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Mannerfreie Zone

Mannerfreie Zone

Titel: Mannerfreie Zone
Autoren: Papa Ariella
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einmal in der Stadt wohne, wird alles anders werden. Momentan verbringe ich eine Stunde in der Bahn. Ich wohne in
Oradell
, malerisch, aber krankhaft provinziell. Meine Eltern haben ein Haus mit vier Zimmern, zweieinhalb Badezimmern und einer Garage für drei Autos. Mein Vater leitet einen Installationsbetrieb, und meine Mom arbeitet halbtags als Reisekauffrau.
    Ich wünschte, ich könnte meine Eltern hassen, aber sie sind gar nicht so schlimm. Ich meine, sie scheinen mit ihrem vorstädtischen Leben absolut zufrieden zu sein. Obwohl meine Mutter unglaublich günstig Flüge überall hin auf der Welt bekommen würde, verbringen sie ihren Urlaub meistens in Florida. Ihre größte Sorge meine berufliche Zukunft betreffend ist, dass ich sozial nicht ausreichend abgesichert sein könnte. Ich wünschte, ich hätte eine schlimme Kindheit gehabt, manchmal habe ich das Gefühl, dass meine Kindheit zu durchschnittlich war, um jemals das Leben zu leben, das ich mir wünsche. Außerdem komme ich aus Jersey. Dieses Stigma ist unglaublich hart. Sobald ich in die Stadt gezogen bin, werde ich meine Herkunft verleugnen. Ich werde wurzellos sein. Wurzellos ist viel cooler.
    „Wie war’s heute bei der Arbeit?“ Meine Mutter fragt mich das jedes Mal beim Abendessen, wenn sie Gemüse oder so etwas herumreicht. Meine Mutter besteht darauf, dass wir zusammen essen, und hält die Familie mit ihrer Plauderei zusammen.
    „Es war okay.“ Wenn man nach dem College zu Hause wohnt, ist das auch nicht anders, als ob man noch zur Schule geht. Jeden Tag glauben die Eltern, dass jedes winzigste Detail deines Tages sie wieder in die glücklicheren Tage ihrer Jugend zurückkatapultieren kann. Was sie nicht kapieren, ist, dass die tatsächlichen Erlebnisse, die ich mit ihnen teilen könnte (Trinken, die Jungs und andere Ausschweifungen natürlich ausgenommen), genauso banal sind wie ihre. Das ist hart.
    Nach dem Abendessen bleibe ich noch eine Weile im Wohnzimmer sitzen und sehe meinem Dad dabei zu, wie er die Fernsehprogramme durchzappt. Meine Mutter will, dass ich ihr mit ihrem Kreuzworträtsel helfe. Das sind die Momente, in denen ich ganz sicher bin, dass ich eine Wohnung in der Stadt brauche. Schließlich, als die Jay-Leno-Show beginnt, gehe ich ins Bett. Aber ich kann nicht einschlafen. Ich mache mir Sorgen darüber, dass ich mich mit Ro in eine Situation manövriert habe, aus der ich nicht mehr herauskomme. Ich glaube, ich habe Angst davor, Verantwortung zu übernehmen. Als ich im College war, brauchte ich ewig lange, bis ich mich für Journalismus als Hauptfach entschied, und die ganze Zeit über musste ich auch im Nebenfach Betriebswirtschaft studieren, damit meine Eltern beruhigt waren. Die meisten Vorlesungen habe ich geschwänzt, und meine Noten reichten gerade so, um weiterzukommen. Irgendwann war dann klar, dass ich niemals eine Börsenmaklerin werden würde.
    Ein anderes Problem ist, dass Roseanne nun künftig über meine Art zu leben urteilen würde. Was, wenn es ihren Vorstellungen nicht entspricht? Würde es mich stören, wenn sie ein paar Leuten aus dem College von meinem wahren New Yorker Leben erzählt? Aber natürlich kann es ihr Buchhaltungsjob in keinster Weise mit meiner hochdotierten Arbeit im Verlagswesen aufnehmen.
    Am schwierigsten wird es, Tabitha davon zu erzählen. Sie benimmt sich oft merkwürdig, wenn es darum geht, neue Leute kennen zu lernen. Außerdem weiß ich nicht mehr genau, was ich ihr über Roseanne erzählt habe. Ich tendiere manchmal dazu zu übertreiben, vor allem wenn ich glaube, dass die beteiligten Parteien sich niemals treffen werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das in Roseannes Fall getan habe. Wenn sie sich nun kennen lernen, wird dann der Eindruck, den sie von einander haben, auf irgendeine Weise das Bild verändern, das sie von mir haben? Aber ich greife schon mal wieder viel zu weit vor. Wahrscheinlich habe ich Roseanne nur mal so nebenbei erwähnt.
    „Meinst du etwa die, die einem Typen auf der Toilette einer Kneipe einen Blow-Job gegeben hat?“ Ich finde, sie spricht etwas zu laut, selbst wenn um uns herum Musik plärrt. Ich habe eine Woche gewartet, bis ich es ihr erzählt habe. Wir befinden uns gerade auf der Party einer Schriftstellerin, die ihr erstes Buch veröffentlich hat. Eine alte Freundin von
Big C
. Ich habe Tabitha die Neuigkeit erst erzählt, nachdem wir schon ganz nett einen im Tee hatten. Ein widerlich aussehender Typ grinst Tab an, als er hört, wie sie diese Art
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