Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
es Ihnen gar nicht paßt, daß mich
die Ermittlungen zu dem Pfandleiher führen, und weil Sie das ganz genau wissen
wollen.“
    Uff! Ich sah mich nach einem
Glas um. Sätze dieser Länge machen durstig. Kein Glas in Sicht. Das hier war
vielleicht eine Überraschungsparty aber kein Höhepunkt im gesellschaftlichen
Leben von Paris.
    „Jacquier ist seit November
tot“, sagte ich. „Und Sie wissen das seit November. Seine Leiche wird man
allerdings nie finden.“
    Das war jetzt keine Komödie.
Sie rutschte vom Sessel und wurde ohnmächtig. Ihr Schrei erinnerte mich an das
Wolfsgeheul des irren Sébastien.
     
    * * *
     
    „Ich sag’s Ihnen nochmal: Ich
möchte, daß zwischen uns völlige Klarheit herrscht“, nahm ich die Unterhaltung
wieder auf.
    Mit Hélènes Hilfe hatte ich
Mademoiselle Larchaut wieder ins Leben zurückgeholt. Jetzt saß sie völlig
niedergeschmettert im Sessel. Schmerzerfüllt bewegte sie den Kopf hin und her.
Das Haar fiel ihr unordentlich ins Gesicht. Mit einer Hand massierte sie sich
die Brust.
    „Also: Hier in diesem Büro
können Sie sich davon überzeugen, daß Ihre Mutter mich nicht engagiert hat.
Alles wäre bestens. Auch wenn ich Sie nach Hause bringe und Adresse und Namen
nachprüfe. Auch wenn ich bei dieser Gelegenheit Ihrer Mutter über den Weg
laufe. Macht alles nichts. Guten Tag. Auf Wiedersehen. Das wär’s. Das war’s
auch, aber da war noch was: Ich interessiere mich für Badoux, frag überall nach
ihm. Ihre Mutter kennt Cabirol. Ich nehme an, Cabirol kannte Badoux. Ihre
Mutter könnte mir eventuell was über Badoux erzählen. Alea jacta est. Endlos langes
Gespräch mit Ihrer Mutter. Ich erfahr zwar nichts über Badoux, aber Ihre Mutter
erfährt meinen Beruf. Und schon bin ich auf Jacquiers Spur. Zumindest damit
beauftragt, mich mit ihm in Verbindung zu setzen, wenn er mit seiner
Trapezkünstlerin wieder nach Paris kommt. Ihre Mutter gibt mir um so lieber den Auftrag, weil sie sich jetzt unauffällig
elegant mein Schweigen kaufen kann. Sie meint nämlich, ich wär der Liebhaber
ihrer Tochter. Und weil sie genausowenig will, daß die Hochzeit mit diesem
Tralala-Fabrikanten platzt... Ein Auftrag für Nestor Burma! Jacquier
wiederfinden! Wie ärgerlich! Was Sie anfangs befürchtet hatten, sich aber nicht
bewahrheitet hat, genau das ist jetzt eingetroffen. Von Miss Pearl werde ich
erfahren, daß Jacquier überhaupt nicht mit ihr abgehauen ist. Und bei weiteren
Nachforschungen werde ich ziemlich üble Dinge rauskriegen. Was tun? Eine
Verzweiflungstat: den Zirkusleuten Geld geben, damit die erzählen, sie hätten
Jacquier irgendwo im Ausland aus den Augen verloren. Die Spur wäre verwischt.
Aber womit bezahlen? Geld haben Sie keins. Jedenfalls nicht genug. Kein Geld?
Doch. Es fällt Ihnen sozusagen in den Schoß.“
    Sterntaler fuhr erschreckt
zusammen. Dabei wollte ich gar nichts Schreckliches sagen. Ich holte tief Luft
und fuhr pfeifestopfend fort:
    „Latuit wird aus Isabeaus Turm
vertrieben. Flüchtet zu Ihnen. Droht Ihnen, Ihr Verbrechen anzuzeigen, wenn Sie
ihm nicht drei Wünsche erfüllen: Unterkunft, Verpflegung und den Rest. Denn die
Geschichte, hm ?, die ich Ihnen am Samstag geliefert
habe und auf die Sie sofort erleichtert angesprungen sind, das war ein Märchen.
Ich mußte Sie dazu bringen, mir zu sagen, ob Latuit nun bei Ihnen war oder
nicht. Durfte aber meine Trümpfe nicht auf den Tisch legen. Also: Unterkunft,
Verpflegung und den Rest. Und Mareuil erwischt Sie und macht Schluß. Zu den
drei Wünschen von Latuit kommt noch ein vierter: Sie haben nämlich auch einen.
Latuit hat Sie zwar in der Hand. Aber Sie kriegen ihn trotzdem irgendwie dazu,
bei Mareuil einzubrechen. Sie wissen, daß dort immer ‘ne Menge Geld rumliegt.
Mit Ihrem Anteil schließen Sie den Akrobaten den Mund. Besser gesagt, Sie
öffnen ihn im bekannten Sinne. Sie hinterlegen das Geld in dem Hotel, in dem
Miss Pearl and partner wohnen werden. La Piste. Das wissen Sie von Jacquier, der Ihre Mutter
tatsächlich betrogen und wohl irgendwann mal davon gesprochen hat. Dann rufen
Sie Mario an, geben ihm Anweisungen. Mit der Stimme eines Möbelpackers, hat
Mario gesagt. Von wegen! Am Telefon kann man seine Stimme wunderbar verstellen.
Mario hat mir alles erzählt. Er war so sehr von dem Sturz seiner Frau
erschüttert! Die Schuld daran gab er Ihrem Geld. Hat mich netterweise auf die
richtige Spur gebracht.“
    Ich zündete meine Pfeife an und
stieß etwas Rauch aus, um die Atmosphäre zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher