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Maxi "Tippkick" Maximilian

Maxi "Tippkick" Maximilian

Titel: Maxi "Tippkick" Maximilian
Autoren: Joachim Masannek
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Rocce. Der brasilianische Zauberer begrüßte die Filzkugel lässig mit links, stieg mit rechts über sie drüber, tunnelte Felix, den Wirbelwind, wieder mit links und lupfte den Ball mit rechts über Juli „Huckleberry“ Fort Knox millimetergenau Richtung Leon. Der Torjäger zog schnörkellos ab. Mit dem Außenriss drehte er den Ball um die sich reckende und streckende Vanessa herum. Die Unerschrockene schoss in die linke Torecke hinab, als spränge sie in einen beheizten Pool. Doch sie konnte den Ball nicht erreichen. Sie schlug auf dem gefrorenen Pausenhofboden auf und sah hilflos zu, wie die Kugel gegen den „Innenpfosten“ des Schulranzen-Tores krachte. Dort eierte der gelbe Ball auf der Stelle, aber dann drehte er sich, langsam aber sicher auf die Torlinie zu. Fabi riss schon die Arme hoch in die Luft.

    „Heiliger Muckefuck! Leon, was für ein Tor!“
    Da tauchte Joschka, die siebte Kavallerie, aus dem Nichts auf. Im sensationellen Grätschentiefflug erwischte er in allerletzter Sekunde das Filz und katapultierte es im hohen Bogen auf das Spielfeld zurück. Und dort wartete Raban, der Held.
    „Ich hab ihn! Ich hab ihn!“, rief er und lief rückwärts vor der aus dem Himmel auf ihn zuschießenden Kugel davon.
    „Ich hab ihn! Ich hab ihn!“, rief er noch mal.
    Da stand ich neben ihm in der Luft. Mit einem Kung-Fu-Scherenschlag holte ich Schwung und schoss den Ball aus der Höhe von einem Meter fünfunddreißig volley aufs Tor.
    „WUUUUHH-SCHENNNNG!“, machte es und dann „BAMM!“.
    Der Ball schlug neben der reaktionslosen Vanessa ins Tor, donnerte gegen die Pausenhofmauer, die unser Netz war, und prallte „Bahoiiing!“ von ihr ab. „Daschepperdong!“, krachte die Kugel gegen die Mülltonnen in der Ecke und schoss dann auf das größte Fenster des Schulhauses zu: das Lehrerzimmerfenster.
    „Au Backe!“, zischte Fabi und wischte sich den Rotz aus dem Gesicht. „Weißt du was? Das war ein Jahrhunderttor, Maxi. Nur leider nutzt es dir nichts.“

    In diesem Moment schlug der Ball auf dem Fensterglas auf. Die Scheibe erzitterte. Es war ein dunkler, mächtiger, melodischer Klang und mit zusammengepressten Zähnen wartete ich auf das ihm folgende viel hellere Klirren. Doch das Klirren fiel aus. Die Mülltonnen hatten dem Schuss etwas von seiner Kraft genommen. Das Fenster hielt stand, und bevor einer der Lehrer in seinem Rahmen erschien, um den Übeltäter zu finden, ertönte der Schulgong und wir stürzten ins Schulhaus hinein.
    „Eins zu null! Wir haben gewonnen!“, triumphierte Rocce. „Maxi, was für ein Tor!“
    Ich strahlte mein berühmtes lautloses, grinsendes Lächeln. Schlotterbein und Tarzanschrei! Ja, so liebte ich es. So ging es mir gut und so wünschte ich mir, dass es mein Leben lang blieb. Doch fünf Minuten später stand ich vor der Klasse neben dem Lehrer und starrte durch meine Freunde hindurch gegen die Wand. Sie sollten alle ein Neujahrsgedicht von mir hören. Das hatte Herr Hochmuth, unser Lehrer, bestimmt. Doch aus meinem Mund kam kein einziger Laut.
    Meine Freunde grinsten erleichtert. Das sah ich aus den Augenwinkeln heraus. Sie hassten dieses Gedicht genauso wie ich und sie bewunderten meinen Mut, mich gegen das Aufsagen der blöden Verse zu wehren. Wie so oft hielten sie mein Schweigen für absolut wild. Sie schlossen Wetten darüber ab, wie lange ich dieses Mal durchhalten würde. Drei Minuten hatte ich schon geschafft. Da schnalzte Leon ehrfurchtsvoll mit der Zunge. Ich hatte die von Fabi gesetzte Zeit übertroffen. Leon hatte die Wette gewonnen und sein Grinsen steckte mich an. Auf meinem Gesicht entstand wieder mein berühmtes lautloses, grinsendes Lächeln. Das Lächeln des Mannes mit dem härtesten Schuss auf der Welt.
    Nur Herr Hochmuth zollte dieser Leistung keinen Respekt. „Was ist? Ich warte!“, ermahnte er mich jetzt schon zum dritten Mal. Seine Augen wurden zu leblosen Schlitzen und er zupfte immer nervöser an seinen Brauen herum. Das war, das wussten wir alle, ein unheilvoller Countdown.
    „Maxi!“, zischte Raban erschrocken.
    „Maxi! Das war wild genug!“, rief Vanessa.
    Jetzt wurde es höchste Eisenbahn für das Gedicht. Ja, und bisher hatte ich es auch immer geschafft. Ich hatte mich überwunden und mit zaghafter, zitternder Stimme die Verse gesagt. Aber jetzt, nach dem Silvestermitternachts-Schock, zitterten nur meine Lippen.
    „Ich hör nichts!“, drohte mein Lehrer. Er beugte sich so weit zu mir herab, dass ich mein Spiegelbild in seinen
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