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Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle

Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle

Titel: Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
Autoren: Milosz Alexandra; Matuschek Kilian
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»Mammut von links« sucht, wäre sie zu Jesu Zeiten zwar gesteinigt worden, aber ich war glücklicherweise noch nie auf der Seite der Pharisäer und Schriftgelehrten. Ich schreibe ihr eine Mail mit dem Betreff »Grizzly von rechts!« und komme mir ziemlich witzig dabei vor. Zugegeben: Ob ich einen guten Che Guevara abgebe, weiß ich nicht. In meinem Schrank verstaubt aus Münchner Zeiten noch ein rosa Polohemd. Dieses kann man in Berlin höchstens zur Faschingszeit anziehen. Sie schreibt trotzdem zurück. Im Betreff ihrer Mail lese ich statt »Re:« oder »Hi«: »Gleiche Einkommensverhältnisse für alle!«
    Hm. Es mag ja Leute geben, auf die so ein Satz ordentlich erotisierend wirkt. Vor allem in Berlin. Mich bringt er ins Grübeln. Ist das ein Codewort, so wie »BmB« (Bitte mit Bild) oder »ONS« (One Night Stand)? Ich bin ja grundsätzlich schon sehr für Gerechtigkeit und auch dafür, dass beim Sex jeder »auf seine Kosten« kommt. Daher antworte ich: »Bin auch sehr für gleiche Einkommensverhältnisse!« Es wirkt. Wir verabreden uns ziemlich schnell auf ein »Heißgetränk«, um uns näher zu »beschnuppern«, wie sie schreibt. Doch das Mammut hat offenbar weder für eine Beziehung Zeit noch für ein Date. Ich werde versetzt. Ob sie in der Zwischenzeit die Weltrevolution plante, Häuser besetzte oder Autos anzündete, erfahre ich nie.
    Mit dem Zitty -Milieu werde ich nicht wirklich warm. Ich versuche es auf einer großen Online-Plattform. Wen ich suche? Nach drei gescheiterten Beziehungen erst mal »was für untenrum«. Aber bitte mit geistigem Niveau. Eine, die mir geistig Paroli bietet und auch ein bisschen durchgeknallt ist. Ich glaube nicht, dass man die große Liebe findet, wenn man gezielt nach ihr sucht. Im In­­ternet nenne ich mich wie der Teufel aus Faust   I , »Me­­phisto80«. Das klingt so schön diabolisch und ge­­heim­nis­voll und täuscht klassische Bildung vor.
    Den Rest sollen meine Antworten auf ein paar der »100 Fragen« besorgen: »Ja, Treue ist wichtig, Liebe auf den ersten Blick gibt es, und ich würde meiner Herzaller­liebs­ten auch mal aus einem Buch vorlesen« , schreibe ich. Wer denkt sich nur solche tiefenpsychologischen Fragen aus wie »Was ist gutes Essen?« oder »Wann ist ein Mann ge­­pflegt?«.
    So, gucken wir uns mal ein bisschen um hier. Auf einem Online-Dating-Portal muss man es sich im Grunde vorstellen wie in einem Büro. Da findet man:
Die Locher
    Es gibt Frauen im Internet, die wollen am liebsten alles von einem wissen, von der Unterhosengröße bis zur Intimrasur. Sie löchern einen dauernd mit Fragen. Und das sind nicht unbedingt die dringlichsten. »Warum sprichst du polnisch und wohnst in Deutschland?« – »Es nennt sich Umzug, weißt du.«
    Â»Miss Beauty28« aus Hamburg ist meine erste Locherin. Auf dem Foto, das sie mir schickt, sehe ich eine persische Schönheit mit Zahnpastalächeln und pechschwarzer Mähne wie eine Araberstute. Ich bin sofort »verliebt«. Dass sie Personalchefin ist, überlese ich irgendwie.
    Das stellt sich als großer Fehler heraus. Bei unserem »Telefoninterview« werde ich auf Herz und Nieren geprüft, wie ein Lämmchen auf einem arabischen Basar. Aus der anfänglich begeisterten Scheherezade (»wirkst spannend, kennenlernen??«) wird eine kleine Ratingagentur. »Wo siehst du dich in zehn Jahren?« – »Weiß nicht so recht, ich lebe im Hier und Jetzt.« – »Hmm, das gibt jetzt aber einen kleinen Minuspunkt, hihi.«
    Ich komme erst mal auf ein solides »AA+«, schätze ich. Nach der Karrierefrage (»Und, willst du mal als Jurist arbeiten?«) bin ich bei »BB–«.
    Â»Das gibt jetzt leider wieder einen Minuspunkt«.
    Diesmal schon ohne »hihi«.
    Sie meint es wirklich ernst. Als wir meine Moral­vorstellungen erörtern, bin ich eine griechische Staatsanleihe: Ramschniveau und Kandidat für die »geordnete Insolvenz«. Dabei hatte ich ihr nur die berechtigte und sich irgendwie aufdrängende Frage gestellt, ob sie auch im Bett Haltungsnoten verteilt.
Die Tacker
    Die Tacker-Frauen wollen sofort die totale Verbindlichkeit. Das läuft in etwa so: Man schreibt sich zwei Mails und schuldet sich dann ein Leben lang Treue. Früher nannte man das
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