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Marlene Suson 2

Marlene Suson 2

Titel: Marlene Suson 2
Autoren: Der Mitternachts-Lord
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ruhiger. Seine Hand umklammerte ihre wie ein Schraubstock.
    „Ich bin Arlington“, stieß er ein paarmal hervor. „Ihr müßt mir glauben. Ich sage euch doch, ich bin Earl . . . Arlington“
    Dann wieder rief er verzweifelt nach einer gewissen Rachel. Meg spürte einen seltsamen Stich in der Herzgegend. War diese Rachel seine Frau? Oder seine Mätresse?
    Als die Sonne aufging, war Meg sicher, daß ihr mitternächt- licher Besucher diesen neuen Tag nicht überleben würde. Tiefes Mitleid erfaßte sie. Was für ein trauriges Schicksal, so einsam und allein in der Fremde zu sterben – weit weg von Rachel, nach der er immer wieder rief. Niemand würde sein Grab besuchen und pflegen.
    Wieder schrie er gepeinigt auf. „Warum glaubt ihr mir nicht? Ich schwöre bei Gott, ich bin . . . Earl . .. Arlington.“
    Traurig prägte Meg sich diese Worte ein. Wenn sie und Josh ihn begruben, würde sie wenigstens seinen Namen auf das Holzkreuz schreiben können.

3. KAPITEL
    Als Stephen ganz allmählich aus den Tiefen der Bewußtlosigkeit auftauchte, hörte er wieder diese wunderbare Stimme. Sie war leise, melodisch und so ungeheuer tröstend. Gewiß war es die Stimme eines Engels.
    Immer wieder hatte er diese Stimme gehört auf seiner qualvol- len Reise durch Schmerz und Dunkelheit. Und er hatte auch die sanfte Berührung einer Hand gespürt, die ihm Halt und Schutz gegeben hatte, als die schrecklichen Alpträume ihn verschlingen wollten.
    Vielleicht, dachte er verschwommen, gehören diese süße Stimme und die sanfte Hand meinem Schutzengel.
    Es kostete ihn fast übermenschliche Kraft, seine verklebten, brennenden Augen zu öffnen. Als es ihm schließlich gelungen war, dauerte es noch eine Weile, bis sein Blick sich klärte und er die Frau erkannte, die sich über ihn beugte.
    Tiefe Enttäuschung beschlich ihn. Sie sah nicht aus wie ein Engel.
    Ganz und gar nicht. Ihr besorgtes Gesicht war schmal und unscheinbar – die Nase zu klein, und die grauen Augen waren zu groß. Auch ihr Mund gefiel ihm nicht. Die Oberlippe war zu schmal und die Unterlippe zu voll.
    Sie wirkte erschöpft. Ihre Augen waren vor Müdigkeit ganz trübe und hatten dunkle Ränder.
    Stephen schätzte sie auf Anfang Zwanzig. Ihr Haar war unter einer häßlichen Haube verborgen, die ihn an seine Großmut- ter erinnerte. Ihre Haarfarbe konnte er nicht erkennen, denn diese unkleidsame Haube umschloß ihren Kopf so dicht, daß auch nicht die kleinste Strähne hervorlugte. Gemessen an der Farbe ihrer Brauen war ihr Haar vermutlich von einem fahlen Hellbraun.
    Sie war ziemlich klein. Ihr grobes dunkelgrünes Kleid – ab-

getragen und formlos wie ein Sack – verriet nichts über den Körper darunter. Wahrscheinlich war er genauso mager wie ihr Gesicht.
    Sanft legte sie ihm die Hand auf die Stirn. Es überraschte Stephen, wie gut ihm diese Berührung tat, und es gefiel ihm gar nicht, als sie sie wieder fortnahm.
    „Ich bin noch am Leben“, krächzte er mit einer Stimme, die sich anhörte, als hätte er sie seit Jahren nicht mehr benutzt.
    Ihr plötzliches Lächeln ließ ihr Gesicht aufleuchten, und aus ihren Augen strahlte eine Wärme, die ihm bis ins Herz zu drin- gen schien. Jetzt wußte er, daß sie doch sein Schutzengel war. Er wußte es, noch bevor sie zu sprechen begann und ihre warme, melodische Stimme es bestätigte.
    „Ja, Sie sind noch am Leben – was mich außerordentlich überrascht.“
    „Wieso?“ krächzte er. Jeder Muskel in seinem Körper tat ihm weh, und sein Mund war so trocken, daß seine Lippen sich wie brüchiges Leder anfühlten.
    Das Lächeln auf dem Gesicht seines Schutzengels erlosch, und Stephen hatte plötzlich das Gefühl, als wäre die Sonne untergegangen.
    „Ein paarmal habe ich nicht geglaubt, daß Sie die nächste Stunde überleben.“
    „Ein paarmal? Wie lange bin ich denn schon hier?“ fragte Stephen besorgt. Er mußte doch weiter, sonst würden sie ihn einholen.
    „Vier Tage.“
    Das konnte doch nicht wahr sein! Es fiel ihm noch immer schwer, klar zu denken. Verständnislos starrte er hinauf zu den rohen Dachbalken über ihm. Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand und wie er hierher gekommen war. „Wo bin ich?“
    „Auf der Drake-Farm.“
    „Und wo ist das?“ krächzte er.
    „Das wissen Sie nicht?“ fragte sie überrascht. „Im Grenzland von Virginia.“
    Plötzlich fiel ihm alles wieder ein. Seine Flucht vor diesem sa- distischen Bastard Hiram Flynt über die Blue Ridge Mountains bis ins Grenzland, und die
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