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Manche moegen's reicher

Manche moegen's reicher

Titel: Manche moegen's reicher
Autoren: Kim Schneyder
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ihrem Anblick.
    Jetzt fällt es mir auch auf. Lissy ist bleich wie ein Gespenst, dazu wirkt sie abgemagert und hat dunkle Ringe unter den Augen.
    »Keine Ahnung. Was meinst du?« Lissy zuckt die Achseln, wobei ihr ein Bikiniträger von der hageren Schulter rutscht.
    »Ich sage es ja nicht gern, Lissy«, mische auch ich mich vorsichtig ein, »aber du siehst wirklich ziemlich fertig aus. Es ist die Prüfung, stimmt’s?«
    Lissy studiert neben ihrem Job bei Winners only auch noch Jura, und im Herbst will sie ihr Staatsexamen machen.
    »Zugegeben, es ist ein bisschen anstrengend im Moment«, versucht sie mit einer lässigen Handbewegung abzuwiegeln. »Aber du kennst mich ja, wenn ich etwas mache, dann richtig.«
    Stimmt. Lissy ist der zuverlässigste Mensch, den ich kenne. Das war übrigens auch der Grund, warum ich ihr damals den Job in unserer Rechtsabteilung verschafft habe. Na ja, das und der Umstand, dass sie meine beste Freundin ist, natürlich.
    »Du bist gut«, schnaubt Tessa. »Die Prüfung ist erst in drei Monaten, und du hast den Stoff doch sicher schon zehnmal durch, stimmt’s?« Ihr Kopf ruckt zu mir herum. »Sie kann das ganze Grundgesetz auswendig, kannst du dir das vorstellen?«
    »Quatsch, Tessa, ich kann es natürlich nicht auswendig«, protestiert Lissy sofort.
    »Doch, kannst du«, behauptet Tessa ungerührt. »Oder glaubst du, ich höre es nicht, wenn du im Nebenzimmer andauernd deine öden Paragrafen runterleierst wie ein Mufti sein Gebet?«
    »Jetzt übertreibst du aber gewaltig«, versucht Lissy einen weiteren lahmen Protest. »Und ich glaube, du meintest einen Muezzin .«
    »So, ich übertreibe?« Tessa hat sich aufgesetzt und starrt Lissy herausfordernd an. »Und woher kenne ich das: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt? «, beginnt sie aufzusagen.
    Lissy und ich wechseln einen erstaunten Blick.
    »Äh, keine Ahnung«, murmelt Lissy dann und wird ein bisschen rot dabei.
    »… Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit der Welt « , fährt Tessa mit grimmigem Blick fort. » Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.  …«
    »Schon gut, schon gut«, versucht Lissy sie zu bremsen, aber Tessa kommt gerade erst richtig in Fahrt.
    »… Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern  …«
    »Hör mal, Tessa …« Lissy bekommt hektische Flecken an den Wangen.
    » Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung  …« Tessa muss kurz Luft holen, und Lissy nützt die Unterbrechung.
    »Okay, Tessa, wir haben’s kapiert: Du hast mich also beim Lernen erwischt.« Lissy stemmt die Arme in die Hüften. »Aber das ist doch kein Verbrechen, oder?«
    »Wenn man damit seine Zimmernachbarin in den Wahnsinn treibt, schon«, behauptet Tessa. »Ehrlich, Leute, schön langsam komme ich mir in diesem Haus vor wie zwischen zwei völlig durchgeknallten …«
    »Moment mal, wieso zwei? « , falle ich ihr ins Wort. »Wer denn noch?« Ich zögere. »Nicht, dass ich dich für durchgeknallt halten würde«, füge ich schnell mit einem entschuldigenden Blick zu Lissy an.
    »Das fragst du noch?« Jetzt hat Tessa mich ins Visier genommen. »Denkst du, ich merke nicht, wie es dich nervt, dass ihr noch nicht verheiratet seid?«
    »Wie bitte?« Ich schnappe empört nach Luft. »Aber das stimmt doch gar nicht, Tessa, das nervt mich kein bisschen.«
    »So?« Tessa ist auf einmal ganz ruhig geworden, was mich ehrlich gesagt ein bisschen nervös macht. »Und was steht dann in diesem Artikel, der dir diese tiefe Furche zwischen die Augen gezaubert hat?«
    »Welche Furche?« Meine Hand zuckt automatisch hoch. Mist. Da ist tatsächlich eine Furche. Nicht tief zwar, aber sie ist da! Ich reibe ein paarmal hastig über die Stelle, jedoch ohne damit die geringste Wirkung zu erzielen.
    »Wie ich schon sagte, es sind nur ein paar belanglose Statistiken«, murmle ich und lasse die Zeitschrift dabei achtlos neben mir zu Boden gleiten – woraufhin Tessa sich prompt bückt und sie sich greift. Es dauert keine drei Sekunden, bis sie den verdammten Artikel gefunden hat.
    »Sieh mal einer an …« Sie nickt gewichtig, während Lissy sich neben mir
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