Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskenspiel

Maskenspiel

Titel: Maskenspiel
Autoren: Kelly Stevens
Vom Netzwerk:
gelegentlichen Angriffe.«
    »Angriffe? Mir wird ständig gesagt, ich sei viel zu nett und nachgiebig.«
    Christopher zwinkert mir doch tatsächlich zu. Durch die Lachfältchen um die Augen wirkt er plötzlich viel nahbarer. »Nur auf den ersten Blick, weil du es dir selbst einredest. Stille Wasser sind tief. Du bist das beste Beispiel, das mir bisher begegnet ist.«
    Hastig trinke ich meinen Kaffee aus. »Sollen wir gehen?«
    »Themenwechsel? Von mir aus.« Er winkt einem Kellner und reicht ihm seine Kreditkarte. »Wohin möchtest du denn?«
    Eigentlich habe ich gedacht, dass er nach Hause und ich wieder ins Büro gehen würde, um weiterzuarbeiten. Christopher scheint meine Gedanken jedoch erraten zu haben. »Du solltest dir London ansehen. Warst du schon in Covent Garden?«
    »Vor vielen Jahren mal.«
    »Hat es dir gefallen?«
    Wirklich erinnern kann ich mich nicht mehr, aber ich nicke.
    »Also los.« Er ergreift sein Jackett, und ich folge ihm. »Wollen wir laufen? Es sind nur ein paar Minuten.«
    »Gerne.« Mit Christopher würde ich auch gerne länger spazieren gehen. Er berührt mich nicht, aber er passt seine Schritte meinem Tempo an.
    Viel zu schnell sind wir in Covent Garden angekommen. Auch hier ist wieder viel los: Gaukler und Jongleure haben Menschentrauben um sich versammelt, Neugierige und Touristen schieben sich durch die Menge. Wir schauen einige Minuten zwei jugendlichen Artisten zu, die eine Mischung aus Breakdance und Hebefiguren zeigen. Dann, als hätten wir uns abgesprochen, drehen wir uns beide gleichzeitig um und gehen auf die Markthalle zu. Es gibt viele kleine Geschäfte, und Christopher scheint es nicht zu stören, wenn ich ab und zu stehenbleibe und schaue.
    In einem der Innengänge sind Stände mit Handarbeiten ausgestellt, selbstgemachte Kerzen, Seifen, Näharbeiten und Ähnliches. Wir schlendern den Gang entlang, bis ich plötzlich einen Tisch sehe, der mit schwarzer Seide dekoriert ist. Darauf liegen einige Masken, bunt bemalt und kunstvoll verziert mit Bändern, Perlen, Glassteinen und Federn. Ich ergreife wahllos eine, drehe sie in den Händen und lege sie wieder zurück.
    Sofort spricht mich die Verkäuferin an. »Wunderschön, nicht wahr? Echte venezianische Handarbeit. Ich importiere sie selbst. Jedes Stück ist ein Unikat.«
    »Danke.« Ich drehe mich um, um zu gehen, aber Christopher ist stehengeblieben. Ich folge seinem Blick und sehe, dass in der Ecke des Tisches der Kopf einer Schaufensterpuppe aus schwarzem Plastik steht, die eine der Masken trägt. Sie ist filigran gearbeitet, ein Traum aus goldenen, silbernen und bronzefarbenen Verzierungen auf goldenem Grund.
    »Möchten Sie sie mal anprobieren? Die dürfte Ihnen genau passen.« Schon hat sie dem Puppenkopf die Maske abgenommen und mir gereicht. Sie fühlt sich ganz leicht an. Ich setze sie auf und ziehe das Gummiband stramm.
    »Hier, schauen Sie.« Die Verkäuferin drückt mir einen Spiegel in die Hand. Er ist zu klein, um wirklich gut sehen zu können, aber ich fühle, dass die Maske passt. Die schwarzen Federn, die daran befestigt sind, wippen leicht mit jeder Bewegung meines Kopfes.
    Christopher beobachtet mich mit unergründlichem Gesichtsausdruck. Ich nehme die Maske ab und halte sie in den Händen, unschlüssig. Sie ist wirklich sehr schön, aber auch sehr teuer.
    »Wenn sie dir gefällt, kaufe ich sie dir«, sagt er plötzlich.
    »Oh nein, das könnte ich niemals -«
    »Sie passt zu dir. Du musst sie nehmen.«
    Ich setze die Maske noch einmal auf und schaue in den Spiegel. Eine Fremde schaut zurück, eine geheimnisvolle, bildschöne Fremde. Wieso denkt Christopher, dass diese Maske zu mir passt?
    »Du solltest sie für einen Mann tragen.«
    Ich schlucke. Meint er damit irgendeinen Mann? Für Christopher allerdings könnte ich mir schon vorstellen … Mein Mund wird ganz trocken. Ich fahre mir mit der Zunge über die Lippen. Neben mir zuckt Christopher merklich zusammen.
    »Was würde denn deine Frau dazu sagen?«, frage ich, plötzlich mutig.
    »Ich bin nicht verheiratet.«
    Mein Herz setzt einen Freudenschlag lang aus. Andererseits, das heißt heutzutage nichts. Er könnte trotzdem eine Partnerin haben, eine Freundin oder Verlobte.
    Sanft nimmt er mir die Maske ab und reicht sie der Verkäuferin, zusammen mit einem Bündel Geldscheine. »Wir nehmen sie.«

    Nach dem Wochenende kommt mir die nächste Woche unendlich lang vor. Charlie hat meine Ergebnisse Montagmorgen im Meeting präsentiert und stolz darauf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher