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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels
Autoren: Bert Saurbier
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den Vatikan in den Verdacht bringen könnte, geheimdienstliche Aktivitäten zu unterhalten. Ich muss es nochmals in aller Deutlichkeit fordern, der Vatikan darf auf keinen Fall mit dem Verschwinden oder der Vernichtung dieses Schriftstückes in Verbindung gebracht werden. Es wäre unvorstellbar, eine Katastrophe, sähe sich die Katholische Kirche dem Vorwurf ausgesetzt, wissenschaftlich exakt ermittelte Wahrheiten unterschlagen zu haben. Wahrheit kennt keine Alternative, aber man kann sie verschweigen, wenn der Zweck die Mittel heiligt. Unsere absolute Anonymität in dieser Angelegenheit wäre meines Erachtens auch dann nicht mit letzter Sicherheit gegeben, wenn die Mariawalder Trappisten in unsere Pläne eingeweiht würden.“ Der Kardinalstaatssekretär wollte soeben etwas erwidern, doch der Papst ergriff erneut, jetzt wieder mit einem Lächeln, das Wort. „Pardon, Mozarini, ich wollte Ihnen, meinem altbewährten Strategen, nicht in die Parade fahren und Ratschläge erteilen. Aber ich nehme diese Geschichte sehr ernst. Das wär’s. Sie halten mich auf dem Laufenden.“
    Für Mozarini gab es nichts hinzuzufügen. Er stand bereits auf, als er wieder die Stimme des Papstes vernahm. „Eine Frage hätte ich noch“, der Papst griff den Arm des sich verabschiedenden Kardinals, „der Name dieses Professors, Stephan D’Aubert, klingt französisch.“ Verwundert blickte Mozarini auf. „Wie Sie vielleicht wissen“, fuhr der Heilige Vater fort, „ist die Namenskunde eines meiner Steckenpferde. Der Name D’Aubert ist bei den in Frankreich lebenden Hugenotten häufig anzutreffen. In der Bartholomäusnacht, erster Pogrom der Neuzeit, in der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts, noch unter Heinrich IV., wurden zigtausende Hugenotten wegen ihres calvinistisch-protestantischen Glaubens auf grausame Weise hingerichtet. Im folgenden Jahrhundert unter Ludwig XIV. nahm der Druck derart zu, dass hunderttausende Hugenotten gezwungen waren, aus Frankreich zu fliehen, um in protestantischen Ländern ungestört leben zu können. Es könnte also sein, dass dieser Theologieprofessor hugenottische Wurzeln hat. Verzeihen Sie den kleinen Ausflug in die Onomastik. Aber machen Sie Ihre Frontleute darauf aufmerksam, dass man den Hugenotten eine ganz besondere Cleverness nachsagt. Man sollte sie nicht unterschätzen.“
    Kardinal Mozarini verbeugte sich und verließ die päpstliche Residenz. Er entschied sich, an diesem herrlichen Frühsommertag den etwa dreißigminütigen Fußweg vom Apostolischen Palast zum Palazzo del Governatorato, dem eigentlichen Regierungspalast des Vatikans, zu wählen.
    Ab der Sixtinischen Kapelle führte ihn der Weg vorbei an der westlichen Seite des Petersdoms durch kunstvoll angelegte Grünanlagen. Mitten in einer größeren, sehr gepflegten Rasenfläche auf dem Vorplatz des Governatorgebäudes war ein überdimensional großes, aus farbenprächtigen Blumen und Sträuchern geschaffenes Wappen des amtierenden Papstes zu bestaunen.
    Marcello Mozarini entschloss sich, das verlockende Angebot einer Parkbank anzunehmen, um an diesem späten Vormittag die aufmunternde Helligkeit des Frühlingstages zu genießen. Die natürliche Ruhe und die belebende Lichtfülle boten ihm ideale Voraussetzungen, Strategien zur Lösung der soeben vom Papst erteilten Aufgaben zu durchdenken.
    Nach kurzer Zeit griff er zum Handy: „Hallo, Alfonso“, begrüßte er seinen Sekretär, „ich habe soeben von unserem Chef in der Sache ‚D’Aubert‘ einen Auftrag von höchster Dringlichkeit und Diskretion erhalten. Sag bitte den Herren Alberto Tozzi, Cristiano Testa, Fernando Di Lauro und Omero Medici, dass ich sie heute Nachmittag um 14 Uhr im kleinen Besprechungssaal des Verwaltungspalastes erwarte. Dieser Termin ist vorrangig. Nach der Besprechung komme ich auf jeden Fall nochmal ins Büro. Wann das sein wird, kann ich nicht sagen. Danke, Alfonso. Ich weiß, ich kann mich auf dich verlassen. Sollte etwas Besonderes vorkommen, kannst du mich jederzeit auf dem Handy erreichen. Bis dann.“
    Der zweitgrößte Mann im kleinsten Staat der Welt wusste, dass die anstehende Aufgabe viel Fingerspitzengefühl benötigen würde und nur mit einer perfekt geplanten Geheimdienstoperation erledigt werden konnte. Vatikan und Kirche durften dabei keinesfalls als Auftraggeber in Erscheinung treten.
    Für Mozarini stand schon vor dem anstehenden Beratungsergebnis fest, dass ein deutscher Priesteragent beauftragt werden musste, im Alleingang und Inkognito
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