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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble
Autoren: Hen Hermanns
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so gern in fremde Hälse schaute, in den Brustkorb. Es sah aus wie eine Reflexbewegung, auf die Wachsmuth keinen bewußten Einfluß hatte, und es machte ein sehr häßliches, dumpfes Geräusch. Roter glasiger Schaum blubberte aus dem Mund des Jungen. Eine blutige Seifenblase stieg sanft in die kühle Nachtluft und zerplatzte lautlos. Für weitere Folgen würde dieser Serienkiller nicht mehr zur Verfügung stehen. Wachsmuth war jetzt wieder mit seiner Mission allein.

    Ein kleiner Ast gab unter meinen Füßen knackig seinen Geist auf. Wachsmuth hörte es, sah mich, griff schnell nach der auf dem Boden liegenden Pistole des Highway-Killers und schoß sofort. Ich wartete darauf, daß jetzt im Zeitraffer noch mal mein ganzes Leben vor mir ablaufen würde, und hoffte, daß mir die peinlichsten Stellen erspart blieben, aber es lief überhaupt nichts ab. Der Highway-Killer hatte voll auf seine Nahkampftechnik und sein Messer gesetzt. Um seine Opfer einzuschüchtern, hatte ihm eine Schreckschußpistole gereicht. Wachsmuth warf sie weg und kam mit diesen schrecklichen Tanzschrittchen auf mich zu. Ich zog die Magnum aus der Jacke, zielte auf den Boden vor Wachsmuths Füßen und drückte ab. Die Kugel knallte irgendwo weit hinten gegen einen Baumstamm und schwirrte dann als Querschläger durch die Nacht. Das zum Thema Magnum light.
    »Das Ding hier ist echt«, sagte ich, und Wachsmuth sah mich überrascht an, weil ich deutsch sprach.
    »Und jetzt beruhigen Sie sich, Herr Wachsmuth. Ich bin auf Ihrer Seite.«
    Wachsmuth setzte sich auf den Boden und schluchzte.
    »Ich wollte ihn nicht umbringen, er war doch einer von uns.«
    »Er hat einen Fehler gemacht, Sie können nichts dafür. Aber jetzt bin ich ja hier.«
    Wachsmuth schlug die Hände vors Gesicht und wimmerte.
    Sein Körper zuckte, und dann ließ er sich auf die rechte Seite sinken und nahm eine Embryohaltung ein und heulte wie ein junger Hund. Ich ließ ihn heulen und wartete geduldig darauf, daß er sich wieder einkriegte.
    Endlich stand er wieder auf, nahm seine Brille ab und wischte sie an seinem Pullover sauber.
    »Warum habt ihr mich so lange warten lassen?« fragte er.
    »Es ist was dazwischengekommen«, improvisierte ich. »Jetzt fahren wir erst mal zu deinem Haus und reden darüber, wie alles weitergeht.«
    »Gut«, sagte Wachsmuth, »ich muß nur noch mal schnell pinkeln.«
    »Beeil dich«, sagte ich. Wachsmuth verschwand im Unterholz. Der Highway-Killer saß still da und sah mich aus weißen Augen an. Ich drückte die Augen zu und untersuchte seine Taschen. Ich fand einen Autoschlüssel, ein paar Dollar und ein ziemlich fies aussehendes Messer. Keine Papiere. Es war still. Zu still. »Erwin! Jetzt komm endlich!«
    Aber Erwin kam nicht. Dann hörte ich ein Auto und wußte, daß ich unerhört doof war. Als ich den Waldweg erreichte, war Wachsmuths Chevy natürlich längst weg. Ich raste ihm nach und fuhr wie der Teufel, aber ich holte ihn nicht ein. Er war nicht in seiner Lodge, und er kam auch nicht. Ich wartete eine Stunde, und dann gab ich auf und fuhr zum Motel.

    Ich legte mich mit der kleinen Bourbonflasche aus dem Supermarkt aufs Bett und versuchte, irgendeine Art von Ordnung und Logik in den ganzen Schlamassel zu bringen. Wachsmuth war ein Hühner- und Katzenkiller, aber er war nicht der Highway-Killer. Den hatte er höchstpersönlich in einer Art Notwehr umgebracht. So weit, so schlecht.
    Offensichtlich hatte er den Kontakt mit dem Killer gesucht, weil er glaubte, in ihm einen Freund und Mitkämpfer gegen die Verschwörung des CNN gefunden zu haben. Einen gewaltigen Verfolgungswahn hatte er also. Die Frage war, wer diese Mitkämpfer aus Deutschland waren, auf die er wartete. Lebten die nur in seiner Phantasiewelt, oder gab es die wirklich? Der Verräter, von dem er gesprochen hatte, konnte Steffens sein. Dann hatte er ihn wirklich umgebracht. Und seine Eltern hatte er eventuell auch auf dem Gewissen. Vielleicht war er nach Mallorca gefahren, um da nach weiteren Verschwörern zu suchen. Den Dichter Jack Daniels hatte er dann wohl für einen dieser Roboter-Doppelgänger gehalten. Daniels hatte wahrscheinlich Glück, daß er noch lebte. Wie kam Wachsmuth auf diese CNN-Story? Vom CNN war natürlich während des Golfkriegs häufig die Rede gewesen. Aber es konnte ihm auch jemand einen Floh ins Ohr gesetzt haben. Diese Freunde aus Deutschland, auf die er wartete. Allerdings hatte er nie Freunde gehabt. Mir fiel nichts mehr ein. Und der kleine Mann im dunklen
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