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Mark Brandis - Aufstand der Roboter (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Mark Brandis - Aufstand der Roboter (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Titel: Mark Brandis - Aufstand der Roboter (Weltraumpartisanen) (German Edition)
Autoren: Mark Brandis
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unrecht tat. Hätte sich denn früher ein Hochseekapitän über den Verlust seines Schiffes hinwegsetzen können?
    Bevor ich in den allgemeinen Ruheraum hinüberging, warf ich einen Blick in das Cockpit. Im Vertrauen auf die Automatik hatte Captain Monnier die Lehne seines Pilotensessels – allen Vorschriften zum Trotz – zurückgeklappt. Seine Atemzüge waren die eines Schlafenden. Ich beschloß, es nicht zur Kenntnis zu nehmen. Auch er hatte schließlich ein Recht auf etwas Glück und Vergessen.
    Lieutenant Ibaka hatte hohes Fieber und war bewußtlos. Er lag mit geschlossenen Augen und schweißnasser Stirn auf dem Rücken, und seine ursprünglich ebenholzschwarze Haut hatte die graue Farbe von Asche angenommen. Antoine Ibaka, der Bordingenieur, stammte aus dem Kongo: ein sehniger, breitschultriger Mann mit den geschmeidigen Bewegungen eines spurtschnellen Hundertmeterläufers. Nun jedoch, seit knapp einer Woche, war er lediglich krank.
    Raumfieber: eine sehr allgemeine Bezeichnung für eine Krankheit, an der die Fachmediziner auch heute noch herumrätseln. Nicht einmal der Erreger läßt sich nachweisen.
    In der Art und Weise, wie sich das Raumfieber anfangs äußert, läßt es sich am ehesten mit dem Tiefenrausch eines Tauchers vergleichen. Auch der Astronaut wird auf einmal von einem unbeschreiblichen Glücksgefühl befallen, das ihn jegliche Vorsicht vergessen läßt. Drei oder vier Stunden später kommt es dann in der Regel zu einem plötzlichen Temperaturanstieg, der mehrere Tage anhalten kann. Fieberhemmende Medikamente zeigen keinerlei Wirkung. Der Arzt – falls er gerade zur Stelle ist – muß sich darauf beschränken, den Kreislauf des Erkrankten zu stützen. Ich konnte nicht einmal das. »Sorgen Sie dafür, daß er genug zu trinken bekommt, falls er danach verlangt!« sagte ich zu Lieutenant Stroganow. »Mehr läßt sich im Augenblick nicht für ihn tun.«
    Mit diesen Worten schickte ich mich an, den Ruheraum wieder zu verlassen, doch Lieutenant Stroganow ließ das nicht zu. »Sir«, sagte er, »warum sprechen Sie nicht aus, daß Lieutenant Ibaka keine Chance mehr hat?«
    Vor dem Cockpit drehte ich mich noch einmal um. »Raumfieber ist in den seltensten Fällen tödlich«, sagte ich kühl.
    »Richtig, Sir!« bestätigte Lieutenant Stroganow. »Vorausgesetzt, der Erkrankte befindet sich im Vollbesitz seiner physischen Kräfte. Ich bezweifle, daß die Voraussetzung in diesem Falle gegeben ist.«
    Der Navigator hatte recht. Es war höchste Zeit, daß ich aufhörte, mich selbst zu belügen, sondern eingestand, daß ich, Commander Mark Brandis, mit meinem Latein am Ende war. Der Hungertod im All stand im Begriff, sein erstes Opfer aus unserer Mannschaft zu fordern.
    »Sie meinen also«, sagte ich, »Lieutenant Ibaka wird sich nicht wieder erholen?«
    Stroganows Augen waren schmal und gerötet. Außerdem schimmerten sie feucht. »Ich meine«, erwiderte er, »daß es bereits das reinste Wunder ist, daß er überhaupt noch atmet.«
    Stroganow sprach, wie ich wußte, aus Erfahrung. Er war noch mit den alten Phönix-Raumschiffen gereist, deren letzte Exemplare seit geraumer Zeit in irgendwelchen Museen vor sich hin schliefen. Damals hatte man für einen Flug von der Erde zur Venus – nur um ein Beispiel zu nennen – noch hundertsiebenundvierzig Tage benötigt: mehr als doppelt soviel, wie Kolumbus einst für seine Seereise in die Neue Welt gebraucht hatte. Raumfieber war damals der ständige Begleiter gewesen.
    Nun erst fiel mir die zerdrückte Fotografie auf, die Ibaka in der rechten Hand hielt. Ich löste sie behutsam aus dem Zugriff seiner Finger und strich sie glatt.
    »Seine Familie, Sir.«
    »Ich weiß.« Lydia, Ibakas Frau, war mit den beiden Kindern auf der Venus zurückgeblieben. Was mochte aus ihnen allen geworden sein? Der Diktator schreckte, wie wir wußten, keinesfalls davor zurück, unschuldige Frauen und Kinder zu ergreifen, wenn er damit ihre Männer treffen konnte. Ich entsann mich nur zu gut, wie sehr Ibaka an seiner Familie hing. Und ich selbst? Ein paarmal mußte ich schlucken, bevor das würgende Gefühl, das mich plötzlich befallen hatte, nachließ.
    »Entschuldigung, Sir!« Stroganows Stimme klang erschrocken. »Ich hatte nicht daran gedacht –
    »Schon gut«, unterbrach ich ihn, »reden wir nicht mehr davon!« Ich gab ihm Ibakas Familienfoto zur Aufbewahrung, und einen flüchtigen Herzschlag lang fühlte ich mich ihm fast brüderlich verbunden. Er mochte an seine Frau Mascha denken
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