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Mata Hari

Mata Hari

Titel: Mata Hari
Autoren: Enrique Gomez Carrillo
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Wunder! Denn diese Mutterschaft, von der sie eine Festigung und seelische Vertiefung ihrer Ehe erhofft hatte, dient nur dazu, sie immer mehr zu lockern und den Hauptmann völlig vom Wege der Pflicht zu entfernen. Er ist fast nie mehr zu Hause und verbringt sein Leben mit leichtsinnigen Männern und Dirnen. Er wird ein Spieler, ein Schuldenmacher und bringt schließlich sich und seine Frau an den Rand des Abgrunds. Diese Erinnerung scheint der Tänzerin besonders schmerzlich gewesen zu sein, als sie in den Memoiren davon sprach; ihr ganzer Stolz wird wach, und sie empört sich gegen diese Demütigungen; sie betont nachdrücklich ihre Herkunft nicht nur aus reicher, sondern auch aus vornehmer Familie; von einer Mißheirat könne daher keine Rede sein. »Meine Großmutter«, sagt sie, »war die Baronin Margarethe Winjbergen.« Auch Hauptmann Mac Leod ist, wie sie gleich hinzufügt, adeliger Abstammung, Neffe eines Admirals, und seine Familie spielt in der glorreichsten Epoche der schottischen Geschichte eine bedeutende Rolle. Aber weder das noch sonst irgend etwas gibt ihm das Recht, eine reiche Erbin aus erstem Hause wie eine Dienstmagd zu behandeln. Nein, noch weit schlimmer! Eine Magd, selbst die niedrigste, schickt man nicht zu Freunden, um von ihnen Geld zu leihen, noch dazu mit dem Befehl, jedes Schamgefühl zu unterdrücken, wenn das zur Erlangung des Geldes notwendig sein sollte ... Und Mata Hari nennt ausdrücklich einen gewissen Calisch, der ganz im Banne ihrer Augen stand und den sie besuchen mußte, um ihm eine für ihren Mann bestimmte Summe »abzuzapfen«. »Aber«, fügt sie hinzu, »ich bekam ein paar Tausend-Guldenscheine, ohne daß ich meinem Mann untreu zu sein brauchte.«
    Nach diesen peinlichen Ereignissen taucht das Paar plötzlich in Java auf. Der Hauptmann tut dort Dienste bei der Kolonialarmee, und der zukünftige Stern der europäischen Varietés bringt eine Tochter zur Welt: Johanna Luise.
    Kurz darauf stirbt ganz unerwartet und unerklärlich der kleine Norman eines schrecklichen Todes. Über dieses Ereignis sind fabelhafte Dinge berichtet worden. Und besonders den Schluß hat man höchst romantisch gestaltet. Danach sollte Margarethe Gertrud, als sie dank den Offenbarungen eines Wahrsagers erfuhr, ihr Kind wäre von einer eingeborenen Magd vergiftet worden, kurz entschlossen, ohne die Gerichte in Anspruch zu nehmen, die Giftmischerin mit eigener Hand erdrosselt haben. In den Memoiren liest man jedoch, die unglückliche Mutter hätte die wahre Todesursache des Kindes erst erfahren, als die Magd auf dem Sterbebette ihr Verbrechen beichtete.
    Nach dieser Tragödie verlegt das Ehepaar Mac Leod seinen Wohnsitz nach Benjoe-Biroe, in der Nähe von Semarang auf Java. Dort ist nun die Frau nicht mehr eifersüchtig, vielmehr wird es der Mann. Aber sie versichert, diese Eifersucht wäre völlig grundlos gewesen. Sie weist mit Nachdruck darauf hin, daß man später, anläßlich ihres Scheidungsprozesses nichts Nachteiliges gegen sie als Ehefrau hat anführen können.
    Immer widerwärtiger wird das Dasein für diese Frau, die fern der Heimat leben muß, ohne Hilfe, fast ohne Beziehungen, völlig den brutalen Launen eines sitten- und herzlosen Mannes ausgeliefert. Mit einer Frostigkeit, die ihr in Wut versetztes gedemütigtes und geschundenes Herz verrät, schreibt sie: »In Benjoe-Biroe schlug mein Mann mich zum erstenmal mit der Reitpeitsche.« Von diesem Tage ab wurden in ihren Briefen an den Vater die Klagen über schlechte Behandlung so häufig und schwerwiegend, daß Herr Zelle sich gezwungen sah, eine formelle Klage gegen seinen Schwiegersohn beim Kolonialgericht von Java einzureichen. Zur selben Zeit gibt er seiner Tochter den Rat, sie möge Zeugen für die empfangenen Schläge beibringen; mit solcher Hilfe würde sie dann leicht die Scheidung erreichen. Als der stolze Offizier hiervon erfährt, gerät er völlig aus Rand und Band; anstatt sich zu beherrschen, bedroht er seine Frau von nun ab nicht nur mit der Reitpeitsche, sondern mit dem Revolver; in einem Brief vom 3. August 1901 schildert Frau Mac Leod eine Szene, worin ihr wilder Tyrann sie zunächst anspeit, sie dann an den Haaren durch das Haus schleift, um sie schließlich mit seinem geladenen Revolver ernstlich zu bedrohen. Und jetzt nennt sie das Motiv dieser Handlungsweise. Ihr Peiniger ist in eine andere Frau verliebt und will seine Freiheit wieder haben, sogar um den Preis eines Mordes. »Er hat es mir selbst gestanden«, fügt sie
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