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Marzipaneier (Junge Liebe)

Marzipaneier (Junge Liebe)

Titel: Marzipaneier (Junge Liebe)
Autoren: Manuel Maier
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Medizin studiert und Mum forscht an der Uni für Biotechnologie. Coras vorbildliches Abi macht es für mich keineswegs einfacher, besonders nicht, weil alle von mir bessere Noten gewohnt sind. Doch was sich schon gegen Ende des letzten Schuljahres abgezeichnet hatte, setzt sich in diesem Jahr zu meinem Unglück fort. Wahrscheinlich weil ich fauler geworden bin.
    Es kommt, wie ich es befürchtet habe. Mum rastet völlig aus. Klar, irgendwie ist es verständlich. Außerdem weiß sie seit gestern, dass Cora kommende Woche nicht nur zur Erholung nach Frankreich reist, sondern ein ganzes Jahr nutzt, um dort als Au-pair-Mädchen zu arbeiten. Wenn es möglich ist, will sie auch das ein oder andere Semester dort studieren. So hat Mum niemanden mehr, der ihr gegen uns drei Männer den Rücken stärkt. Es lag zwar schon ewig in der Luft, aber so richtig wollte sie es nicht wahrhaben. Die fleischgewordene Mutter Beimer aus der Lindenstraße sozusagen.
    Wir einigen uns darauf, Nachhilfe zu nehmen. Was zu retten ist, soll ihrer Meinung nach noch aus mir herausgeholt werden. Auf die Schnelle fällt ihr nur Onkel Ben ein. Das zeigt mir den Ernst der Lage auf, denn ohne Grund würde Mum niemals wollen, dass ich ausgerechnet bei Ben Nachhilfe bekomme. Sie und er führen des öfteren ihre kleinen privaten Fehden gegeneinander. Alles was ich weiß, ist, dass er eine ziemlich wilde Jugend hinter sich haben muss, über die man sich bei uns selbstverständlich totschweigt, denn die Familie ist heilig, egal was vorgefallen sein mag.
    Ben ist der jüngere Bruder meines Vaters und als Bankkaufmann hier in Frankfurt hauptsächlich mit der Börse und Aktien beschäftigt. Für mich ist er eher ein Kumpel, als ein Onkel. Mit seinen gerade einmal 28 Jahren ist er grob gesehen nicht viel älter als ich und im Grunde verstehen wir uns gut. Aber deshalb mit ihm lernen? Ich habe ein ungutes Gefühl dabei. Na ja, ich werde es schon irgendwie hinter mich bringen.
    Die Straßenbahn ist für gewöhnlich um diese Zeit überfüllt und die Busse sind versifft. Es ist nicht besonders lustig damit durch die Stadt zu fahren. Ich habe mich in die vorderen Reihen gesetzt, denn zu allem Überfluss ist auch Verena in der Bahn. Ein unbeliebtes Mädchen aus meiner Klasse.
    Nun bin ich also auf meinem Weg zu „Onkel“ Ben. Ich nenne ihn schon Ben seit ich denken kann, er sich selbst ja auch. Nur meine Eltern haben was dagegen, wenn ich ihn mit seinem Spitznamen rufe. Wichtig ist ihnen vor allem das Wort „Onkel“. Darauf legen sie besonders großen Wert. Dabei stellt man sich unter einem Onkel einen Mann mittleren Alters vor und nicht einen jungen Beau. In dieser Beziehung sind sie meiner Meinung nach viel zu spießig. Heutzutage ist es doch normal, nicht mit seinem vollständigen Namen angesprochen zu werden. Meine Freunde sagen oft nur Den oder Jacobi zu mir. Ich kann daran nichts Schlimmes erkennen. Mum und Dad haben eine große Abneigung gegen Kürzel. „Wenn wir gewollt hätten, dass ihr kurze Namen habt, hätten wir euch welche gegeben“ bekomme ich immer wieder mit einem Augenrollen zu hören – es ist wie ein Leierkasten. Sie drehen ja schon durch, wenn ich Julian nur Jay nenne.
    Ich glaube, ich habe Ben während seiner Abwesenheit richtig vermisst. Er ist cool drauf und ich hab oft versucht, mir was von ihm abzukupfern. Was das Selbstbewusstsein angeht, habe ich das geschafft. Wir haben viel Mist miteinander angestellt. Wir haben zusammen Tennis gespielt, wahrscheinlich nur, weil er immer gewonnen hat, oder er hat mich mit seinem Cabriolet durch die Gegend gefahren, was besonderen Eindruck auf meine Freunde gemacht hat.
    Aber als ich knapp 14 war, ging er ins Ausland. Tja, Connections muss man haben. Kurz vor Ostern ist er in diesem Jahr wieder zurückgekommen. Er hat die bedeutendsten Orte der Welt gesehen. Hier in Frankfurt am Main zu bleiben ist trotzdem besser, als ständig irgendwo in der Weltgeschichte rumzudüsen. Er hat nicht vergessen, wie wahnsinnig ich Marzipaneier liebe. Die Zeit im Ausland hat ihn verändert. Souveräner ist er geworden und er hat versucht, seine kindliche Ader teilweise abzulegen – mit 28 wird’s vielleicht allmählich Zeit dafür. Außerdem ist er der Geilomat schlechthin. Er sieht männlicher aus als früher. Einfach heiß.  
    Die Türen der Straßenbahn öffnen sich quietschend. Verwirrt verlasse ich die Bahn und gehe noch etwa fünf Minuten zu Fuß. Das Westend fasziniert durch seine hohen Bankgebäude und gilt
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