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Maltas Geheimnis

Titel: Maltas Geheimnis
Autoren: Hans Lebeck
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sah sie erst, wie elend und abgemagert er wirklich aussah. Die Augen glasig, die Wangen eingefallen, die Nase unnatürlich spitz zulaufend. Ein ungepflegter, stoppeliger Bart unterstrich den Eindruck noch. Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, ihn wie ein kleines Kind in den Arm zu nehmen.
    Unterwegs betraten sie einen kleinen Supermarkt. Raul kaufte einige Lebensmittel und ein Sammelsurium an Tageszeitungen. Noch vor dem Laden tranken und aßen sie, was die Plastiktüten hergaben. Die Stimmung hob sich und keiner erwähnte mit nur einem Wort die Geschehnisse der vergangenen Stunden und Tage. Sogar Axel beteiligte sich teilweise an der oberflächlichen Unterhaltung.
    Im Bus, der sie nach Rabat bringen würde, begann Raul sofort die Zeitungen zu lesen. Auch sie fischte sich eine heraus. Die Zeitung war bereits zwei Tage alt, sie war also einen Tag nach dem Erscheinen der Anschuldigung gegen sie erschienen. Sie blätterte sämtliche Seiten durch und fand dann auf der drittletzten Seite einen winzigen Artikel, der mit dem lapidaren Wort »Dimenti« überschrieben war und von ihr handelte. Mit zwei Sätzen wurde erklärt, dass die Gesuchte A. doch nicht die Trickbetrügerin war, sondern dass es sich um eine bedauerliche Verwechslung gehandelt habe. Das war es dann auch schon.
    Wut stieg in ihr hoch. Doch sie war zu erschöpft, als dass sie sich hätte ernsthaft darüber aufregen können.
    Plötzlich überkam sie extremes Heimweh. Sie wollte so schnell wie möglich weg von dieser Insel. Nur noch nach Hause mit Axel.
    Sie hielt es keine Sekunde länger aus.
    »Ich…«
    Zu mehr kam sie nicht, denn Raul unterbrach sie laut.
    »Das also war es!«
    Er klopfte mit der flachen Hand auf die Zeitung.
    Einige Leute im Bus drehten sich stirnrunzelnd zu ihnen um. Alisha senkte hastig den Kopf und sah auf die Zeitung hinab, die Raul in den Händen hielt. Es handelte sich um ein maltesisches Abendblatt, das von den meisten Einheimischen mit Vorliebe gelesen wurde, denn es enthielt hauptsächlich Lokalnachrichten. Flüsternd, den Kopf zu ihr gebeugt, fuhr Raul fort »Es hat mich ziemlich gewundert, dass die ganze Decke der Höhle eingestürzt war, obwohl der Hoteldirektor nur einen Schuss abgegeben hat. Hier steht die Begründung schwarz auf weiß: ‘Unglück auf der Mülldeponie Süd.‘ Unter der Überschrift geht es dann weiter: ‘In den Morgenstunden brach auf der gesamten Breite die aufgeschüttete Halde zusammen. Experten stehen vor einem Rätsel. Die Festigkeit der Abkipplinie war erst vor einem Monat überprüft worden. Es wird vermutet, dass es durch unerkannte Schwelbrände im Inneren des Müllberges zu Hohlraumbildungen und dadurch zu einem Wegsacken der Abkippkante kam. Ein Kipperfahrzeug wurde mitsamt des Fahrers Mohamed H. in die Tiefe gerissen. Ein weiteres Fahrzeug konnte im letzten Moment die Abkipplinie verlassen. Der Fahrer des abgestürzten Kippers konnte nur noch tot geborgen werden. Die Deponie bleibt bis zum Wochenende geschlossen.‘ Das also war der Grund.«
    «Okay…« Alisha war sich nicht ganz sicher ob sie die Zusammenhänge verstand.
    »Die Deponie Süd befindet sich zwischen Zebbug und Qormi, also genau auf der Linie zwischen Mdina und dem Hypogäum. Auf genau dieser Linie müsste auch unterirdisch unser Höhlengang verlaufen sein. Die immerzu wachsende Deponie muss einen unglaublichen Druck auf die Höhlen und Gänge tief unter der Erde ausgeübt haben. Du siehst also, wenn wir dort unten gewartet hätten, wäre vielleicht sogar noch mehr davon runtergekommen und hätte uns begraben.«
    Sie nickte bloß und tat so als würde sie weiter in der Zeitung lesen. Axel schien von dem leisen Dialog kein Wort mitbekommen zu haben. Er saß neben ihr, blickte aus dem schmutzigen Fenster und summte vor sich hin.
    Als der Bus jedoch auf den kleinen Busbahnhof von Rabat rollte, wurde ihre Aufmerksamkeit von etwas anderem in Beschlag genommen. Mehrere Polizeifahrzeuge, und uniformierte Beamte, die jeden einfahrenden Bus musterten hatten sich dort versammelt. Alisha überlegte kurz, ob es sinnvoll wäre, sich auf den Boden des Busses zu legen und zu hoffen, dass niemand den Innenraum des Fahrzeuges kontrollieren würde. Doch sie verwarf den Gedanken beim Anblick der Pistole am Gürtel eines Polizisten schnell wieder. Es konnte doch nicht sein, dass sie dieses wahnsinnige Abenteuer bis hierher geschafft und überlebt hatten und nun sollte es so ein Ende nehmen?
    Ergeben stieg sie hinter Raul aus, der sich scheinbar gar
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