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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Autoren: Nicole Joens
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traurige Episode in seinem Leben hat, will er das Gespräch auch nicht so einfach abwürgen und entscheidet sich für einen leicht verlogenen Kompromiss.
    »I bin halt a Single. Wissts ihr, dass mehr als die Hälfte aller Münchner in Singlehaushalten leben?«
    Nö. Das wissen Anna-Sophie und Bene nicht. Die beiden Kinder interessiert im Moment auch eher die echte und wahre Geschichte vom Cowboy hinter dem grauen Unglücksschleier. Anna-Sophie fragt vorsichtig nach.
    »Hat sie dich verlassen?«
    »Nein.«
    »Hast du sie verlassen?«
    »Nein.«
    »Ja, was dann?«
    Bene ist ungeduldig geworden.
    »Es war halt dann einfach vorbei. Weiter is nix, zumindest nix, was man Kindern erzählen kann!«
    Dann redet Joe viel und ein wenig zu schnell über sein wunderbares Cowboyleben zwischen Molly und seinem Übungsraum, wo er seine Musik macht. Für einen Musiker sei es ohnehin gut, ein Single zu sein, denn nur ein Single würde wirklich gute Musik machen.
    »Unsere Mama spielt die Bratsche. Sie ist eine gute Bratschistin. Und sie hat uns!«
    Das ist Anna-Sophie nur so herausgerutscht. Aber Bene rammt seiner Schwester bereits warnend seinen Ellenbogen in die Seite und flüstert ihr schnell ins Ohr, dass für den Cowboy heute Tante Miriam ihre Mutter ist. Joe hat nichts gemerkt, denn er ist damit beschäftigt, seine eigene Lüge kunstvoll zu verkleiden. Dazu serviert er salbungsvolle Sätze über die Opfer, die er als Musiker im Namen der Kunst bringen müsste, und lässt seine Gitarre noch einmal das Solo aus den Lautsprechern jaulen. Die Geschwister tauschen wieder wissende Blicke. Joes Erklärungen für sein Singledasein klingen so erbärmlich, dass Anna-Sophie ihre Hand tröstend auf seine Schulter legt. Gerne darf der Cowboy jetzt mit zu ihrer Generalprobe im Kindergarten kommen, denn da gibt es jede Menge Kinder.
    »Kinder sind das allergrößte Geschenk. Das sagen Mama und Papa … Bene und ich, wir sind Mamas und Papas größtes Geschenk!«
    Bene fasst es nicht. Anna-Sophie treibt es echt zu weit. Aber der Cowboy merkt rein gar nichts.
    »Eure Eltern haben fei mit euch auch a verdammt großes Stück Himmelsglück gehabt. Net allen Paaren bringt der Storch glei zwoa mal hintereinand so nette Kinder! Jetzt samma glei da … «
    Molly ist fast am Ziel. Die schmalen Straßen Haidhausens sind mit leuchtenden Lichtgirlanden sowie mit Sternen und Tannen aus zahllosen kleinen Glühbirnen verziert.
    »Bitte! Ich möchte, dass du mitkommst!«
    Anna-Sophie meint es ernst, aber Joe gibt vor, dringend etwas besorgen zu müssen. In einer halben Stunde wird er wieder mit Molly vor der Tür stehen, wie mit der Mutter verabredet. Joe hält direkt vor Anna-Sophies Kindergarten, steigt aus und geht um den Wagen herum, um dem Mädchen die Tür zu öffnen.
    »Ich will aber da nicht alleine mit Bene rein.«
    Anna-Sophies Stimme klingt plötzlich unsicher.
    »Ich bleib hier bei dir! Ohne Papa und Mama geh ich nicht rein!«
    Trotzig verschränkt Anna-Sophie jetzt ihre Arme. Joe glaubt, eine Träne in ihrem Augenwinkel zu sehen, und versteht nicht, warum. Es war doch so abgesprochen. Und ja, die anderen ankommenden Kinder haben alle ein Elternteil mit dabei, manche von ihnen sogar Papa und Mama, aber Anna-Sophies Papa ist auf der Bohrinsel und die Mama bei der Hebamme.
    »Du sollst mitkommen, bitte!«
    Anna-Sophie hat begonnen zu weinen.
    »Ich find hier doch nie im Leben an Parkplatz!«
    »Tust du doch! Du musst den Parkplatzgott bitten. Wir wohnen um die Ecke. Wenn du bittest, dann fährt bestimmt gleich einer weg.«
    Anna-Sophie beginnt richtiggehend zu betteln. Joe könnte im Kindergarten behaupten, dass er ihr Onkel ist. Ganz viele Kinder haben einen Onkel, aber Bene und Anna-Sophie haben nur eine einzige Tante. Bitte. Bittebitte. Bittebittebitte. Augenaufschlag. Die Hände zum Gebet gefaltet und dem Cowboy entgegengestreckt. Anna-Sophies Art kann jeden Gletscher zum Schmelzen bringen. Joe gibt sich geschlagen.
    »Na gut! Aber dann gemma alle drei da nei! Du kommst a mit, Bene, weil alloa trau i mi des fei net!«
    Wenige Minuten später parkt Joe sein Taxi ein paar Straßen weiter. Es fallen jetzt auch in der Stadt zarte kristallene Flocken. Anna-Sophie steckt Papagena fürsorglich unter ihre Jacke. Gegen den eisigen Wind setzt Bene seiner Schwester ihre Mütze wieder auf. Als Anna-Sophie selbstverständlich Joes Hand nimmt, um die Straße zu überqueren, macht sich eine fette Kröte im Hals des Cowboys breit. Ein Gefühl der Rührung steigt
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