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Manche moegen's reicher

Manche moegen's reicher

Titel: Manche moegen's reicher
Autoren: Kim Schneyder
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waren, das sich gegenseitig geachtet und respektiert hat.
    Ich überlege, ob ich einfach zu ihnen hinübergehen und sie direkt darauf ansprechen soll, doch dann mache ich mir klar, in welche Zwickmühle ich sie damit bringen würde. Ich bin die alte Chefin, das Auslaufmodell, wie sollen sie sich mir gegenüber in solch einer Situation verhalten? Nein, es hilft alles nichts, endgültige Gewissheit kann mir nur einer verschaffen: Philip.
    Bleibt nur noch die Frage, wo der steckt. Wir haben keinen genauen Treffpunkt ausgemacht, also beschließe ich, in mein Büro hochzufahren, möglicherweise wartet er ja dort auf mich.
    Als ich es betrete, erfasst mich sofort die Wehmut. Die kuschelige Ledercouch, mein riesiger Chefsessel, der Duft meines Parfüms, der im Raum hängt – wie lange wird das wohl noch mein Büro sein?
    Ein tiefer Seufzer entringt sich meiner Brust, und ich frage mich ernsthaft, womit ich das verdient habe. Und dazu diese quälende Ungewissheit. Die macht mich fix und fertig, und schön langsam habe ich die Nase gestrichen voll.
    Schluss jetzt. Mir reicht’s. Ich will jetzt endgültig wissen, woran ich bin, und ich habe nicht die geringste Lust, auch nur eine Minute länger auf die Antwort zu warten.
    Mit grimmiger Entschlossenheit verlasse ich mein Büro wieder, steige in den Aufzug und fahre nach unten. Ich werde jetzt ohne Rücksicht auf Verluste in die Cafeteria krachen, und als ihre Immer-noch-Chefin werde ich auf der Stelle Aufklärung von jedem einzelnen meiner Mitarbeiter fordern, und dann werde ich …
    In diesem Moment öffnen sich die Fahrstuhltüren im Parterre mit einem leisen Surren, und ich pralle zurück, als wäre ich gegen eine Wand gelaufen. Eine Frau mit langem, dunklem Haar geht gerade vorüber, und auch von der Seite erkenne ich sie sofort: Das ist Lima Monteiro!
    Sie sieht atemberaubend aus in ihrem Hauch von einem Sommerkleid, und obwohl ihre Schuhe noch höher sind als meine, bewegt sie sich mit der Selbstsicherheit und Eleganz eines Topmodels. Sie war schon halb vorbei, als sich die Lifttür geöffnet hat, und das dürfte auch der Grund sein, weshalb sie mich nicht bemerkt hat. Ich trete vorsichtig auf den Gang hinaus und sehe ihr mit einer Mischung aus Wut und Neugierde nach. An ihrer Figur gibt es nicht das Geringste auszusetzen, und auch ihr Parfüm ist eine Mischung aus Rosen und … also, keine Ahnung, jedenfalls riecht es extrem gut, was meine Wut nur steigert.
    Sie scheint irgendetwas zu suchen, ihr Blick geht unschlüssig zwischen den Türen links und rechts des Ganges hin und her, und es ist unschwer zu erraten, was es ist: die Toilette, natürlich. Nur noch wenige Meter trennen sie davon, dazwischen befindet sich nur noch der Abstellraum für unsere Hygieneartikel. Dessen Tür ist unbeschriftet und meistens nicht versperrt, wie ich weiß, weshalb Neuankömmlinge immer wieder versehentlich eintreten – ein Umstand, der mich spontan auf eine ziemlich verrückte Idee bringt.
    Denn auch Lima Monteiro erliegt diesem Irrtum. Sie stoppt vor der Tür, wirft einen nachdenklichen Blick darauf und … öffnet sie dann. Da der Raum dunkel ist, zögert sie erneut, dann fährt ihre Hand langsam in das Innere und beginnt nach dem Lichtschalter zu tasten. Inzwischen sind nur wenige Sekunden verstrichen, doch die habe ich genutzt, um den Zentralschlüssel aus meiner Handtasche zu ziehen, meine Schuhe abzustreifen und mich lautlos wie ein Attentäter von hinten an sie heranzupirschen. Dann vergewissere ich mich, dass mich vom Foyer aus niemand beobachtet, und versetze ihr einen kräftigen Schubs, der sie mit einem hysterischen Aufschrei in den finsteren Raum hineinstolpern lässt, während ich blitzschnell die Tür ins Schloss ziehe und versperre.
    Das Herz schlägt mir bis zum Hals, doch ich achte gar nicht darauf, sondern mache auf der Stelle kehrt, zische zurück zu meinen Schuhen und schlüpfe schnell wieder hinein.
    In dem Moment höre ich es auch schon klopfen, und sie ruft: »Hallo, ist da jemand?« Ihre Stimme klingt weich, und sie hat einen spanischen Akzent, und sie scheint sich selbst nicht ganz sicher zu sein, was da gerade mit ihr geschehen ist. »Hallo, kann mich jemand hören? Ich bin hier eingesperrt! Hallo?!«
    Ich ignoriere ihr Rufen geflissentlich, stattdessen schreite ich mit erhobenem Haupt und mühsam erzwungener Ruhe zurück in Richtung Eingangshalle, während sich die Gedanken in meinem Kopf förmlich überschlagen. Nachdem sie hier ist, muss auch Philip
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