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Mari reitet wie der Wind

Mari reitet wie der Wind

Titel: Mari reitet wie der Wind
Autoren: Federica de Cesco
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alle Berge. Darum hole ich es mir lieber heute Abend.« Mari grub die Zähne in die Unterlippe. Ihr Herz schlug so laut, dass er es hören musste. »Da kommt Lukas«, sagte Gaston. Der Rappe sprengte durch den Sattelgang auf den Ausgang zu, den beiden Männern entgegen. Mari achtete nicht auf das Geräusch der Reiter, die auf der anderen Seite des Zeltes in die Manege brausten. Denn schon hielt der Rappe ruckartig vor ihnen. Aumale reckte das Kinn empor. »Guten Abend«, sagte er hochmütig. »Mein Name ist Aumale. Ich bin der Besitzer des Pferdes, das die Kleine hierher entführt hat. Wir sind mit dem Wagen da und nehmen es gleich mit. Wo ist es?« Lukas glitt geschmeidig aus dem Sattel. Bevor er Antwort gab, zog er einen Klumpen Salz aus der Tasche, den der Rappe aus seiner Hand leckte. Dann sagte er: »Sie können es sofort haben.« Ein Stallbursche eilte herbei. Lukas warf ihm die Zügel des Rappen zu. Mari drückte sich in den Schatten der Zeltwand. Sie wollte verschwinden, sich in Luft auflösen, nichts mehr denken, nichts mehr fühlen. Doch Lukas trat auf sie zu, legte ihr den muskulösen Arm um die Schulter und zog sie mit sich. Mari sträubte sich vergeblich. Warum war er so grausam? Wusste er nicht, dass ihr der Abschied von Paloma das Herz brach? »Das Mädchen sollte lieber nicht dabei sein«, sagte Aumale in verärgertem Tonfall. »Sie macht das Tier nervös.« Lukas nickte abwesend. »Durchschnittspferde brauchen eine feste Hand.« Mari zuckte zusammen. Paloma ein Durchschnittspferd? Wie konnte er nur so ungerecht sein? Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Der Blick war so schnell, dass nur sie ihn sah. Mari wusste nicht, was sie davon halten sollte. Aumale, der einen ganzen Kopf kleiner war als Lukas, sah wichtigtuerisch zu ihm empor. »Der Schimmel ist sehr attraktiv, wirklich etwas Besonderes.« »Ach, ich weiß nicht«, antwortete Lukas gleichgültig. »Bei manchen Pferden kann man sich täuschen.« Gaston öffnete den Mund und schloss ihn sogleich wieder. Aumale zeigte ein frostiges Lächeln.
    »Nun, für mich ist die Stute genau die richtige . Ich werde sie zum Springen dressieren. « In Lukas’ dunklem Gesicht war kein Gefühl z u erkennen . »Dann sollten Sie ihr aber zuerst ihren Fehle r abgewöhnen. « Gaston starrte ihn kurz an, wandte jedoch sofor t die Augen ab . »Welchen Fehler?«, fragte Aumale misstrauisch . »Sie wirft die Füße seitwärts. Dadurch bilde n die Hufe vom ersten Gelenk an eine krumme Linie. Das ist wenig vorteilhaft. Haben Sie da s nicht gemerkt? « Aumale schien betroffen . »Nein, überhaupt nicht. Und du, Gaston? « Der Gardian verzog das Gesicht und machte eine Bewegung, als sei er der verblüfftest e Mensch auf der ganzen Erde . »Ich habe sie noch nicht so oft reiten können , Monsieur. Sie bockte. « »Ja, solche Pferde bocken oft«, sagte Lukas . Aumale furchte die Stirn . »Wie meinen Sie das? « »Pferde mit unstabilem Charakter brauchen lange, bis sie merken, was der Reiter von ihnen will . Ich habe schon viele dieser Art gekannt. Außerdem wird es Probleme mit dem Atem haben. «
    Aumale sah plötzlich aus, als hätte er auf etwa s Saures gebissen . »Wie kommen Sie darauf? « »Weil Kopf und Hals einen zu großen Winke l bilden. Das ist beim Springen hinderlich. « Aumale warf ihm einen Seitenblick zu . »Hat das Pferd noch mehr Unarten? « Lukas zog die Schultern hoch . »Tja, ein paar schon. Aber ich würde meinen , dass jemand, der mit ihm umzugehen weiß, da s Tier ganz gut reiten kann. « Mari starrte zu ihm empor. Allmählich macht e ihre Angst einer steigenden Erregung Platz . Wenn ihre Ahnung stimmte, wenn sie jetz t wirklich begriff, warum Lukas solche Dinge erzählte . . . Nein, das war unmöglich, unvorstellbar. Sie schob den Gedanken weit von sich . Wahrscheinlich bildete sie sich das alles nu r ein . Inzwischen hatten sie das Zelt erreicht, wo di e Stallburschen sich um die Pferde kümmerten . Sie rieben die Tiere trocken, sahen nach, ob si e Verletzungen hatten. Es roch nach Butanga s und Pferdemist, nach dem Schweiß von Menschen und Tieren. Aumale sah sich neugieri g um und pfiff bewundernd durch die Zähne . »Sie haben prachtvolle Pferde. « Lukas nickte .
    »Ich habe gelernt, ihre Makel zu erkennen. Da s bringt der Beruf mit sich. Da ist Ihr Pferd. Versuchen Sie, mit dem Tier zurechtzukommen . Viel Glück! Und sehen Sie sich vor, es ist tückisch. « Aumale reckte das Kinn . »Was, zum Teufel, wollen Sie damit sagen? « »Ja, aber das sehen
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