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Margos Spuren

Margos Spuren

Titel: Margos Spuren
Autoren: John Green
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sagte ihm, ich freute mich für ihn, dass er eine Freundin hatte. Er sagte, wir hätten einen tollen Sommer vor uns. Ich stimmte zu. Es war der fünfte Mai, aber das Datum spielte keine Rolle. Meine Tage waren auf wunderbare Weise gleich. Und das gefiel mir : Ich mochte Routine. Ich mochte Langeweile. Ich wollte es nicht, aber so war es eben. Und deshalb war jener fünfte Mai genauso wie jeder andere Tag – bis kurz vor Mitternacht, als Margo Roth Spiegelman mein Schlafzimmerfenster aufschob, zum ersten Mal, seit sie vor neun Jahren gesagt hatte, ich solle es schließen.
2
    Als ich hörte, wie das Fenster aufging, und auf dem Drehstuhl herumschwang, starrten mir Margos blaue Augen entgegen. Erst waren nur ihre Augen da, aber dann gewöhnte ich mich an die Dunkelheit und sah, dass sie sich das Gesicht schwarz angemalt hatte und eine schwarze Kapuze trug.
    »Hast du gerade Cybersex?«, fragte sie.
    »Ich chatte mit Ben Starling.«
    »Das beantwortet nicht meine Frage.«
    Ich lachte verlegen, dann stand ich auf und kam ans Fenster. Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Es war mir ein vollkommenes Rätsel, was sie hier machte, an meinem Fenster, in dieser Aufmachung. »Was verschafft mir die Ehre?«, fragte ich. Theoretisch waren Margo und ich einander immer noch freundlich gesinnt, nahm ich an, aber ein nächtlicher Auftritt mit schwarzer Tarnfarbe im Gesicht war nicht an der Tagesordnung. Für so was hatte sie andere Freunde, da war ich sicher. Aber ich gehörte nicht dazu.
    »Ich brauche dein Auto«, erklärte sie.
    »Ich habe kein Auto«, sagte ich, was eine Art wunder Punkt für mich war.
    »Dann brauche ich eben das Auto deiner Mutter.«
    »Du hast doch selber ein Auto«, argumentierte ich.
    Margo blies die Wangen auf und seufzte. »Richtig. Das Problem ist nur, dass meine Eltern meinen Autoschlüssel kassiert und in den Safe geschlossen haben, der unter ihrem Bett steht, und Myrna Mountweazel« – Margos Hund – »schläft bei ihnen im Schlafzimmer. Myrna Mountweazel kriegt einen hysterischen Anfall, wenn sie mich sieht. Ich meine, natürlich könnte ich mich ins Schlafzimmer schleichen, den Safe klauen, ihn knacken, meine Schlüssel rausholen und wegfahren, aber das Problem ist, ich brauche es gar nicht erst zu versuchen, weil Myrna Mountweazel wie eine Verrückte zu kläffen anfängt, wenn ich die Tür auch nur einen Spalt aufmache. Also brauche ich dein Auto. Außerdem brauche ich dich als Fahrer, weil ich heute Nacht elf Sachen zu erledigen habe, und bei wenigstens fünf davon brauche ich einen, der den Fluchtwagen fährt.«
    Ich ließ die Lider sinken, so dass ihr Gesicht mit dem Hintergrund verschwamm und ihre Augen im Äther zu schweben schienen. Dann fokussierte ich wieder, sah den Umriss ihres Gesichts und die schwarze Farbe, die noch feucht war. Ihre Wangenknochen bildeten ein Dreieck mit dem Kinn, und ihre pechschwarzen Lippen bogen sich kaum merklich zu einem Lächeln.
    »Ist irgendwas davon strafbar?«, fragte ich.
    »Hm«, machte Margo. »Hilf mir auf die Sprünge – ist Einbruch strafbar?«
    »Nein«, sagte ich entschlossen.
    »Nein, Einbruch ist nicht strafbar, oder nein, du willst mir nicht helfen?«
    »Nein, ich helfe dir nicht. Kannst du nicht eine deiner Assistentinnen abkommandieren?« Lacey und / oder Becca tanzten immer nach Margos Pfeife.
    »De facto sind sie Teil des Problems«, sagte Margo.
    »Was ist das Problem?«, fragte ich.
    »Es gibt elf Probleme«, antwortete sie ungeduldig.
    »Keine Straftaten«, sagte ich.
    »Ich schwöre, dass ich dich nicht zu strafbaren Handlungen zwinge.«
    Im gleichen Moment gingen drüben im Haus der Spiegelmans die Flutlichter an. In einer einzigen fließenden Bewegung machte Margo einen Purzelbaum durchs Fenster in mein Zimmer und rollte sich unters Bett. Sekunden später stand Margos Vater auf der Terrasse. »Margo!«, rief er. »Ich habe dich gesehen.«
    Unter dem Bett hörte ich ein gedämpftes : »Mist.« Margo kroch wieder heraus, stand auf, ging ans Fenster und rief : »Komm schon, Papa. Ich wollte nur ein bisschen mit Quentin quatschen. Du sagst doch immer, wie gut sein Einfluss auf mich wäre und so.«
    »Du unterhältst dich mit Quentin?«
    »Ja.«
    »Warum hast du schwarze Farbe im Gesicht?«
    Sie zögerte nur einen Sekundenbruchteil. »Papa, um das zu erklären, müsste ich ellenlang ausholen, und das würde Stunden dauern, und du bist bestimmt müde, deshalb geh einfach wieder ins B —«
    »Rein mit
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