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Mark Tate - 012 - Nachts gruselt's sich leichter

Mark Tate - 012 - Nachts gruselt's sich leichter

Titel: Mark Tate - 012 - Nachts gruselt's sich leichter
Autoren: W. A. Hary
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der Titel, mein Gebieter. Aber höre weiter:
     
    Die Parteien, Religionen versprechen uns das höchste Glück.
    Ideale in uns wohnen.
    Doch was bleibt davon zurück?
    Schönheit, Macht, Erfolg und Ehre.
    Vergehend’ Zeit wischt alles fort.
    Weltenmächte, Siegerheere
    Verlieren, es siegt dies’ eine Wort!
    Selbst Taten bleiben nie bestehn.
    Wie man sie auch werten mag;
    Die Spuren all’ im Sand verwehn;
    Sie enden in der Zeiten Grab.
    Was ist sie nun – die größte Macht?
    Des Daseins Dunkel einzig’ Licht’!
    Die allein nur glücklich macht –
    Sollt’ es sein, sie gibt es nicht?
    Doch – einzig sie das Leben schmückt.
    Als sprudelnd, Urquell uns’res Sein!
    Sogar im Tod’ sie uns beglückt –
    D i r Macht kann nur die Liebe sein!
     
    »Und merkst du, Gebieter, wie das Leben aus mir schwindet? Es gehört dir allein. Es ist mein Geschenk, denn nur der Tod führt mich zu dir. Spürst du meine Nähe? Harre aus! Nimm mich in deine eisigen Arme! Ich will deinen Todeshauch fühlen.«
    Mit verklärtem Gesichtsausdruck breitete sie die Arme aus.
    Sie brauchte nicht nachzudenken. Die Beschwörungen kamen wie von allein über ihre Zunge.
    Es war ihr, als würde Musik erklingen. Sie hörte sich schaurig an, vergrößerte jedoch nur Mariettas Glück.
    Sie, die Sklavin des Bösen, hatte sich vollends vom Menschsein abgewendet, und ihr Gedicht klang wie der reinste Hohn. Ihre Romantik war in Wahrheit die Romantik des Todes und Jenseitigen.
    Die Beschwörungen vertieften den Graben zwischen Mystik und Wirklichkeit. Das Licht, geboren aus den sie ringsum umgebenden Felsen, wurde rasch schwächer.
    Dennoch brauchte sie nicht ohne das Leuchten auszukommen. Es zog sich enger zusammen, beschränkte sich nur noch auf das Innere des magischen Kreises, verstärkte sich dort zusehends.
    Der Mittelpunkt war Marietta Bickford. Der bleiche Schein unterstrich ihr ungesundes Aussehen.
    Ihr Geist schickte sich an, den jungen Körper zu verlassen.
    Bevor dies jedoch eintrat, materialisierte direkt vor ihr der Dämon.
    Marietta hatte die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt, wo er hin und her rollte, im Rhythmus des sich wiegenden Oberkörpers.
    Sie spürte die Materialisierung und hob die Lider.
    Kasimir Cassdorf, der ehemalige Hexer, hatte jetzt seine menschliche Gestalt vollends abgelegt. Er präsentierte sich so, wie er war – als wahrhaftig gewordener Dämon.
    Er war größer als zu Lebzeiten. Seine Haut war ledrig und feuerrot. Sein langer Bart war gestutzt und ebenfalls rot. Die Augen wirkten wie glühende Rubine. Seine Ohren waren lang und spitz, die pechschwarzen Haare umgaben seinen Kopf wie eine Kappe. Die Augenbrauen bildeten ein scharfes V.
    Am schlimmsten hatte sich sein Körper verändert. Er wirkte asymmetrisch, monströs.
    Ein normales Mädchen hätte vor Schrecken einen Herzschlag bekommen.
    Nicht so Marietta.
    Verzückt himmelte sie das gräßliche Geschöpf, diesen Abgesandten der tiefsten Hölle, an.
    »Du siehst, Gebieter«, murmelte sie mit ersterbender Stimme. »Ich tue alles für dich.«
    Der Schreckliche lachte donnernd, daß die Erde erbebte. Er stampfte mit dem Fuß auf, der einem Pferdefuß glich.
    »Natürlich werde ich das tun. Ich giere deiner Lebensenergie entgegen und kann es kaum erwarten, daß du in mein Reich eingehst.«
    Zufrieden lehnte sich Marietta zurück. Sie ergriff die Enden der Decke und rollte sich hinein.
    Die imaginäre Sphärenmusik um sie herum lullte sie ein.
    Sie wußte, daß der Dämon bei ihr war, und das beruhigte sie.
    Ihr Geist entrückte. Von der Wirklichkeit nahm sie nichts mehr wahr.
    In fremde Dimensionen wurde sie versetzt.
    Alles war kalt und unangenehm. Schatten umhuschten sie. Fratzen erschienen, gräßlich anzusehen. Sie tauchten auf und verschwanden wieder.
    Die Kälte wich einer unglaublichen Hitze, die auf sie übergriff.
    Marietta erlitt alles geduldig.
    Ein Führer war an ihrer Seite. Dieser Führer rückte näher. Die Wand, die sich zwischen ihnen befand, schmolz mehr und mehr.
    Ewigkeiten schienen vergangen zu sein. Noch immer schwebte Marietta durch fernste Räume.
    Es kam der Zeitpunkt, an dem es keine Trennlinie mehr gab.
    Marietta fühlte sich zurückversetzt in die Höhle. Erstaunt schaute sie um sich.
    Da war der Kreidestrich, in Reichweite von ihr. Daraus erhob sich eine leuchtende Wand, bis zur Felsendecke hinauf.
    Jenseits dieser Wand bewegten sich undeutliche Gestalten. Sie schienen zu tanzen.
    Die allgegenwärtige Musik endete in
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