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Maximum Trouble

Maximum Trouble

Titel: Maximum Trouble
Autoren: Hen Hermanns
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Jockey sich von mir verabschiedet hatte, war ich noch mal kurz im Supermarkt gewesen und hatte alles für ein nettes kleines Picknick im Unterholz besorgt. Um 16 Uhr verdrückte ich zwei weiche Bagels, ein großes Stück Cheddarkäse und ein Viertelpfund Kartoffelsalat. Das ganze wurde von zwei Dosen Budweiser begleitet. Ich beneide Menschen, die in Streß-Situationen unter Appetitlosigkeit leiden. Ich kann auch in den ärgerlichsten Situationen gut reinhauen, und mein Appetit steigert sich eher noch. Der Kartoffelsalat war ziemlich enttäuschend. Dabei ist es so einfach, einen anständigen Kartoffelsalat zu machen. Nachdem man die Pellkartoffeln geschält und geschnitten und mit Zwiebelwürfeln, Essig, Öl und Salatmayonnaise vermischt hat, gibt man noch zwei Eigelb und einen Schuß kochendes Wasser dazu. Dann braucht man nur noch einen Kühlschrank und 24 Stunden Geduld.
    Nach dem Essen zog ich das zweite Buch aus meiner Westentaschen-Bibliothek, Die Kunst des Krieges von Sun Tsu. Ebenfalls 8 x 11 cm klein und voller nützlicher Weisheiten. Ich blätterte ein bißchen darin herum, aber diesmal vergeblich. Das Büchlein verriet alles über die Auswahl der besten Spione, Angriffsstrategien, Belagerungstaktiken und Täuschungsmanöver, aber ein Kapitel über verrückte Millionäre, Katzenschlächter und Serienkiller hatte sich Sun Tsu geschenkt.
    Pünktlich um halb acht gingen im Haus wieder die Lichter aus und Wachsmuth startete zu seiner Abendspazierfahrt. Auch heute fuhr er wieder Richtung Los Angeles. Wieder fuhren wir 70 Meilen nach Harmony und zurück. Aber diesmal fuhr Wachsmuth nicht zu seiner Lodge, sondern hielt im Ort Big Sur, wendete, und fuhr zum zweitenmal Richtung Süden. Langsam ging mir diese Fahrerei auf die Nerven, und ich spürte auch schon wieder den Jet-lag in den Knochen. Wachsmuths Chevy verschwand nach einer Linkskurve hinter einem Waldhang. Als ich auch die Kurve hinter mir hatte, fuhr ich fast in seinen Wagen. Ich riß das Steuer herum und überholte ihn. Im Rückspiegel sah ich, daß vor Wachsmuths Auto eine Gestalt auf dem Boden lag, die jetzt aufstand und auf ihn zuging. Dann kam wieder eine Kurve, und ich sah nichts mehr. Ich fuhr in einen kleinen Waldweg, wendete und wartete. Fünf Minuten später rauschte der graue Chevy an mir vorbei, und ich klemmte mich dahinter. Diesmal fuhr er schneller als sonst. Und neben Wachsmuth saß einer. Wieder kam eine Kurve, die den Chevy verschluckte, und als ich sie auch genommen hatte, war er weg. Ich fuhr langsam weiter, bis ich auf der linken Straßenseite einen Waldweg sah. Ich fuhr hinein. Nach ein paar hundert Metern tauchte am Wegesrand der Chevy auf. Er war leer, und beide Türen standen offen. Wachsmuth und sein Begleiter machten in der stillen Nacht so viel Lärm, daß ich sie leicht ausmachen konnte. Sie krachten durch das Unterholz, und ich schlich ihnen vorsichtig nach. Wachsmuth ging voraus, sein Mitfahrer schien eine Pistole in der Hand zu haben. Wenn Wachsmuth der Highway-Killer war, hätte das eigentlich umgekehrt sein müssen. Ziemlich rätselhaft. Und dieser verdammte Wald tat sein Möglichstes, um das Ganze noch unheimlicher zu machen. Welcher Schöpfer auch immer diese Riesenbäume hatte wachsen lassen, wenn der von Bäumen sprach, dann hatte der auch Bäume gemeint. In Köln war es jetzt ungefähr sechs Uhr morgens und sicher wesentlich gemütlicher als hier. Plötzlich zerriß ein Schrei die Stille, sofern man bei dem Gezirpe und Gekeife der Waldbewohner von wirklicher Stille sprechen konnte. Aber es war ein menschlicher Schrei. Wachsmuth und der Mitfahrer tänzelten auf einer Lichtung umeinander herum. Ein Tanz mit dem Tod. Anscheinend hatte Wachsmuth dem anderen die Waffe aus der Hand geschlagen oder getreten und ihm dabei etwas gebrochen, denn der rechte Arm baumelte nutzlos herunter. Aber so wie der Typ jetzt auf Wachsmuth losging, sah es aus, als könnte er ihn auch mit links fertigmachen. Auch er mußte ein Nahkämpfer sein, und zwar ein verdammt gefährlicher. Er war so groß wie Wachsmuth und sah aus wie der nette amerikanische Junge von nebenan, mit dem man gern auf der Veranda sitzt und ein Sixpack leertrinkt und über Baseball redet. Er war drahtig und hatte Schultern, als würde er sein Leben ausschließlich mit Liegestützen verbringen. Der Mond strahlte wie ein Scheinwerfer auf die Lichtung, und ich hockte im Dickicht in der ersten Reihe und sah alles mit an. Der nette Junge von nebenan schlug so schnell mit der
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