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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan
Autoren: Don Winslow
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sagen!«
    »So etwas Wahres sagen.« Sie stand auf und zog die Vorhänge zu. »Sosehr ich dich auch liebe, ich werde dich nicht heiraten, Liebling. Jetzt noch nicht.«
    Sie ging zu der Stereoanlage hinüber und schaltete das Tonbandgerät ein.
    »Arthur überlegt, ob er von der neuen Platte ein paar Live-Mitschnitte verwendet«, sagte sie, »und außerdem gibt es da etwas, was ich schon immer tun wollte.«
    »Und das wäre?«
    Sie lächelte schelmisch. Sie stand da und sah ihn an, als würde sie gerade einen Entschluss fassen.
    »Was denn?«, sagte Walter lachend.
    Sie blickte ihn ernst an, als überlegte sie, ob sie eine Chance ergreifen sollte.
    »Dich verführen, während ich singe«, sagte sie.
    »Liebling«, sagte Walter, »du verführst mich immer, wenn du singst.«
    Klaviermusik erfüllte die kleine Wohnung.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist in einem Nachtclub, und es gibt Dinge, die ich in einem Nachtclub nicht tun kann.«
    »Wie etwa?«
    »Wie etwa …«
    Sie nahm ihre Brille ab und legte sie auf das Bücherregal. Vom Tonband ertönte ihre hohe und kristallklare Stimme.
    I'll take Manhattan,
    The Bronx and Staten Island, too …
    »Du hast das geplant«, sagte Walter anklagend. Das Tonband hatte genau an der richtigen Stelle angefangen.
    Sie nickte mit dem Kopf, als sie zur Musik kleine Tanzschritte machte und dabei den obersten Knopf ihrer Bluse öffnete.
    It's such fun going through
    The zoo …
    Sie streifte ihre Bluse ab, dann ihren schwarzen Spitzen- BH . Für eine so kleine Frau hatte sie große Brüste. Ihre Brustwarzen, dachte Walter, haben die Farbe der Dämmerung an einem Frühlingsabend.
    It's very fancy
    On Old Delancey Street, you know …
    Er hatte ihre Stimme einmal als eine Messerklinge aus purem Silber beschrieben, die flüssiges Gold durchschneidet, und so war es jetzt auch, als er ihr zusah und ihr zuhörte und sich ihm die Kehle dabei zuschnürte. Sie sang weich und zart, trug jede Note in perfekter Tonhöhe vor und sprach jede Silbe klar aus.
    The subway charmes are so …
    When balmy breezes blow …
    To and fro …
    Sie streifte mit den Füßen die Slipper ab und ließ Rock und Höschen über die Beine auf den Teppich gleiten: Die Nacktheit zwischen ihren Beinen ließ ihn wieder an das Bild von flüssigem Gold denken.
    »Wenn ich ein Liebeslied singe«, sagte sie und sah ihm in die Augen, »stelle ich mir vor, dass du in mir bist.«
    »Nun, das haben wir gemeinsam«, sagte er gepresst und wollte aufstehen.
    Aber sie schob ihn wieder aufs Sofa zurück, griff hinunter und machte seine Hosen auf.
    And tell me what street
    Compares with Mott Street in July …
    Sie bewegte sich langsam auf ihm und hielt sich aufrecht, als ihre Stimme einen langen Ton hielt, dann ließ sie sich hinuntergleiten, als der Ton in einen warmen Akkord überging.
    Sweet pushcarts slowly
    Gliding by …
    Er presste sie eng an sich, und sie vergrub das Gesicht an seinem Hals.
    The great big city's a wondrous toy
    Made for a girl and a boy …
    »Du fühlst dich so gut an«, murmelte sie.
    »Du.«
    »Je t'aime« , murmelte sie.
    Er antwortete: » Je t'aime aussi .«
    Er liebte sie tatsächlich, mehr als sonst etwas auf der Welt.

CHRISTMAS TIME IN THE CITY
    Mittwoch, 24. Dezember 1958
    Sie läuteten den Heiligen Abend in einer Kutsche im Central Park ein.
    Es war Walters Idee gewesen, wie meist, wenn ihre Affäre von Zeit zu Zeit von seinen wildromantischen und sentimentalen Einfällen überrollt wurde. Er war leicht angetrunken gewesen, als ihm die Idee gekommen war. Anne ebenso, als sie einander die Arme auf die Schultern gelegt hatten und an einem kalten Abend in Manhattan die 55. Straße entlang geschwankt waren.
    Walter war plötzlich auf der Straße stehengeblieben, hatte sie an die Brust gezogen, ihre rote Nase geküsst und gesagt: »Lass uns eine Kutschfahrt durch den Park machen.«
    »Du bist ein Romantiker.«
    »Komm, lass uns fahren.«
    »Es friert!«, protestierte sie.
    »Wir werden schmusen, um uns warmzuhalten.«
    »Schmusen?«
    »Es ist ein Wort«, sagte er feierlich.
    »Ein wunderschönes Wort«, bestätigte sie. Dann machte sie sich von ihm frei und lief auf die Fifth Avenue und den Central Park zu. Sie rief zu ihm zurück: »Na komm schon! Wenn du vorhast, mit mir zu schmusen, möchte ich wissen, dass du auch Stehvermögen hast!«
    »Ich werde dir zeigen, was Stehvermögen ist!«, brüllte er und rannte hinter ihr her.
    »Leere Versprechungen, nur Versprechungen!«
    Sie stemmte beim
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