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Mark Tate - 011 - Ein Mager läßt die Puppen tanzen

Mark Tate - 011 - Ein Mager läßt die Puppen tanzen

Titel: Mark Tate - 011 - Ein Mager läßt die Puppen tanzen
Autoren: W. A. Hary
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Bredhouselegenden. Dann brauchst du nur die Seiten aufzublättern.«
    »Cummings«, rief ein anderer, »komm her! Alter, dein Typ wird verlangt!«
    Und Cummings kam. Er war angetrunken. Daß dieser Zustand bei ihm nichts Ungewöhnliches war, zeigten seine dicke rote Nase, das aufgedunsene Gesicht und die wäßrigen Augen. Die Kleidung des Mannes sah recht mitgenommen aus. Es tauchte unwillkürlich die Frage auf, wann Cummings sie zum letzten Mal zwecks Waschung abgelegt hatte.
    Ray Walsh kümmerte das nicht. Er sprang auf, nahm den Alten am Arm und führte ihn zu ihrem Tisch. Mit einer kleinen Verbeugung rückte er einen Stuhl zurecht. Cummings ließ sich schwer nieder. Seine kleinen wäßrigen Augen huschten wieselflink hin und her. Sie verharrten erst, als ein Schnapsglas vor ihm stand. Mit zittriger Hand griff er danach. Sobald die Hand das Glas berührt hatte, erstarb das Zittern. Gierig leckte sich der Alte die Lippen. Er wollte das Glas heben, aber die gebräunte kräftige Hand Rays verhinderte es.
    »Ich habe gehört, du bist ein Experte für Bredhousefragen«, murmelte er. »Den Schnaps als Vorschuß, wenn du dies unter Beweis stellst.«
    Sofort zog der Alte seine Hand zurück. Sein Blick wurde wieder unstet. Plötzlich zitterte er, als fröstele ihn. Oder hatte er etwa Angst?
    Die Umstehenden belauerten die Szene. Es war auf einmal totenstill in dem Pub. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
    »Ich – ich kann nicht«, krächzte der Alte heiser.
    Anstatt einer Antwort schob ihm Ray das Schnapsglas hin.
    Guy gab sich anders als gewohnt. Er erschien ungewöhnlich ernst. Und war sein Gesicht nicht seltsam bleich? Was war es, was Rays sprichwörtliche Ruhe erschüttert hatte?
    Es konnte nur der Alte sein.
    »Nein«, ächzte dieser kläglich. Jetzt war offensichtlich, daß er Angst hatte. »Die Kräfte der Vergangenheit sind wieder wach. Der Bloody River wird wieder seiner Bestimmung folgen. Ich spüre es deutlich. Viele Menschen werden diesmal die Opfer sein – mehr als jemals zuvor. Die Geisterarmee sucht noch Rekruten.«
    Das senile Geschwätz eines trunksüchtigen, abgewrackten Mannes?
    Die Gesichter der Umstehenden zeigten deutlich, daß sie anders darüber dachten. Sie alle waren in einer Umgebung aufgewachsen, in der der Aberglaube noch tiefe Wurzeln besaß. In ihren Köpfen wurden alte Geschichten wach, die sie schon als Kinder gehört hatten. Und der eine oder andere erinnerte sich vielleicht, daß er schon einmal vernommen hatte, welche traurige und schaurige Geschichte sich hinter dem Namen Bloody River verbarg.
    Ray warf einen schnellen Blick in die Runde. Er wußte, daß niemand lachen würde, wenn der Alte seine Geschichte los wurde.
    Guy hatte richtig gesehen. Rays Inneres war aufgewühlt, und es gab niemanden, der sich mehr darüber ärgern konnte als Ray selber.
    Was ist los mit mir? fragte er sich und fixierte wieder den Alten. Was meinte Guy, als er mich warnte? Was geht in diesem Bredhouse vor? Ist es ein normales Dörfchen, das ein wenig abgelegen liegt und selten einen Fremden zu Gesicht bekommt?
    Gewißheit, ja, Gewißheit brauche ich. Und die kann mir nur der Alte hier geben. Es gibt nur eine Alternative. Entweder alles entpuppt sich als eine der üblichen Spukgeschichten, die nur noch alte Weiber beim Stricken stören können, oder aber es zeigt sich, daß ein Körnchen Wahrheit drinsteckt. Im ersteren Falle werde ich befreit lachen können. Eines aber steht jetzt schon fest: Von einem Besuch in Bredhouse kann mich nichts mehr abbringen. Meine Neugierde ist dafür schon zu sehr geweckt.
    Er schob das Schnapsglas noch näher an den Alten heran. Ja, er ging noch einen Schritt weiter. Er nahm die Hand des Alten und führte sie zum Glas. Je näher die Hand ihrem Ziel kam, desto schwächer wurde die Abwehr des Alten, und als sie gar das Glas berührt hatte, gab es kein Halten mehr.
    Das Zittern erstarb wie auf Kommando. Mit einer geübten Bewegung brachte Cummings das Glas an die Lippen. Ein Ruck und der scharfe Inhalt floß wie ein Lavastrom hinunter, um sich in den bereits, vom Alkohol angefressenen Gedärmen zu sammeln.
    Cummings spürte die Wärme in seinem Innern und das unbändige Verlangen nach mehr.
    Seine Hand zitterte noch stärker als zuvor, als er das Glas absetzte. Dabei glitt es fast aus den klammen Fingern.
    »Flasche!« rief Ray, und das Bestellte wurde sofort gebracht. Der Wirt selbst bemühte sich. Er öffnete die Whiskyflasche sogar.
    »Hier, Alter, echter
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