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Malory

Malory

Titel: Malory
Autoren: 07. Zaertlicher Raeuber
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einmal gefragt, als offensichtlich war, was sie taten.
    »Damit er dich nicht findet.«
    »Wer?«
    »Ich weiß es nicht, Kind. Ich dachte, er wäre ein Dieb, der bei dem Einbruch wahllos alle Anwesenden umgebracht hat, um keine Zeugen zu hinterlassen. Inzwischen bin ich mir allerdings nicht mehr so sicher. Er war zu entschlossen und zu sehr darauf aus, dich zu finden. Aber ich habe dich in Sicherheit gebracht und passe auch weiter auf dich auf. Er wird dir nichts mehr tun, das verspreche ich dir.«
    »Ich weiß gar nichts mehr davon, dass er mir wehgetan hat.«
    »Deine Erinnerungen werden wiederkommen, Danny-Schätzchen, da mach dir mal keine Sorgen. Aber hoffentlich nicht allzu bald. Es ist wirklich ein Segen, dass du erst einmal von nichts mehr weißt.«
    Danny störte sich nicht daran, dass sie nicht mehr wusste, was vor dem Blut geschehen war. Sie war auch noch zu klein, um sich Sorgen zu machen, wie es nun weitergehen sollte. Ihre Bedürfnisse waren unmittelbarer: Sie hatte Hunger, es war ungemütlich, und Miss Jane war noch immer nicht aus dem Schlaf erwacht.
    Ihre Amme hatte anscheinend gedacht, sie würden in den Bergen von Müll um sie herum etwas Nützliches finden, aber bisher war sie zu schwach gewesen, um nachzusehen. Mitten in der Nacht waren sie in die Kiste gekrabbelt, und Miss Jane hatte den ganzen Tag durch-geschlafen.
    Jetzt war wieder Nacht, und sie schlief immer noch.
    Danny hatte sie geschüttelt, aber Miss Jane hatte sich nicht gerührt. Sie war ganz kalt und steif. Danny wusste nicht, was das bedeutete, nämlich, dass sie tot war und dass es daher auch so fürchterlich stank.
    Schließlich kroch Danny aus der Kiste, damit der Regen etwas von dem getrockneten Blut abwusch. Sie fand es nicht schön, schmutzig zu sein, und schloss daraus, dass sie nicht daran gewöhnt war. Es war komisch, so einfache Dinge zu wissen, aber keine Erinnerungen zu haben, um das Wissen zu untermauern.
    Danny beschloss, dass sie ebenso gut den Müll durchsuchen konnte, wie Miss Jane es vorgehabt hatte, auch wenn sie nicht genau wusste, wonach sie Ausschau halten sollte und was man »nützlich« nennen sollte. Am Ende hatte sie ein paar Sachen aufgelesen, die sie interessant fand – eine dreckige Flickenpuppe, der ein Arm fehlte, einen Männerhut, der ihre Augen vor dem Regen schützen würde, einen angestoßenen Teller, von dem sie essen konnten, und den fehlenden Arm der Puppe.
    Miss Jane hatte einen Ring, den sie gestern getragen hatte, gegen etwas zu essen eingetauscht. Es war das einzige Mal gewesen, dass sie sich bei Tage hinausgewagt hatte, eingehüllt in ihr Umhängetuch, um die schlimmsten Blutflecken zu verbergen.
    Danny wusste nicht genau, ob Miss Jane noch mehr Ringe hatte, die man versetzen konnte; sie hatte nicht daran gedacht nachzusehen. Sie hatte bei dieser Gelegenheit zum letzten Mal etwas gegessen. In dem Müll lagen auch verdorbene Lebensmittel, aber obwohl Danny hungrig war, ließ sie die Finger davon. Nicht, weil sie gewusst hätte, dass sie nicht gut waren, sondern weil sie keine Vorstellung davon hatte, was es hieß, verzweifelt zu sein, und dieses Zeug roch widerlich.
    Wahrscheinlich wäre sie irgendwann verhungert, während sie in der Kiste neben der toten Miss Jane kau-erte und geduldig darauf wartete, dass die Amme aufwachte. Doch in der Nacht hörte sie, wie noch jemand draußen im Müll herumwühlte, und stieß auf eine junge Frau. Eigentlich war es ein Mädchen von höchstens zwölf Jahren, aber da es so viel größer war als sie, ordnete Danny es zunächst den Erwachsenen zu.
    Entsprechend respektvoll und ein wenig zögernd sprach sie es an: »Guten Abend, Madam.«
    Sie hatte das Mädchen erschreckt. »Was machst’n du bei dem Regen hier draußen, Schätzchen?«
    »Woher wissen Sie, wie ich heiße?«
    »Hä?«
    »So heiße ich. Dannischätzchen.«
    Gekicher. »Ziemlich sicher nur die Hälfte davon, Kleine. Wohnst du hier in der Gegend?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Wo ist deine Mama?«
    »Ich glaube, ich habe keine mehr«, musste Danny eingestehen.
    »Und deine Leute? Deine Familie? So eine hübsche Kleine lassen die doch nicht allein draußen rumlaufen.
    Wer ist bei dir?«
    »Miss Jane.«
    »Na siehst du«, sagte das Mädchen strahlend. »Und wo ist die hingegangen?«
    Als Danny auf die Kiste hinter sich zeigte, runzelte das Mädchen skeptisch die Stirn. Trotzdem schaute sie nach, kroch dann in die Kiste hinein, um genauer hinzusehen.
    Danny wollte lieber nicht noch einmal in die
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