Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maskenball

Maskenball

Titel: Maskenball
Autoren: Arnold Kuesters
Vom Netzwerk:
hämische Gelächter abrupt abreißen, nur von oben dröhnte die Karnevalsmusik unvermindert hinunter in die Katakomben. Carina Bommels war mitten in der Bewegung erstarrt: Ein lustig bunter Harlekin mit schiefem Hut und vor Entsetzen verzerrtem Gesicht. Sie merkte nicht, wie ihre Beckenmuskeln langsam dem Druck ihrer Blase nachgaben.
    Vor ihr auf dem nassen, kalten Boden lag ein Mann, den leblosen Oberkörper halb über die Kloschüssel gebeugt. Eine Hand hing schlaff im Wasser der laufenden Spülung. Auf seinem Hinterkopf trug er eine verrutschte winzige Melone aus billiger schwarzer Pappe mit einem schmalen roten Dekorband, an dem eine gelbe Feder befestigt war. Soweit zu erkennen war, seine einzige Verkleidung. Sein Kopf lehnte mit weit aufgerissenen Augen an der Wand zur Nachbarkabine, nur ungenügend gestützt von der schmutzigen Klobürste, deren Stil sich zwischen Ohr und Hinterkopf geklemmt hatte. Die Füße des Mannes lagen so verdreht, dass es so aussah, als habe er sich inmitten durchweichter Toilettenpapierreste in einer absurden Umarmung um die Kloschüssel gelegt.
    »Da, da, da.« Carina Bommels konnte nur stammeln und deutete vage auf die gekrümmte Gestalt zu ihren Füßen, deren schäbiger, dunkelbrauner Anzug an den Hosenbeinen und am Jackett durchnässt war von der schmutzigen Pfütze, die auf dem Boden der Kabine stand.
    Irgendjemand schob Carina Bommels unsachte zur Seite und versuchte die Kabinentür ganz aufzudrücken. Es war Mertens aus der Konstruktion. »Mein Gott, das ist doch der alte Feldges. Wir brauchen einen Arzt, schnell, und einen Krankenwagen, los, beeilt euch. Sanitäter, Sanitäter!« Mertens ließ seine Kollegin einfach stehen und rannte an der gaffenden Menge vorbei Richtung Treppe. Was hätte er denn auch anderes tun sollen?
    Carina Bommels brauchte jetzt dringend frische Unterwäsche.

IV.
    Ecki öffnete umständlich die Türe zu ihrem Büro und stellte vorsichtig eine prall gefüllte Plastiktüte auf seiner Schreibtischunterlage ab. Sein nächster Weg führte ihn direkt zum Fenster, dabei zog er sich seine pelzbesetzte helle Cordjacke aus. Betont auffällig riss er dann einen der unteren Fensterflügel auf. Dabei hätte er fast den Blumentopf mit einer mittlerweile halb verwelkten Cannabispflanze vom Fensterbrett gefegt. Der Topf war der letzte von mehreren, die die Kollegen vom Rauschgiftdezernat KK 14 vor einiger Zeit vorbei gebracht hatten, als »witzige Einstimmung auf Weihnachten«. Zunächst hatte sich das Grünzeug als resistent erwiesen gegen die Kaffeereste, die Ecki regelmäßig als Dünger entsorgt hatte. Nach und nach waren die Pflanzen allerdings eingegangen.
    Ecki brummelte etwas Unverständliches vor sich hin und schob den Topf halbherzig zurück.
    Eigentlich hatte Ecki ein Händchen für Pflanzen. Im Büro der beiden Kriminalhauptkommissare war es daher auch deutlich grüner als in den anderen Arbeitsräumen des Mönchengladbacher Polizeipräsidiums an der Theodor-Heuss-Straße. Dass die eingetopften Cannabispflanzen schließlich allesamt die Blätter hatten hängen lassen, lag daher gewiss an Eckis natürlicher Abneigung gegen Drogen. Franks Kollege hatte dafür andere Laster. So konnte er kaum an frischen Hefeteilchen vorbei gehen. Noch dazu, wenn sie mit reichlich Zuckerguss überzogen waren. Es gab kaum einen Tag, an dem er nicht eine Tüte mit Nussschleifen, Rollkuchen oder Nussecken auf dem Armaturenbrett ihres Dienstwagens liegen hatte. Dabei hielt Michael Eckers schon seit Jahren sein Gewicht. Um fit und schlank zu bleiben, ging er nicht nur regelmäßig mit Kollegen ins benachbarte Sportzentrum zum Beachvolleyballspielen, sondern er hielt seinen muskulösen Körper auch mit Joggen und Gewichtheben in Form.
    Frank beneidete seinen Freund und Kollegen um dessen konsequentes Training. Viel zu selten nahm sich Frank die Zeit, um für seine eigene Fitness zu arbeiten. Das blieb dann auch nicht ohne Folgen – er war schnell anfällig für eine Erkältung. Außerdem machte sich das lange Sitzen am Schreibtisch durch einen Bauchansatz deutlich bemerkbar. Lisa hatte ihn in den vergangenen Wochen schon mehrfach damit aufgezogen, dass offensichtlich nicht nur sie alleine schwanger sei. Jedes Mal hatte er sich über die spitze Bemerkung geärgert, aber viel mehr war dann auch nicht passiert. Außer vielleicht, dass er sich vorgenommen hatte, auch wieder mit dem Joggen anzufangen. Das Problem war nur, er bekam nach Feierabend einfach nicht den Hintern hoch.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher