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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels
Autoren: Bert Saurbier
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Muße des Augenblicks ließ seine traumnahen Gedanken schweben: Vor ein paar Jahren hatte er auf ausdrücklichen Wunsch seiner Freundin Maria, der Tochter des Landespolizeipräsidenten, an einem Eignungstest teilgenommen, der Voraussetzung für die Zulassung junger Polizeibeamter zu einem GSG 9-Ausbildungsprogramm war. Dr. Bergter, der die Testuntersuchungen leitete und die Ergebnisse auswertete, hatte damals seine Hand auf D’Auberts Schulter gelegt und ihn kopfschüttelnd angelächelt. „Mensch, Stephan, alter Hugenotte, der liebe Gott hat wohl bei deiner Erschaffung kräftig übertrieben. Hör zu: Deine Reflexe sind das Beste, was mir je begegnet ist. Bei dir kann man nicht von einer Schrecksekunde, sondern eher von ein paar Schreckzehntelsekunden sprechen. Du hast Augen wie ein Adler, deine Sehschärfe liegt bei 160 %, und du kannst hören wie ein Luchs. Dein Hörvermögen übertrifft alles Dagewesene, deine Hörleistungen sind, wie hier das Audiogramm zeigt, in allen Frequenzbereichen mit denjenigen von zehn bis zwölfjährigen Kindern zu vergleichen. Mir scheint, du hast bei der Verteilung der Talente am lautesten hier gerufen. Junge, Junge, werd mir nur nicht größenwahnsinnig!“
    Diesen feinen Ohren war es zu verdanken, dass in D’Aubert urplötzlich alle Alarmglocken läuteten. Eine riesige Portion Adrenalin überflutete von einer Sekunde auf die andere seinen durchtrainierten Körper. Alle Müdigkeit, alle Erschöpfung waren wie weggezaubert. Ein kurzes Schleifen, das entsteht, wenn gewebtes Material einen Zweig streift, hob sich für sein feines Gehör deutlich von dem zarten und gleichmäßigen Windspiel der Blätter ab.
    Er, der die virtuose Musik der Natur genau kannte und liebte, war sich sicher, ein derartiges Geräusch konnte nicht vom Vorbeigleiten eines Tierfelles verursacht worden sein. Sofort hatte er wieder das Bild der Haarspitzen hinter dem Armaturenbrett vor Augen. Scheinbar waren die Ermahnungen seines besten Freundes, des Trappisten-Paters Aloisius, nicht unbegründet gewesen. Ihm hatte er vor kurzem ein Manuskript zur Kenntnisnahme und Beurteilung geschickt. Warum musste er in diesem Moment an die völlig unerwartete Reaktion dieses frommen und studierten Ordensmannes denken? „Sorge bloß dafür“, hatte Aloisius ihn gewarnt, „dass dein Manuskript von niemandem gelesen wird, am besten wir verstecken oder vernichten es sofort. Deine Ausführungen sind brisant, darin steckt die Explosionskraft einer Atombombe. Und glaube mir, du würdest dich mit einer Veröffentlichung im wahrsten Sinne des Wortes selber in Teufels Küche begeben. Komm bitte in den nächsten Tagen hier bei uns im Kloster vorbei. Unser Abt hat mir wegen des dringenden Gesprächsbedarfes mit dir die Erlaubnis zu einem Treffen erteilt.“
    D’Auberts Verstand schaffte es nicht, die Alarmglocke abzuschalten. Sein Kopf warnte und steuerte ihn, was weniger logischen Verdachtsmomenten, sondern eher unbewussten Überlebensinstinkten entsprang.

3
    Um 0.30 Uhr klingelte etwa acht Kilometer entfernt das Telefon.
    „Polizeiwache Schleiden, Oberwachtmeister Pütz, was kann ich für Sie tun?“
    „Gehen Sie hinaus“, meldete sich eine forsche Männerstimme, „auf der Gartenbank gegenüber sitzt ein Mann in einem Goretex-Tarnanzug mit Sturmhaube. Er ist zurzeit noch benommen, wird aber in etwa einer halben Stunde wieder ansprechbar sein. Er ist völlig unverletzt und steht auch nicht unter Drogen. Es besteht keine Gefahr für seine Gesundheit. Wenn Sie mir nicht glauben, rufen Sie Notarzt und Rettungswagen.“
    Oberwachtmeister Pütz hatte auf Mithören geschaltet und sein Kollege war bereits zur Tür hinaus. Nach dem Namen des Anrufers konnte er nicht mehr fragen, der Teilnehmer hatte bereits aufgelegt.
    Die Rückverfolgung des Gespräches hatte ergeben, dass das Telefonat von der einzigen öffentlichen Telefonzelle, die es noch in der näheren Umgebung gab, geführt worden war.
    Als die Polizisten an die beschriebene Stelle kamen, wollten Sie ihren Augen nicht trauen. Die von dem unbekannten Anrufer beschriebene Person hing zusammengesunken auf der Bank.
    „Hallo! Können Sie mich hören?“, rief Pütz und schüttelte den Mann vorsichtig an der Schulter. Der seltsame Fremde reagierte mit einem Brummeln, dem vergeblichen Versuch einer Antwort.
    Nach wenigen Minuten traf der Rettungswagen ein. Der Unbekannte wurde von seiner Sturmhaube befreit. Das Alter des Mannes, schätzungsweise um die Dreißig.
    Nach einer
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