch
kommen hörte, gab es immer noch ihren Monolog, der einen warnte.
    Mrs. Tachyon redete ununterbrochen. Man wußte nie genau, mit wem eigentlich.
    »… und ich sach, das hast
du
gesacht, ja? Das
glaubste
vielleicht. Das könnte ich auch noch, wenn se mir beide Hände auffem Rücken fesseln, sach ich. O ja! Erzähl das ma Sid! Du bist so dünn wie’n Strich inner Landschaft, sach ich. O ja! Das hamse mir abgewöhnt. Sach das denen ma, denen in Uniform. Mann, das schüttet vielleicht!«
    Aber oft murmelte sie auch nur vor sich hin und hob die Stimme nur zu dem einen oder anderen triumphierenden Schrei wie »Ich hab’s doch gesacht!« oder »Das
glaubste
vielleicht!«
    Der Einkaufswagen mit dem quietschenden Rad konnte zu jeder Tages- oder Nachtzeit hinter einem auftauchen. Niemand wußte, wann man ihn zu erwarten hatte. Und niemand wußte, was in all diesen Mülltüten war. Mrs. Tachyon wühlte oft in Mülleimern herum. Daher wollte es auch niemand genau wissen.
    Manchmal war sie wochenlang verschwunden. Niemand wußte, wohin sie ging. Und dann, gerade wenn sich alle ein bißchen entspannten, war das
Quietsch

quietsch

quietsch
wieder hinter einem, und dieser stechende Schmerz im Rücken.
    Mrs. Tachyon fischte auch Sachen aus dem Rinnstein. So war sie vermutlich an Satan gekommen, mit einem Fell wie eine Teppichunterlage, den abgebrochenen Zähnen und einem Rückgrat wie ein Bumerang. Wenn Satan lief, was nicht oft geschah, weil er lieber im Einkaufswagen fuhr, dann lief er
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