Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht

Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht

Titel: Mary, Tansey und die Reise durch die Nacht
Autoren: R Doyle
Vom Netzwerk:
nicht das schlechteste.«
    Sie überquerten den Fluss.
    »Wie heißt dieser Fluss?«, fragte Mary.
    »Der Slaney!«
    »Das ist noch haargenau derselbe Fluss.«
    »Mit neuem Wasser, würde ich sagen.«
    »Stimmt.«
    »Fast da!«
    »Oh, das wissen wir«, sagte Tansey. »Das wissen wir. Wir sind schon auf der Strecke nach Hause.«
    »Die könnte ich auswendig zurücklegen«, sagte Emer. »Jede kleine Kurve.«
    »Ich auch!«, sagte Scarlett.
    »Warum kenne ich die nicht?«, fragte Mary.
    »Was meinst du?!«
    »Irgendwie kennt ihr alle diese Strecke«, sagte Mary. »Ich aber nicht. Ich hab schon vom Hof gehört und so, aber ich war noch nie da. Oder?«
    »Nein, warst du nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Er wurde verkauft.«
    »Warum?«
    »Weil niemand mehr da war, um ihn zu bewirtschaften«, sagte ihre Großmutter hinter ihr. »Baby James hat nie geheiratet. Ich glaube, er hatte Angst davor. Die Großmutter war eine großartige Frau, aber sie konnte ziemlich schwierig sein.«
    »Aber Tansey hat dort mit ihr gelebt!«, sagte Scarlett. »Oder, Tansey?«
    »Hab ich«, sagte Tansey. »Allerdings konnte ich damals auch ziemlich schwierig sein.«
    »Die Großmutter wurde erst mit dem Alter so schwierig«, sagte Emer.
    »So ist das meistens«, sagte Tansey.
    »Ist ja auch egal«, sagte Emer. »Ich schätze, dass Baby James deshalb gedacht hat, er könnte keine andere Frau ins Haus bringen. Aber bis die Großmutter starb, war er selber älter geworden.«
    Sie hustete, einmal.
    »Grundgütiger, dieses viele Gerede macht mich völlig fertig«, sagte sie.
    »Wer hat ihn eigentlich Baby James genannt?«
    »Was?«
    »Wir alle«, sagte Emer. »So hieß er eben.«
    »James das Baby , oder wie?«
    »Er war immer Baby James.«
    »Und da habt ihr erwartet, dass irgendwer ihn heiraten würde? Einen Mann, der Baby James genannt wurde?«
    Im Wagen herrschte Stille.
    »Na gut, ich verstehe, worauf du hinauswillst«, sagte Emer. »Tja. Armer James.«
    Scarlett ergriff das Wort, als alle aufgehört hatten zu lachen.
    »Wer hat den Hof gekauft?«
    »Was?«
    »Wer hat den Hof gekauft?«
    »Weiß ich nicht mehr.«
    »Ich hab den Namen mal gewusst!«, sagte Scarlett. »Ich glaube, es war …«
    »Jetzt fällt’s mir wieder ein«, sagte Emer. »Es waren die Furlongs.«
    »Die hatten das Gehöft weiter die Straße rauf!«
    »Stimmt«, sagte Tansey. » Coolnamana hieß das, glaube ich.«
    »Ganz genau«, sagte Emer.
    »Und die haben unseren Hof gekauft, ja?«
    »Haben sie«, sagte Emer. »Da war Ollie Furlong mit seinen vier Söhnen. Und James, das arme Baby – Entschuldigung, James der Mann –, hatte früher mit Ollie Hurling gespielt, und er war alleinstehend und hatte niemanden, der für ihn arbeitete. Und dann, seht ihr, brach er sich den Arm. Er hat sich immer irgendwelche Knochen gebrochen, James der Mann. Deshalb …«
    »Hat er an Ollie Furlong verkauft.«
    »Nein«, sagte Emer. »Zunächst nicht. Er liebte den Hof, also hielt er ihn in Schuss. Aber dann, als es ihm einfach zu viel wurde, da gab er ihn auf. Traurig war das.«
    »Wo hat er danach gelebt?«, fragte Mary.
    »Er blieb auf dem Hof«, sagte Emer. »Na ja, er starb dann aber bald.«
    »Fast da!«
    »Das ist ein ordentlich breiter Weg.«
    »Wer wohnt jetzt dort?«
    »Keine Ahnung«, sagte Emer. »Irgendein Furlong, nehme ich an. Oder jemand, der zu einem Furlong gehört.«
    »Oder gar niemand.«
    »Leer stehend?«, sagte Tansey. »Nein, das kann nicht sein. Es war ein so prächtiges Haus. Da muss jemand drin wohnen.«
    »Und wir«, sagte Mary, »platzen da einfach so rein, für einen kleinen Plausch nach Mitternacht, oder was?«
    »Es ist ein wenig merkwürdig.«
    »Die hetzen die Hunde auf uns«, sagte Tansey.
    Mary hörte ein kleines Wimmern. Sie drehte sich um und sah ihre Großmutter – eher das Gesicht ihrer Großmutter –, und den Schrecken, der sich darauf abzeichnete.
    »Na, na«, sagte Tansey, und Mary beobachtete, wie sie Emers Arm tätschelte. »Wir lassen es einfach. Überhaupt, wie bescheuert sind wir denn? Zu glauben, wir könnten mitten in der Nacht bei einem Wildfremden an die Tür klopfen.«
    »Wir könnten warten, bis es hell wird.«
    »Wo?«
    »Im Auto!«
    »Aber das dauert noch Stunden«, sagte Emer. »Und da ist noch was.«
    »Und das wäre, Liebes?«
    »Ich möchte weder im Dunkeln noch bei Tageslicht über einen Hof voller Windhunde laufen. Das mache ich nicht – selbst wenn ich laufen könnte.«
    Der Wagen wurde wieder langsamer. Mary beobachtete, wie ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher