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Manuskript des Teufels

Manuskript des Teufels

Titel: Manuskript des Teufels
Autoren: Bert Saurbier
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das gesteckte Ziel zu erreichen. Mozarini hatte unter den zahlreichen Kardinälen der Kurie und den päpstlichen Räten bewusst jene vier Leute ausgewählt, die im geheimdienstlichen Metier sachkundig und erfahren waren.
    Mozarini schaute auf seine Armbanduhr. Zwanzig Minuten vor zwei Uhr. Zeit genug, den Weg durch die bezaubernde Parkanlage bis zum Governatorato in aller Ruhe zu genießen. Doch seine innere beschauliche Ruhe fand ein jähes Ende, als ihm eine heiter gestimmte Gruppe junger Männer entgegenkam. Angeführt wurde diese Gruppe von Kardinal Mauro Potenta, dem für Priesterausbildung zuständigen Kurienkardinal. Bei den mit schwarzen, tailliert geschnittenen Soutanen bekleideten acht Teilnehmern handelte es sich offensichtlich um Priesterseminaristen auf Fortbildungsreise im Vatikan. Mozarini wurde von seinem Kollegen Potenta darüber informiert, dass es sich um deutsche Priesteranwärter vom interdiözesanen Studienhaus St. Lambert in Lantershofen bei Ahrweiler handelte.
    Mozarini, der den Seminaristen von Potenta vorgestellt worden war, grüßte mit einem strahlenden Lächeln, hieß die zukünftigen Kollegen herzlich willkommen und wünschte ihnen einen eindrucksvollen und lehrreichen Aufenthalt. Mozarini wollte seinen Weg fortsetzen, als einer der Priesterkandidaten von Kardinal Potenta wissen wollte, ob die beiden beeindruckenden Gebäude am Rande der Parkanlagen zum Vatikan gehörten.
    Der Gefragte hob abwehrend die Hände: „Sie können von mir alle Antworten zu Fragen aus dem wissenschaftlich-theologischen und kirchlich-hierarchischen Bereich erhalten. Aber verschonen sie mich mit Fragen nach profanen architektonischen und baustilistischen Details. Aber ... wir können meinen Freund Marcello, das wandelnde Lexikon in Sachen Vatikanstaat, fragen.“
    „Gern, meine Herren, aber nur kurz. Ich bin ein wenig in Eile.“ Die Seminaristen folgten mit ihren Blicken dem richtungsweisenden Arm Mozarinis. „Dort sehen sie das einer großen römischen Villa ähnelnde Gebäude des Äthiopischen Priesterseminars. Früher diente es als Unterkunft für äthiopische, später auch für eritreische Pilger. Seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurde es mit zunehmender Frequentierung als Bildungsstätte für äthiopische und eritreische Seminaristen und Priester genutzt.“ Er wandte sich nach rechts. „Im Gegensatz zu dem traurigen Bild unseres Bahnhofs hier nebenan. Schauen sie sich dieses von Giuseppe Momo, dem Hofarchitekten von Pius XI, 1933 im neoklassizistischen Stil errichtete Bahnhofsgebäude an. Dieser mit reichlich verschiedenfarbigem Marmor, einer Stuckdecke und monolithischen Säulen ausgestattete Prachtbau war für würdige Staatsempfänge geplant, hat aber nie seinen Zweck erfüllt. Die hohen Staatsgäste, die den Vatikan mit ihrem Besuch beehrten, zogen es vor, mit ihren eigenen, meist gepanzerten Luxuslimousinen anzureisen. Personenverkehr findet hier so gut wie nicht mehr statt. Die vatikaneigene Gleisstrecke wird lediglich noch für den Güterverkehr genutzt. Schade drum.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er mit leicht vorwurfsvollem Ton fort. „Die Päpste sollten mal wieder von hier aus ihre zahlreichen Reisen mit dem Zug antreten. Es wäre auch wünschenswert, wenn mehr Sonderzugreisen hier ihr Ziel fänden.“ Er winkte der Gruppe zum Abschied zu und eilte davon.
    Als Mozarini im Besprechungsraum ankam, waren Testa, Tozzi, Di Lauro und Medici bereits eingetroffen und hatten an dem viel zu großen kreisrunden Konferenztisch Platz genommen.
    Der Kardinalstaatssekretär grüßte die Anwesenden und dankte ihnen, auch im Namen des Heiligen Vaters, dass sie trotz der kurzfristigen Einberufung erschienen waren.
    „Verzeihen sie, meine Herren, die zweiminütige Verspätung, aber ich wurde auf dem Weg hierher von einer Gruppe deutscher Seminaristen aufgehalten.“ Mozarini fuhr in einem ernsten und der Bedeutung des Anlasses angemessenen Tonfall fort. Er brauchte keine fünf Minuten für seine Ausführungen und endete mit dem Satz: „Wir müssen schnellstens zu einem Ergebnis kommen, denn die Angelegenheit bedarf eines prompten und entschlossenen Vorgehens.“
    Die vier erfahrenen und mächtigen Zuhörer waren ebenso verwundert wie bestürzt über das, was sie soeben gehört hatten. Nach einer intensiven Diskussion trafen sie eine gemeinsame schnelle Entscheidung.
    Da ihnen das Kloster Mariawald als Versteck zu unsicher und gefährlich für dieses hoch brisante Papier schien, beschlossen sie,
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