Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
Autoren: Nicole Joens
Vom Netzwerk:
in ihm auf und nimmt ihm die Stimme. Na, das passt ja zur kitschigen Dekoration, denkt Joe, und muss trotz der eisigen Kälte lächeln, als sie an der Billigbäckerei an der Ecke vorbeikommen, wo die Leute Schlange stehen, um Brot zum Feierabendpreis zu ergattern. Was für ein schönes Gefühl es ist, so ein kleines Mädchen an der Hand zu halten. Die Turmuhr schlägt; wenn sie pünktlich zur Probe kommen wollen, müssen sie sich beeilen.
    Es herrscht fröhlicher Tumult. Kleine Mädchen flitzen in Engelskostümen durch den Vorraum, einige Jungs haben sich Schaffelle umgehängt, und drei kleine Hirten spielen mit vergnügtem Geschrei im langen Flur des Kindergartens Fangen. Im Saal üben die Glockenspielanfänger und die älteren Kantelenspieler. Eine Kantele, so klärt Anna-Sophie Joe auf, ist eine kleine Harfe, wie sie die Engel auf den Wolken verwenden. Weiterhin gibt es eine stümperhaft bemühte Blockflöte in den Händen eines dicklichen Jungen, der Joe aufdringlich ins Gesicht bläst. Es ist die reinste musikalische Folter, wie auch Bene bekräftigt. Er war auch drei Jahre in diesem Kindergarten und hat ziemlich gelitten. Auch der Cowboy würde am liebsten das Weite suchen oder sich zumindest in den ruhigeren Flur stellen, doch Anna-Sophie hält eisern seine Hand fest. »Du musst mithelfen! Das machen immer die Papas.« Ein paar Väter machen sich tatsächlich bereits nützlich, indem sie Tische und Stühle stapeln. Sechs Mütter dekorieren mit Tannenzweigen und goldenen Sternen unter der Anleitung einer hübschen jungen Kindergärtnerin die provisorische Bühne.
    »Viktoria!«
    Im Nu ist Anna-Sophie bei ihrer Kindergärtnerin und umarmt sie stürmisch. Die junge Frau ist ziemlich attraktiv, wie Joe mit geübtem Jägerblick feststellt. Auch ihr üppiges Dekolleté und der einladende Schwung ihres frechen Hinterns in den schmalen Jeans sind durchaus einladend.
    »Das ist mein Onkel Joe!«
    »Freut mich!«
    Forsch streckt die Erzieherin Joe ihre Hand zum Gruß entgegen, zu forsch, um einladend zu sein. Auch ihr Händedruck signalisiert eher Distanz. Und Viktorias breites Lächeln sowie die Art, wie sie Bene präzise Anweisungen zum Aufstellen der Stühle erteilt, haben was von einem General. Darin sind Joe und der Junge sich einig. Bene kann Viktoria noch nicht einmal ein bisschen leiden, wie er Joe flüsternd anvertraut. Auch Joe macht sich gehorsam an die Arbeit, ist aber insgeheim ein wenig enttäuscht. Müssen Kindergärtnerinnen immer sprechen, als hätten sie es mit Schwachsinnigen zu tun?
    Einige Stuhlreihen später steht Anna-Sophie Hilfe suchend bei Joe. Ihre Lippe zittert verräterisch. Ihre vor Aufregung feuchten Hände krampfen sich um das glänzende Dunkelblau ihres Sternenumhangs. Sie ist völlig außer sich.
    »Ich darf nicht die Maria spielen!«
    »Was?«
    Der Cowboy hat sich kaum zu Anna-Sophie hingekniet, als die Kindergärtnerin bereits bei ihnen ist, mit ein paar zerzausten Flügeln in der Hand. Viktoria bemüht sich um einen freundlichen Ton, klingt aber eindeutig genervt.
    »Komm schon, Anna-Sophie, gib der Sabrina deinen Umhang! Du bekommst dafür ein hübsches Engelskostüm.«
    Ihr Lächeln hat die Temperatur eines Eiszapfens. Ein kleines Mädchen mit gut gescheiteltem hellem Haar und fast unnatürlich großen Augen streckt bereits ihre Hand nach dem begehrten Sternenumhang aus. Bevor Joe und Viktoria es verhindern können, ziehen Sabrina und Anna-Sophie jetzt an je einem Ende des Umhangs.
    »Ich bin die Maria!«
    »Nein, bist du nicht! Die Viktoria hat es gesagt.«
    Tränen fließen. Bene rollt mit seinen Augen, weil es nichts Peinlicheres gibt als hysterische Mädchen. Er denkt nicht daran, seine weinende Schwester zu verteidigen. Schon löst Viktoria mit präzisem Geschick feuchte Finger von begehrtem Blau, als Joe sich mit einem Mal sagen hört: »Wieso? Wieso spielt Anna-Sophie jetzt auf einem Mal nicht mehr die Maria? Mir wurd’ des fei ganz anders gesagt …«
    Es folgt Viktorias langatmige Erklärung über einen kleinen Josef, der plötzlich unerwartet krank geworden sei und deshalb nicht zur Generalprobe kommen könnte. Florian sei mit Anna-Sophie befreundet, und sie wollten zusammen spielen, denn Anna-Sophie käme mit den anderen Jungs in letzter Zeit nicht so gut klar. Deswegen gehe man jetzt sozusagen zur zweiten Besetzung über. Sabrina und der kleine Marius. Sabrinas Eltern kommen näher. Er im lässigen Anzug, sie mit Perlenkettchen und frisch geföhnter Frisur. Beide mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher