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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1
Autoren: Gary Jennings
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ja
    immer noch das Drückmesser, Euch an sie zu erinnern.«
     
    »Jawohl. Und mich an ihren Namen zu erinnern. Denn Chiv
     
    heißt Klinge.«
    »Was Ihr nicht sagt! Und dabei hat sie nie eine in Euch
    hineingestoßen.«
     
    »Da bin ich mir nicht so ganz sicher.«
     
    »Es gibt auch noch andere Frauen. Wollt Ihr eine haben, für
    diese letzte Nacht?«
    »Ich glaube nicht, Shimon. Nach dem, was ich von ihnen
     
    gesehen habe, kommen sie mir ausgesprochen unschön vor.«
    »Aber der Denkweise entsprechend, die Ihr einmal zum
    Ausdruck gebracht habt, sind sie angenehm ungefährlich.«
     
    »Wißt Ihr was? Der alte Mordecai hat das zwar nie gesagt, aber das mag etwas sein, was gegen unschöne Menschen spricht jedenfalls nicht für sie. Ich glaube, ich werde die schönen immer vorziehen und sehen, wie ich mit der Gefahr zurechtkomme. Jetzt danke ich Euch für Eure guten Dienste, Tzaddik Shimon, und sage Euch lebt wohl!«
    »Sakaná aleichem, noséyah.«
    »Das klang aber anders als Euer übliches Friede-sei-mit-
    Euch.«
    »Ich dachte, Ihr würdet es zu schätzen wissen.« Damit
     
    wiederholte er die Iwrith-Worte, um sie dann in Farsi zu
    übersetzen: »Die Gefahr sei mit Euch, Reisender!« Wiewohl es in Buzai Gumbad immer noch reichlich Schnee gab, hatte sich die gesamte Oberfläche des Chaqmantin-Sees aus blauweißem Eis in eine bunte Decke aus Wasservögeln verwandelt -unzählige Scharen von Gänsen, Enten und Schwänen waren von Süden her heraufgeflogen und fielen immer noch weiter ein. Ihr zufriedenes Geschnatter wollte nicht aufhören, und es rauschte wie ein Sturm im Wald, sobald Tausende von ihnen sich plötzlich auf einmal aus dem Wasser emporschwangen, um fröhlich eine Runde um den See zu fliegen. Auch lieferten sie uns eine schöne Abwechslung unseres Speiseplans, und ihr Eintreffen hatte ganz allgemein als Signal für die karwans gegolten, die Sachen zu packen, die Tiere aufzuzäumen oder zusammenzutreiben, ihre Wagen hintereinander aufzustellen und einer nach dem anderen langsam in Richtung Horizont zu verschwinden.
    Die ersten, die sich auf den Weg machten, waren diejenigen karwans, die nach Westen, nach Balkh oder noch weiter zogen, denn der langsam abfallende Wakhän-Korridor stellte die leichteste Route vom Dach der Welt hinab dar und war deshalb auch die erste, die im Frühling zu bewältigen war. Diejenigen, die weiterziehen wollten nach Norden, Süden oder Osten, warteten klüglich noch eine Weile länger, denn wohin sie auch immer wollten, zunächst galt es, die Buzai Gumbad von drei Seiten einschließenden Bergzüge zu überwinden, ihre Hochpässe zu benutzen und weitere hinter ihnen liegende Bergzüge zu erklimmen. Und die Hochpässe, die nach Norden, Osten und Süden führten, so sagte man uns, waren selbst im Hochsommer nie ganz ohne Schnee.
    Aus diesem Grunde warteten wir Polo, die wir nach Norden wollten und keinerlei Erfahrung mit Reisen in solchem Gelände und unter diesen Bedingungen hatten, auf die Klugen anderen. Wir hätten vielleicht sogar länger als nötig gewartet, wäre nicht eines Tages eine Abordnung der tamilischen Chola zu uns gekommen, über die ich mich einst lustig gemacht und bei denen ich mich später dafür entschuldigt hatte. In der Handelssprache Farsi, die sie nur schlecht beherrschten, setzten sie uns auseinander, sie hätten beschlossen, ihr Meersalz nicht nach Balkh zu bringen; sie hätten nämlich zuverlässige Kunde erhalten, daß sie in einer Stadt namens Murghab, einer an der Ost-West-Route zwischen Ki-thai und Samarkand gelegenen Handelsstadt in Tazhikistan, einen besseren Preis dafür erzielen würden.
    »Samarkand liegt nordwestlich von hier«, meinte Onkel Mafio. »Murghab aber direkt im Norden«, sagte einer der Chola, ein spindeldürres Männchen namens Talvar. »Es liegt auf Eurem Weg, oh, Zweimal-Geborener, und Ihr werdet die schlimmsten Bergzüge hinter Euch haben, wenn Ihr dorthin kommt. Die Reise durchs Gebirge bis nach Murghab wird leichter für Euch sein, wenn Ihr in unserer karwan mitzieht. Wir wollten Euch nur sagen, daß Ihr Euch uns gern anschließen könnt; wir würden das sogar gern sehen, denn wir sind tief beeindruckt von den guten Manieren dieses zweimal geborenen Saudara Marco. Wir
    meinen, Ihr könntet genau die richtigen Reisegefährten für uns sein.« Mein Vater und mein Onkel, ja sogar Nasenloch machten ein
    ziemlich dummes Gesicht, als man sie zweimal geboren nannte und Fremde mich meiner guten Manieren wegen priesen. Wir alle
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